Maserati Quattroporte II Frua

Mit dem ab Ende 1963 angebotenen Quattroporte erschloss Maserati sich ein völlig neues Geschäftsfeld: das der sportlichen Limousinen. Die Idee dazu erhielt die italienische Marke von einigen US-amerikanischen Kunden, die sich ein passendes Alltagsfahrzeug neben ihren Sportwagen wünschten. Dieses sollte nach Möglichkeit ähnliche Fahrleistungen und ein tolles Design haben. Trotz des hohen finanziellen Risikos, hier ein Fahrzeug für eine sehr kleine Kundengruppe zu entwickeln, die nur wenige Exemplare abnehmen würde, entschied sich Maserati schließlich für die Produktion. Als Basis diente dabei das Fahrgestell des 5000 GT mit einem um 15 Zentimeter verlängertem Radstand. Basierend auf den technischen Grundlagen des V8-Motors vom 5000 GT entstand ein neues Triebwerk mit 260 PS aus 4,1 Litern Hubraum. Später wuchs der Motor auf 4,7 Liter Hubraum. Insgesamt rollten rund 770 Exemplare vom Band.

Citroën modernisierte das Maserati-Modellprogramm

Obwohl der Quattroporte damit erfolgreicher war, als ursprünglich gedacht, gab es keinen direkten Nachfolger. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Maserati und der übergeordnete Orsi-Konzern ab Mitte der 1960er Jahre zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten gerieten. 1968 übernahm Citroën die Sportwagenmarke und modernisierte die Modellpalette. Neue Modelle wie der Merak oder der Bora sollten in größeren Stückzahlen produziert werden und dadurch frisches Geld in die Kassen spülen. Ein Nachfolgemodell für den Quattroporte mit Citroën-Technik (beispielsweise einer hydropneumatischen Federung wie im DS) debütierte erst im Herbst 1974 als Quattroporte II. Zu diesem Zeitpunkt ging es der französischen Automarke finanziell jedoch ebenfalls nicht gut. 1975 übernahm Peugeot das Ruder und verkaufte Maserati an Alejandro de Tomaso. 1979 erschien schließlich der Quattroporte III, der technisch auf dem De Tomaso Deauville basierte.

Frua entwickelte Quattroporte II auf eigene Faust

Nur wenigen Autofans ist bekannt, dass es ein Interimsmodell zwischen dem Quattroporte und dem nie in Serie gegangenen Quattroporte II gab. Als absehbar war, dass die Produktion des Urmodells auslaufen würde, kümmerte sich der italienische Autodesigner Pietro Frua auf eigene Faust um einen potenziellen Nachfolger. Er hatte bereits das Design des ersten Quattroporte und einiger weiterer Maserati-Modelle verantwortet. Nun zeichnete er auf Basis eines verlängerten Chassis vom Maserati Indy eine neue Sportlimousine, die optisch in einigen Bereichen den Vorgänger aufgriff. So war die Gürtellinie erneut bewusst tief angelegt, wodurch viel Platz für eine großzügige Verglasung des Cockpits blieb. Alle fünf seitlichen Scheiben lassen sich öffnen, um jeglichen Frischluftbedarf der Insassen zu decken. Während die Rückleuchten vom Alfa Romeo 1750 Berlina stammten, saßen vorn runde Doppelscheinwerfer unter einer Abdeckung, die die Lampen im ausgeschalteten Zustand nur im oberen Viertel abdeckt.

Zweites Exemplar entstand erst 1973/74

Erstmals öffentlich gezeigt wurde der von Frua gezeichnete Maserati Quattroporte II 1971 auf dem Pariser Autosalon. Damit wollte der Designer die Nähe zum Citroën-Werk nutzen, um mit den Entscheidern der französischen Marke direkt über eine Serienproduktion verhandeln zu können. Diese Verhandlungen liefen jedoch nicht erfolgsversprechend, da Citroën ein neues Modell mit eigener Technik präferierte, die wiederum nicht unter die Frua-Karosserie gepasst hätte. Frua zeigte den Wagen mit seinem 4,7-Liter-V8-Motor anschließend auf weiteren Automessen und verkaufte ihn schließlich 1974 nach Spanien. Diverse Quellen gehen davon aus, dass der Erstbesitzer der spätere König Juan Carlos I war. Dies lässt sich jedoch nicht bestätigen. Diplomatische Aufkleber und Kennzeichen erhielt das Auto erst später. Obwohl eine Serienfertigung ausgeschlossen worden war, fertigte Frua 1973/74 ein zweites Fahrzeug. Während der erste Wagen mit der Fahrgestellnummer AM121.002 den Farbton „Blu Turchese“ trägt, erhielt AM121.004 einen dunkleren blauen Lack.

Zweites Auto für den Aga Khan, drittes Auto verschollen

Bestellt wurde AM121.004 mit einem 4,9-Liter-V8-Motor von Karim Aga Khan IV, dem 49. Imam der ismailitischen Nizariten. Maserati stellte hierfür extra ein neues Fahrgestell her. Nach der Fertigstellung erfolgten zudem die Abstimmfahrten durch Werksfahrer. Als erfolgreicher Unternehmer übernahm er neben seiner Rolle als religiöser Führer auch zahlreiche Firmenanteile und Stiftungen. Nebenbei ist er für seinen erlesenen Automobilgeschmack bekannt. Gerüchteweise bestellte er sogar zwei Maserati Quattroporte bei Frua, wobei das zweite, silbern oder hellblau lackierte Auto als verschollen gilt. Möglicherweise brannte es infolge eines Unfalls in Spanien aus und wurde verschrottet. AM121.002 stand ab den späten 1970er Jahren immer wieder in spanischen Gebrauchtwagen-Anzeigen zum Verkauf, wechselte jedoch erst Mitte der 1980er zu einem Zweitbesitzer in Alicante. Dieser ließ circa 1990 eine Restaurierung in Italien durchführen.

RM Sotheby’s versteigert AM121.002

Über Stationen in Deutschland und der Schweiz wechselte das Auto in die USA. Dort folgten einige Besitzerwechsel. Zeitweise standen beide Frua-Quattroporte in der gleichen Sammlung in Texas. RM Sotheby’s versteigerte AM121.004 2001 in Monterey für 53.900 US$ und AM121.002 15 Jahre später an gleicher Stelle für 88.000 US$. 2018 versteigerte RM Sotheby’s in London den dunkelblauen Aga-Khan-Quattroporte zum zweiten Mal, diesmal für £ 178.250. Am 19. November folgt AM121.002 im Rahmen der Versteigerung der Guikas Collection im französischen Le Castellet. Bislang gibt es noch keine Angaben zum erwarteten Estimate.

Bilder: RM Sotheby’s, Dirk de Jager, Michael Ward