Lexus LFA

Japanische Autohersteller gehören nicht zu den ersten Markennamen, die auf einer Liste von Supersportwagenproduzenten auftauchen. Dies erklärt sich schnell, wenn man in Gedanken nach entsprechenden Vertretern dieser Fahrzeuggattung sucht, die aus Japan kamen. Abgesehen vom einmaligen Nissan R390 oder dem legendären Toyota 2000GT bleibt eigentlich nur ein weiterer Name: der Lexus LFA. Inzwischen ist dieser limitierte V10-Rennwagen bereits über zehn Jahre alt, seine Entwicklungsgeschichte reicht jedoch noch weiter zurück. Der Startschuss fiel bereits im Jahr 2000. Unter der Leitung des Chefentwicklers Haruhiko Tanahashi sollte ein Weltklasse-Sportwagen entstehen, der die Marke Lexus auf ein neues Level heben sollte.

Fünf Jahre bis zur Konzeptstudie

Im Gegensatz zu anderen Projekten erhielten die beteiligten Ingenieure für den LF-A, wie der Wagen anfänglich intern hieß, völlig freie Hand. Materialien, Antrieb und Prozesstechnologien waren nicht vorgegeben. So entstand zunächst eine Liste von insgesamt 500 Kerneigenschaften, die sich das Team von diesem Sportwagen wünschte. Bereits 2001 stand der Entschluss fest, als Antriebsquelle einen neu entwickelten V10-Motor zu verwenden. Bis der erste Prototyp auf den Rädern stand, schrieb man bereits das Jahr 2003. Im Oktober 2004 nahm erstmals ein LF-A die legendäre Nürburgring Nordschleife für Testfahrten in Angriff. Spätestens jetzt wusste die automobile Öffentlichkeit, dass hier ein neuer Supersportwagen heranrollte. Auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit debütierte schließlich ein erstes Konzeptfahrzeug mit vergleichsweise seriennaher Optik. Diese Studie zeigte Lexus anschließend auf weiteren Automessen wie der IAA 2005.

Komplette Konzept-Umstrukturierung

Während das Triebwerk mit seinen 4,8 Litern Hubraum auf den Prüfständen und in den Prototypen die gewünschte Leistung erbrachte, war das Team mit einem anderen Punkt unzufrieden. Alle bislang gebauten Prototypen hatten Karosserien aus Leichtmetall. Diese erfüllten nicht die in sie gesetzten Erwartungen in punkto Gewicht und Verwindungssteifigkeit. Andere Hersteller hätten an dieser Stelle mit dem vorhandenen Material weitergearbeitet. Lexus hatte jedoch, wie oben erwähnt, den Ingenieuren freie Hand gelassen. So erfolgte nach rund fünf Jahren Entwicklungszeit eine umfangreiche Neuausrichtung. Die komplette Karosserie und wesentliche Bestandteile des Fahrgestells entstanden aus Kohlefaser neu. Dies war komplettes Neuland für alle beteiligten Entwickler und auch für Lexus als Autohersteller. Man entschied sich jedoch, die Carbon-Produktion intern zu belassen, anstatt sie auszulagern. Letztlich halfen die Erfahrungen des Toyota-Konzerns bei der Herstellung von Webstrukturen. 2008 debütierte auf dem Genfer Autosalon ein LF-A Roadster Concept als Ausblick auf eine mögliche zweite Karosserievariante.

500 Stück ab 2010, 50 als Nürburgring Edition

Um den LF-A unter extremen Bedingungen zu erproben, setzte Lexus getarnte Prototypen 2008 und 2009 beim 24-Stunden-Rennen und in der VLN auf dem Nürburgring ein. Im zweiten Jahr saß sogar der oberste Chef Toyoda-san mit hinter dem Steuer, um seinen Respekt vor dem Projekt zu bezeugen. Auf der Tokyo Motor Show im Oktober 2009 stellte Lexus schließlich den serienmäßigen LFA erstmalig vor. Produktionsbeginn war Anfang 2010. Monatlich entstanden maximal 20 Fahrzeuge, insgesamt nur 500 Stück. Den Kunden standen 30 Lackfarben und 12 Polsterfarben zur Auswahl. Hinzu kamen sechs Farbtöne für die Bremssättel. In Deutschland lag der Grundpreis bei 375.000 €. Gegen Ende der Bauzeit legte der japanische Hersteller 50 LFA in der nachgeschärften Nürburgring Edition mit abtriebssteigerndem Spoilerwerk auf. Besondere Design-Eigenheiten fanden sich im Belüftungsspalt vor der Motorhaube, den Kanten auf den Kotflügeln, den aerodynamischen Spiegeln und den dreieckig angeordneten Auspuffendrohren. Sie entlassen einen unglaublichen Soundtrack.

Digitale Drehzahlmessernadel

Die Liste der Highlights des LFA ist lang und kann nicht komplett wiedergegeben werden. Neben dem niedrigen Leergewicht von 1.480 Kilogramm und dem bequemen und luxuriösen Interieur zählt hierzu fraglos der Motor. Aus den 4,8 Litern Hubraum mit einem Drehzahlband bis 9.000 U/min holte Lexus 412 kW/560 PS und ein maximales Drehmoment von 480 Newtonmetern. Bei der Nürburgring Edition stieg die Leistung auf 419 kW/570 PS. Für die Kraftübertragung stand ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe mit Schaltwippen am Lenkrad bereit. Nach 3,7 Sekunden erreicht man Tempo 100, maximal sind 325 km/h möglich. Das Zehnzylinder-Triebwerk mit 72 Grad Bankwinkel ist derartig drehfreudig, dass sich das Entwicklerteam für einen digitalen Drehzahlmesser entschieden. Eine analoge Anzeige wäre nicht mit der Geschwindigkeit der Drehzahlunterschiede klargekommen. Zudem bot diese Entscheidung die Möglichkeit, ein komplett digitales Cockpit zu entwerfen. Für den Drehzahlmesser befindet sich ein Metallring auf dem Display, der jedoch je nach angewähltem Fahrmodus hin- und herwandert.

Zwei Versionen blieben Prototypen

Zwei relativ weit entwickelte Versionen des Lexus LFA kamen leider nie über den Prototypenstatus hinaus. Tatsächlich existieren mindestens zwei seriennahe Fahrzeuge des LFA Roadster. Aus dem 2008er Konzeptauto leitete man also reale Überlegungen für eine Kleinserie ab. Die Gründe, warum diese niemals bei den Händlern und Kunden ankam, sind nicht bekannt. Allerdings darf man annehmen, dass hier unter anderem hineinspielte, dass der Abverkauf des Coupés nicht ohne Probleme lief. Der relativ hohe Preis im Vergleich zu ähnlich kräftig motorisierten Mitbewerbern sorgte für geringe Nachfrage. Ein weiteres Projekt war eine reinrassige Rennversion des LFA für die FIA-GT1-Serie. Mit dem Verkauf der Rennautos wollte man zusätzliches Geld einnehmen und Entwicklungskosten einspielen. Als der Wagen Mitte 2012 fertig war, gaben die Organisatoren der GT1-Rennserie allerdings deren Einstellung zum Jahresende bekannt. Bei den 24 Stunden von Le Mans wurde die GT1-Kategorie bereits ein Jahr zuvor aussortiert.

Bilder: Lexus, Matthias Kierse