Bei 9500 Umdrehungen ist es Liebe – Lexus LFA

Er beschleunigt unaufhaltsam, immer weiter. Plötzlich zeigt das Display Rot an – ein kurzer Druck auf die rechte Wippe und er schaltet hoch. Kaum hat sich die Anzeige auf Weiß umgestellt, strebt der 4,8 Liter V10-Motor wieder der Höchstdrehzahl von 9.500 U/min entgegen. Schon bei 4.000 U/min klingt der Motor wie am Limit. Ab 6.000 U/min könnte man meinen, man befände sich mitten auf einem F1 Grand Prix in den anfänglichen 2000er. Und das alles in einem japanischen Supersportwagen – ein Rückblick auf den Lexus LFA.

Blättert man sich durch die Geschichte japanischer Supersportwagen wird schnell deutlich, dass es abgesehen vom Nissan R390 oder dem Toyota 2000GT nur einen weiteren Namen in dieser Fahrzeugklasse gab. Wir sprechen vom jetzt schon legendären Lexus LFA. Den Legendenstatus hat sich der Japaner übrigens bereits im Jahre 2011 nach der Nordschleifen Rekordfahrt verdient. Nach 7:14,64 Minuten fuhr der Rennfahrer Akira Lida wieder über die Start/Ziel Geraden und war damit trotz weniger Leistung und langsamerem Getriebe schneller als die Konkurrenz aus Italien.

Der LFA ist nun bereits über 13 Jahre alt, doch die Entstehungsgeschichte reicht noch weiter zurück. Die Entwicklung begann nämlich bereits im Jahr 2000 unter der Leitung des Chefentwicklers Haruhiko Tanahashi, der einen Weltklasse-Sportwagen schaffen wollte, um die Marke Lexus auf ein neues Niveau zu heben.

Völlige Freiheit für alle Beteiligten

Im Gegensatz zu anderen Projekten erhielten die Ingenieure des LF-A, wie der Wagen anfangs intern genannt wurde, völlige Gestaltungsfreiheit. Es gab keine Vorgaben für Materialien, Antrieb oder Prozesstechnologien. Daher erstellte das Team zunächst eine Liste von 500 Kernmerkmalen, die sie sich für diesen Sportwagen wünschten. Bereits 2001 entschied man sich dafür, einen neu entwickelten V10-Motor als Antriebsquelle zu verwenden. Der erste Prototyp rollte 2003 auf die Räder. Im Oktober 2004 wurde erstmals ein LF-A auf der legendären Nürburgring Nordschleife für Testfahrten eingesetzt. Damit wurde der Öffentlichkeit klar, dass ein neuer Supersportwagen in Arbeit war. Auf der North American International Auto Show (NAIAS) in Detroit wurde schließlich ein erstes Konzeptfahrzeug mit einem vergleichsweise seriennahen Design präsentiert. Diese Studie wurde dann auch auf weiteren Automessen wie der IAA 2005 von Lexus gezeigt.

Neuentdeckung: Kohlefaser

Nach erfolgreichen Leistungstests auf den Prüfständen und in den Prototypen mit dem 4,8-Liter-Triebwerk, stellte das Team jedoch fest, dass es noch einen anderen Aspekt gab, der sie unzufrieden stimmte. Bisher hatten alle Prototypen Karosserien aus Leichtmetall, die jedoch nicht den Erwartungen in Bezug auf Gewicht und Verwindungssteifigkeit entsprachen. Während andere Hersteller wahrscheinlich mit dem vorhandenen Material weitergemacht hätten, gewährte Lexus den Ingenieuren die Freiheit, neue Wege zu gehen. Nach etwa fünf Jahren Entwicklungszeit entschied das Team, eine grundlegende Neuausrichtung vorzunehmen. Die gesamte Karosserie und wichtige Teile des Fahrgestells wurden komplett aus Kohlefaser hergestellt, was für alle Beteiligten, einschließlich Lexus als Automobilhersteller, Neuland darstellte. Trotzdem entschied man sich dafür, die Carbon-Produktion intern durchzuführen, anstatt sie auszulagern. Die Erfahrungen des Toyota-Konzerns in der Herstellung von Webstrukturen waren dabei von unschätzbarem Wert.

Streng limitiert auf 500 Stück

Um den LF-A unter extremen Bedingungen zu testen, entschied sich Lexus, getarnte Prototypen während der Jahre 2008 und 2009 beim 24-Stunden-Rennen und in der VLN auf dem Nürburgring einzusetzen. Im zweiten Jahr beteiligte sich sogar der oberste Chef Toyoda-san persönlich am Steuer, um seine Wertschätzung für das Projekt zu zeigen. Erstmalig präsentierte Lexus den serienmäßigen LFA auf der Tokyo Motor Show im Oktober 2009. Die Produktion begann dann Anfang 2010 mit maximal 20 Fahrzeugen pro Monat und einer Gesamtproduktion von nur 500 Stück. Kunden konnten aus 30 Lackfarben, 12 Polsterfarben und sechs Farbtönen für die Bremssättel wählen. In Deutschland betrug der Grundpreis 375.000 €. Gegen Ende der Produktionszeit brachte der japanische Hersteller eine Nürburgring Edition mit verbessertem Abtrieb und Spoilerwerk heraus, von der 50 Exemplare hergestellt wurden. Besondere Designmerkmale waren Belüftungsschlitze vor der Motorhaube, Kanten an den Kotflügeln, aerodynamische Spiegel und dreieckig angeordnete Auspuffendrohre, die einen beeindruckenden Klang erzeugten.

Die Liste der Highlights des Lexus LFA ist umfangreich und kann nicht vollständig aufgeführt werden. Neben dem geringen Leergewicht von 1.480 Kilogramm und dem komfortablen, luxuriösen Innenraum steht zweifellos der Motor im Mittelpunkt. Aus einem Hubraum von 4,8 Litern mit einem Drehzahlbereich bis 9.000 U/min schöpfte Lexus beeindruckende 412 kW/560 PS und ein maximales Drehmoment von 480 Newtonmetern. In der Nürburgring Edition wurde die Leistung auf 419 kW/570 PS gesteigert. Ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe mit Schaltwippen am Lenkrad sorgte für die Kraftübertragung. In nur 3,7 Sekunden erreicht der LFA eine Geschwindigkeit von 100 km/h, und die Höchstgeschwindigkeit beträgt 325 km/h. Der Zehnzylinder-Motor mit einem Zylinderbankwinkel von 72 Grad ist so drehfreudig, dass sich das Entwicklerteam für einen digitalen Drehzahlmesser entschieden hat. Eine analoge Anzeige hätte nicht die Geschwindigkeit der Drehzahländerungen bewältigen können. Diese Entscheidung eröffnete auch die Möglichkeit, ein vollständig digitales Cockpit zu gestalten. Ein Metallring auf dem Display dient als Drehzahlmesser, der je nach gewähltem Fahrmodus hin- und herwandert.

„… eine analoge Anzeige hätte nicht die Geschwindigkeit der Drehzahländerungen bewältigen können.“

Zwei relativ weit entwickelte Versionen des Lexus LFA kamen leider nie über den Prototypenstatus hinaus. Tatsächlich existieren mindestens zwei seriennahe Fahrzeuge des LFA Roadster. Aus dem 2008er Konzeptauto leitete man also reale Überlegungen für eine Kleinserie ab. Die Gründe, warum diese niemals bei den Händlern und Kunden ankam, sind nicht bekannt. Allerdings darf man annehmen, dass hier unter anderem hineinspielte, dass der Abverkauf des Coupés nicht ohne Probleme lief. Der relativ hohe Preis im Vergleich zu ähnlich kräftig motorisierten Mitbewerbern sorgte für geringe Nachfrage. Ein weiteres Projekt war eine reinrassige Rennversion des LFA für die FIA-GT1-Serie. Mit dem Verkauf der Rennautos wollte man zusätzliches Geld einnehmen und Entwicklungskosten einspielen. Als der Wagen Mitte 2012 fertig war, gaben die Organisatoren der GT1-Rennserie allerdings deren Einstellung zum Jahresende bekannt. Bei den 24 Stunden von Le Mans wurde die GT1-Kategorie bereits ein Jahr zuvor aussortiert.

Aktuell werden Lexus LFA auf dem Gebrauchtwagen-Markt zwischen 1 und 1.8 Millionen Euro gehandelt, wobei das Angebot bei der Stückzahl schon sehr gering ist.

Bilder: Alex Penfold for Lexus & Lexus Press