Maserati Quattroporte I

Maserati verfügt über eine lange und wechselvolle Markengeschichte. Bis zum Zweiten Weltkrieg produzierte man ausschließlich Rennsportfahrzeuge, von denen nur wenige Exemplare für spezielle Motorsportveranstaltungen wie die Targa Florio oder auf besonderen Kundenwunsch eine Straßenzulassung erhielten. Erst mit dem Modell A6 widmete man sich auch Privatkunden ohne Rennambitionen, wobei der 3500 GT ab 1957 der erste reine Straßensportwagen war. Interessanterweise gab es bald darauf diverse Kundenanfragen, speziell aus den USA, die sich neben ihrem zweitürigen Sportwagen auch eine leistungsstarke Limousine von Maserati wünschten. Hierüber wurde unter den Mitgliedern der Orsi-Familie, die den Sportwagenhersteller seit 1937 führten, wild diskutiert. Familienoberhaupt Adolfo Orsi konnte sich ein solches Fahrzeug sehr gut vorstellen, sein Sohn Omer hingegen hielt das finanzielle Risiko für zu hoch für eine so kleine Marke wie Maserati. Immerhin hatte es vergleichbare Autos bisher noch nicht gegeben. Limousinen waren entweder komfortabel und luxuriös oder schlicht praktisch. Leistungsstark und schnell waren zwei Attribute, die weder bei Marken wie Rolls-Royce und Bentley, noch bei BMW und Mercedes-Benz seinerzeit allzuweit oben im Lastenheft standen.

Letztlich entschied sich die Maserati-Leitung für das Projekt und setzte es auf Basis eines verlängerten Fahrgestells des 5000 GT um. Vorn wurden die Räder einzeln aufgehängt, hinten anfänglich an einer De-Dion-Achse. Diese ersetzte man 1966 gegen eine Starrachse, um den Federungskomfort auf schlechten Fahrbahnoberflächen zu verbessern. Unter der Motorhaube findet sich ein neu entwickelter V8, dessen Grundlagen vom Renntriebwerk des 450S und des 5000 GT übernommen wurden. Mit 260 PS lag man am oberen Leistungsende aller Autos, die Anfang der 1960er Jahre am Markt verfügbar waren. Kunden hatten die Wahl zwischen einem manuellen Fünfgang-Getriebe, das die Limousine bis zu 230 km/h schnell machte, oder einer Dreigang-Automatik, durch die die Höchstgeschwindigkeit bauartbedingt 20 km/h niedriger lag. Fehlte nur noch eine adäquate Karosserie, die sowohl sportlich elegant als auch praktisch sein sollte. Maserati fragte beim Designhaus von Pietro Frua an, der bereits 1961 einen 5000 GT für den Aga Khan gestaltet hatte. Er zeichnete eine typische Limousine mit niedriger Gürtellinie und schönen Details an Front und Heck. 1963 debütierte der erste Prototyp auf dem Autosalon in Turin, wobei als Bezeichnung ein Karosseriemerkmal herangezogen wurde: ‚Quattroporte‘ bedeutet übersetzt schlicht ‚vier Türen‘.

Pietro Frua übernahm anfänglich auch die Produktion des Maserati Quattroporte, wobei schnell klar wurde, dass die Räumlichkeiten des Designhauses hierfür nicht ausgelegt waren. Daher verlagerte Maserati die Fertigung der Rohkarosserien und Blechteile zu Maggiora in Moncalieri und ließ die Autos anschließend bei Vignale in Turin mit Fahrgestell, Technik und Interieur vervollständigen. Nach rund 260 Exemplaren erfolgte 1966 eine Modellpflege zur Serie 2. Neben der bereits erwähnten hinteren Starrachse erhielt diese vorn pro Seite zwei runde Scheinwerfer anstelle der bisherigen eckigen Einheiten. Diese Veränderung war neuen Regularien auf dem wichtigen US-Markt geschuldet. Innen sorgte Wurzelholz am Armaturenbrett für eine wohnlichere Atmosphäre, während man die eh schon luxuriöse Ausstattungsliste, die elektrische Fensterheber und eine Servolenkung umfasste, um eine Klimaanlage ergänzte. Ab 1968 ergänzte Maserati die Motorenpalette um einen 4,7 Liter großen V8 mit 290 PS, der den Quattroporte bis zu 255 km/h schnell machte. Damit bauten die Italiener endgültig die schnellste Limousine der Welt.

Bis Ende 1970 verließen rund 510 Exemplare des Quattroporte I Serie 2 die Fertigung, wobei letzte Fahrzeuge über das Jahr 1971 hinweg weltweit abgesetzt wurden. Pietro Frua präsentierte 1971 einen möglichen Nachfolger mit deutlich kantigerer Formensprache. Doch weder dieser Wagen noch der 1974 vorgestellte Quattroporte II, der unter der Leitung von Citroën auf Basis des SM entwickelt wurde, gingen in Großserienfertigung. Vom Frua-Entwurf entstanden zwei oder drei Autos, vom Quattroporte II lediglich 13. Erst ab 1979 gelangte mit dem Quattroporte III wieder eine sportliche Limousine zu den Maserati-Händlern. Zurück zur ersten Modellgeneration. SuperVettura in Großbritannien bietet aktuell ein frühes Fahrzeug der zweiten Serie zum Verkauf an, das 1966 über den Pariser Maserati-Händler Jean Thépenier an Prinz Karim Aga Khan ausgeliefert worden war. 2003 gelangte der Wagen zu einem Sammler in Italien, 2016 schließlich nach Dänemark und in diesem Jahr nach Großbritannien. Als Preis stehen £ 74.950 (rund 86.775 €) auf der Webseite von SuperVettura.

Bilder: SuperVettura