Škoda 1101 Tudor

Vor 75 Jahren, am 6. Mai 1946, liefen in Mladá Boleslav bei Škoda nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals wieder die Produktionsbänder an. Gleichzeitig etablierte man eine enge Kooperation mit den neuen Standorten in Vrchlabí und Kvasiny. Bereits vor dem Krieg war Škoda zum größten tschechischen Automobilhersteller aufgestiegen und exportierte in diverse andere Länder. An diese Erfolge wollte man nun gern anknüpfen. Während der Kriegsjahre hatten sich einige Ingenieure zusammengetan und das Modell 1101 entwickelt. Ein großer Schwerpunkt der Überlegungen betraf die Verbesserung der Verkehrssicherheit, beispielsweise durch leistungsstarke Hydraulikbremsen. Zusätzlich verbaute man hydraulische Stoßdämpfer an der Vorderachse. In das hölzerne Karosserieskelett integrierte man natürliche Dämmmaterialien und die Sitze erhielten Wollstoffbezüge, um das Geräuschniveau zu senken und den Komfort deutlich zu verbessern.

Sechs Karosserievarianten

Im Vergleich zu den erfolgreichen Vorkriegsmodellen Popular und Rapid erhielt der 1101 auch einen neu entwickelten Zentralrohrrahmen mit Einzelradaufhängung rundum. Ursprünglich plante Škoda dieses Kompaktfahrzeug hauptsächlich als geschlossene, zweitürige Limousine mit vier Sitzen anzubieten. Abgeleitet vom englischen „two door“ entwickelte sich die Zusatzbezeichnung „Tudor“ für diese Ausführung. In den folgenden Jahren kamen zusätzlich eine viertürige Limousine, ein Cabriolet mit Textil-Faltdach, ein Roadster, der Kombi „Station Wagon“ (STW) sowie eine Lieferwagenvariante mit verblechten hinteren Scheiben hinzu. Unter der Motorhaube arbeitete dabei jeweils ein Vierzylindermotor mit 1.089 Kubikzentimetern Hubraum und 23,6 kW/32 PS. Durch das relativ geringe Gesamtgewicht von 940 Kilogramm (2-Türer) ermöglichte diese Leistung trotzdem 100 km/h Höchstgeschwindigkeit. Ab 1948 bot Škoda parallel den weiterentwickelten 1102 mit neuen Stoßfängern und einem schlichteren Kühlergrill an.

Internationale Motorsporterfolge

Sowohl den 1101 als auch den 1102 nutzten sowohl das Škoda-Werk als auch Privatfahrer im Motorsport. Am 11. Juli 1948 gelang dem belgischen Importeur Healers ein Dreifach-Klassensieg bei den 24 Stunden von Spa. Dazu gab es Erfolge beim Straßenrennen Montevideo-Melo-Montevideo in Uruguay (Doppelsieg) sowie Rallyesiege, beispielsweise bei der Raid Polski, der Rally Interlaken oder der Österreichischen Alpenfahrt. Im September des Folgejahres entstand für die Rundstrecke der Škoda 1101 Sport mit verkürztem Radstand, der auch an den 24 Stunden von Le Mans teilnahm. Hinzu kamen drei Exemplare des 1101 Supersport mit abnehmbaren Kotflügeln an der schmalen Aluminiumkarosserie. Mit 120 PS erreichte dieser Sportwagen bis zu 170 km/h. Später verbaute Škoda einen 1,5-Liter-Kompressormotor, der für bis zu 200 km/h Höchstgeschwindigkeit gut war. Nicht zuletzt durch die internationalen Rennerfolge konnte Škoda auch an die Verkaufs- und Exporterfolge der Vorkriegszeit anknüpfen.

Verkaufs- und Exporterfolge

Anfänglich kostete der 1101 Tudor in der Tschechoslowakei 67.700 TKr. Allerdings mussten sich die Kunden eigenständig um Reifen kümmern, da diese kriegsbedingt noch Mangelware waren. Den 1102 produzierte Škoda bis Dezember 1951, den 1101 sogar bis März 1952. Insgesamt liefen 66.904 Exemplare vom Band. Davon gingen 65 Prozent in den Export. Bis 1951 wuchs die Liste der belieferten Nationen auf 76 Staaten. Neben Nachbarländern wie Polen und der Bundesrepublik Deutschland gingen einige Autos auch nach Belgien, in die Niederlande, nach Australien, Brasilien, in die Südafrikanische Union, nach Kanada oder Indien. Neben den Personenwagen und leichten Nutzfahrzeugen lieferte Škoda weltweit über 4.000 Exemplare der militärischen Kübelwagen 1101 VO und 1101 P aus. 1952 ersetzte der 1200 und 1201 „Sedan“ die Modellreihe Tudor. Weitere drei Jahre später folgten 440 und 445 „Spartak“.

Bilder: Škoda