Porsche 928

Porsche ist dafür bekannt, oftmals unbetretene Pfade zu verfolgen und durchaus über den Tellerrand hinaus zu denken, wenn es um neue Modellreihen geht. So entstanden jedoch im Laufe von mehr als sieben Jahrzehnten immer wieder faszinierende Fahrzeuge, die technisch wegweisend waren. Als man sich in Zuffenhausen Anfang der 1970er Jahre zusammensetzte, um das Lastenheft für ein neues Fahrzeug aufzusetzen, ging es indes ursprünglich nicht um ein zusätzliches Modell, sondern – zumindest in den Köpfen einiger Entscheider – um einen Nachfolger für den 911. Dessen Grundkonzept mit Motor hinter der angetriebenen Hinterachse erschien antiquiert und durch damalige Sicherheitsdiskussionen in den USA, die durch Unfälle mit dem Chevrolet Corvair ausgelöst wurden, möglicherweise nicht mehr lange tragfähig. Etwas Neues musste also her. Zudem hatten viele Porsche-Kunden über einen Mangel an Fahrkomfort geklagt, was man mit einem gänzlich neuen Auto ebenfalls beheben wollte. Auf einem weißen Blatt Papier entstand daher ein gänzlich neuer Sportwagen, der vom 911 allenfalls die Markenlogos übernahm.

Das Triebwerk verlegte man nach vorn, verschob die Brennräume in V-Form und spendierte im gleichen Atemzug zwei weitere Zylinder, die zudem wasser- statt luftgekühlt ausgelegt wurden. Gleichzeitig verblieb das Getriebe an der Hinterachse, wodurch sich die gut ausbalancierte Transaxle-Bauweise einstellte. Doppelte Querlenker rundum hängten die Räder einzeln auf. Ein Bremsnickausgleich an der Vorderachse sowie eine eigens entwickelte ‚Weissach‘-Hinterachse, bei der das kurvenäußere Hinterrad in Kurven bei Bremsmanövern oder Gaswegnehmen automatisch in Vorspur ging, um Übersteuern zu verhindern, sorgten für hervorragendes Fahrverhalten. Der Name dieser Achse leitete sich übrigens nicht vom Porsche-Testzentrum im gleichnamigen Ort ab, sondern stand als Abkürzung für ‚Winkel einstellende, selbststabilisierende Ausgleichs-Charakteristik‘. Unter der relativ langen Motorhaube saß ein 4,5 Liter großer V8 mit 90 Grad Bankwinkel, der anfänglich 176 kW/240 PS bereitstellte. Beide Zylinderbänke verfügten über je eine obenliegende Nockenwelle. Die Kraftübertragung erfolgte wahlweise über ein manuelles Fünfgang-Getriebe oder eine bei Mercedes-Benz zugekaufte Dreigang-Automatik.

In der Designabteilung machten sich Wolfgang Möbius und Harm Lagaay daran, diese neue Plattform stilvoll einzukleiden. Außer der Vorgabe, einen wahren Porsche zu erstellen, mussten sich die beiden und das restliche Designerteam an keine Vorgaben halten. Entsprechend unterschied sich das Ergebnis deutlich von vorherigen Modellen wie dem 356, 911 oder 914. Vorn integrierte man runde Klappscheinwerfer, die beim Einschalten einfach nach vorn ausfahren. Anstelle von klassischen Stoßstangen erhielt der neue Sportwagen in Wagenfarbe lackierte und bündig integrierte Schürzen aus kollisionselastischem Kunststoff, wobei die hintere den gesamten Bereich rund um die Rückleuchten mit integrierte. Insgesamt gelang eine zeitlos schöne Formgebung für den Porsche 928, der 1977 auf dem Genfer Autosalon debütierte und im Folgejahr den Fachpreis ‚Auto des Jahres‘ einheimste. Böse Zungen behaupten allerdings bis heute, dass der Luftwiderstand bei Rückwärtsfahrten geringer als bei Vorwärtsfahrten wäre. Innen bietet der 928 Platz für bis zu vier Personen, wobei die hinteren Passagiere unter Umständen Bekanntschaft mit der früh abfallenden Dachlinie machen. Diese und die große Heckscheibe bedingten auch den Einbau von ausklappbaren Sonnenblenden, wie man sie sonst nur an der Frontscheibe kennt.

Obwohl der 928 ursprünglich den 911 ablösen sollte, geschah dies nie. Hauptgrund dafür waren die Porsche-Kunden, die bei der Verkündung dieser Pläne durch Verkaufszahlen für Klarheit sorgten. Der eigentlich antiquierte Elfer verkaufte sich plötzlich wieder hervorragend, während der 928 als zu schwer und zu komfortabel galt. Doch genau mit diesen Attributen fand er seine ganz eigene Klientel, die sich einen solchen Grand Tourer gewünscht hatten. Selbst als hochwertiges Zugfahrzeug bot er sich an. Im Laufe der Zeit folgten leistungsstärkere Varianten wie der 928 S mit 300 PS aus 4,7 Litern Hubraum (IAA 1979), der 928 S4 mit vier obenliegenden Nockenwellen, vier Ventilen pro Zylinder und 320 PS aus fünf Litern Hubraum (1987), der 928 GT mit 330 PS (1989) sowie der 928 GTS mit 5,4 Liter großem Triebwerk und 350 PS (1991). Bis 1995 liefen insgesamt 62.410 Exemplare des Porsche 928 vom Band. RM Sotheby’s bietet das Fahrzeug aus unserer Fotogalerie in der Onlineauktion ‚Open Roads, The European Summer Sale‘ vom 14. bis 21. Juli an. Es handelt sich um einen 928 von 1978 im Sonderfarbton Minervablau metallic mit Korkbraunem Interieur, der ursprünglich als Vorführfahrzeug im Porsche Zentrum Stockholm genutzt wurde. Die komplette Historie ist auf über 180 Dokumenten festgehalten und wird dem neuen Besitzer in einem Ordner mitübergeben. Zum erwarteten Zuschlagspreis machte RM Sotheby’s noch keine Angaben.

Bilder: RM Sotheby’s