Porsche 356 Pre-A

In den kommenden Wochen beleuchten wir an dieser Stelle den Porsche 356. Beginnend mit den ganz frühen Modellen geht es anschließend um die Serien A, B und C. Über die Anfangszeit von Porsche im österreichischen Gmünd berichteten wir vor ziemlich exakt einem Jahr bereits (siehe hier). Dennoch gehören diese Fahrzeuge natürlich auch zur Geschichte des 356.

Warum Pre-A?

Um die Benennung der frühen Modelle zu verstehen, muss man zuerst einen Blick auf die Fahrzeuge ab Oktober 1955 werfen. Durch diverse tiefgreifende Modifikationen an Karosserie und Technik vergab Porsche ab diesem Zeitraum den Suffix ‚A‘. In Veröffentlichungen und Büchern setzte sich daher für die zuvor gebauten Urmodelle des 356 sehr bald die Bezeichnung ‚Pre-A‘ durch. Allerdings teilen sich selbst diese Fahrzeuge noch in drei Untergruppierungen auf.

Der Gmünd-356

Nachdem Ferry Porsche am 8. Juni 1948 den allerersten Porsche 356 als offenen Roadster mit Mittelmotor in Österreich für den Verkehr zugelassen bekam, machte sich sein Team bereits an die Fertigstellung des ersten Serienfahrzeugs. Unter dem internen Kürzel 356/2 entstanden dabei Coupés und Cabriolets, deren technische Basis deutlich näher am Volkswagen lag, wodurch die Produktionskosten geringer ausfielen. Ein Rohrrahmen wäre deutlich zu teuer geworden. Die Fertigung und Entwicklung erfolgte in der hölzernen Fabrikationshalle einer ehemaligen Sägerei in Gmünd, in die man 1944 auf der Flucht vor dem Bombenhagel in Deutschland geflüchtet war. Trotz enger Verhältnisse arbeiteten hier zeitweise bis zu 300 Mitarbeiter.

44 Coupés und acht Cabriolets

Noch vor dem Jahresende 1948 stand das erste 356 Coupé (damals noch ‚Limousine‘ genannt) auf seinen Rädern und präsentierte seine schwarz lackierte Karosserie im Sonnenschein. Das Design mit den betonten Kotflügeln und dem rundlichen Passagierabteil erinnert ein wenig an einen leicht plattgedrückten Volkswagen. Im Heck werkelt unter einer kleinen Klappe ein 1,1 Liter großer Vierzylinder-Boxermotor mit 29 kW/40 PS und 70 Newtonmetern Drehmoment. Im März 1949 erfolgte die offizielle Premiere des 356 mit einem weißen Coupé und einem dunklen Cabriolet auf dem Genfer Autosalon. Da es noch keine maschinelle Fertigung gab und die Aluminium-Karosserien im Lohnauftrag bei externen Firmen entstanden, unterschieden sich alle Fahrzeuge in Details voneinander. So gab es mindestens ein Cabriolet mit betonten hinteren Radläufen sowie Wagen mit und ohne Winkern im vorderen Kotflügel. Da gebogenes Glas zu teuer war, erhielten alle Fahrzeuge eine mittig zweigeteilte, angewinkelte Windschutzscheibe. Bis 1950 entstanden 44 Coupés und acht Cabriolets, die heute extrem gesuchte Sammlerstücke sind.

Frühe Modelle aus Zuffenhausen

Zum Frühling 1950 zog die Firma Porsche mitsamt der Belegschaft und den allermeisten Fertigungswerkzeugen zurück nach Stuttgart. Dort hatte man direkt neben der Karosseriebaufirma Reutter im Stadtteil Zuffenhausen ein Gelände erworben. Im Gegensatz zu den Gmünd-Fahrzeugen entstand die Karosserie nun bei Reutter aus Stahl, erhielt jedoch weiterhin eine Nitrolackierung in Wunschfarbe. Nach nur einem Jahr rollte bereits das 500. Exemplar vom Band. Porsche erweiterte das Modellprogramm um die aufgebohrte Variante 356 1300 mit 32 kW/44 PS aus 1,3 Litern Hubraum sowie den 356 1500 mit 1,5 Litern und 40 kW/55 PS. Die kleinste Version mit 1,1 Litern erhielt den Spitznamen ‚Dame‘. Außerdem ersetzte man die bisherigen Hebeldämpfer durch modernere Teleskopstoßdämpfer und sorgte für Kühlrippen an den Bremstrommeln. Ab 1952 bestand die Windschutzscheibe aus einem Stück mit Knick in der Mitte (‚Knickscheiben-356‘). 1953 entfiel die ‚Dame‘ zugunsten des 1300 S (Super), dem ein Jahr später der 1500 S mit 51 kW/70 PS als neues Topmodell folgte. Vorn erhielt der Wagen nun kleine Belüftungsöffnungen unter den Scheinwerfern, hinten vier runde Rückleuchten.

Das Ende der Firma Gläser

Die geplante Produktion von rund 400 Autos im Jahr reichte spätestens mit der Einführung von rechtsgelenkten Fahrzeugen für Großbritannien und das Commonwealth im Juni 1951 nicht mehr aus. Somit begann die Suche nach zusätzlichen Karosseriebauern, um mehr Autos bauen zu können. Beutler lehnte ab, wodurch Gläser ins Gespräch kam. Allerdings verkalkulierte sich Firmenchef Erich Heuer an diesem Auftrag, brauchte noch länger als Reutter pro Auto und musste schließlich Ende 1952 die Pforten des Traditionsbetriebs schließen. Kurz zuvor entstanden 17 Exemplare des 356 America Roadster. Dieser zweisitzige offene Sportwagen mit dem internen Code 540 sollte als günstigere Einstiegsvariante für den US-Markt dienen. Die hohen Produktionskosten machten den Wagen jedoch zu teuer und führten bei Porsche zur Entwicklung des 356 Speedster, der ab Ende 1954 bereitstand.

Erste Erfolge im Motorsport

Derweil hatte sich Porsche bereits im Motorsport einen ersten Namen gemacht. 1951 trat ein aerodynamisch verbessertes Coupé bei den 24 Stunden von Le Mans in der Klasse bis 1,1 Liter Hubraum an und gewann diese. Zudem fanden Weltrekordfahrten mit einem 1300er 356 im französischen Monthléry und eine Wettfahrt gegen einen Zug durch die winterlichen Alpen statt. Letztere gewann der Rennfahrer Richard von Frankenberg mit sieben Stunden Vorsprung, obwohl unterwegs einige Male für Werbeaufnahmen angehalten wurde. Für den inzwischen sehr wichtigen US-Markt nahm Porsche die Idee des dortigen Importeurs Max Hoffman auf und bot den Sportwagen 1954 als ‚356 Continental‘ an, da die Kundschaft angeblich einen richtigen Namen und nicht nur Nummern wünschte. Allerdings hatte sich der Ford-Konzern bereits diesen Namen gesichert und ging gerichtlich gegen die widerrechtliche Nutzung vor. So gab es den 356 Continental nur ein Jahr lang. Gegen Ende 1955 erfolgte der Wechsel zum 356 A.

Bilder: Porsche