Bentley EXP 100 GT

Zur Feier des 100-jährigen Markenjubiläums zeigte Bentley in den letzten Monaten bereits die drei Sondermodelle Mulsanne W.O. Edition, Continental GT Number 9 Edition und Continental GT Convertible Number 1 Edition. Nun präsentierte man am Firmensitz zusätzlich einen exklusiven Ausblick in die Zukunft der Marke in Form des Konzeptfahrzeugs EXP 100 GT. Bentley sieht die kommenden Jahre im Luxus-Segment unter den Vorzeichen von Elektromobilität und autonom fahrenden Autos. Die neue Studie bietet allerdings weiterhin die Möglichkeit, auch selbst zu fahren. Sie erstreckt sich auf 5,8 Metern Länge mit einer Optik, die ein wenig an den legendären R-Type Continental erinnert und besteht aus Aluminium und Kohlefaser.

Im Interieur kommt künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence, AI) zum Einsatz, um das Auto zu einem kreativen, erfahrungsreichen Platz zu machen, an dem man außerordentliche menschliche Gefühle und Emotionen erleben kann. Hierfür sitzt zentral im Armaturenbrett eine ‚Gefühlsleuchte‘, während die Bedienung des privaten ‚Personal Assistant‘ sowohl über Sprache als auch über Gesten funktionieren. Beispielsweise kann ein Kind aus dem Panoramadach des Wagens hinausgucken und dann mit der Hand auf die Wolken zeigen, um eine Erklärung zu bekommen, was es sich da gerade ansieht. Soweit, so gut. Nur stellt sich dem Autor dieser Zeilen die ernsthafte Frage, wie man in einem selbstfahrenden Elektroauto auch nur annähernd diese Emotionen erreichen möchte. Selbst eine kurvige Serpentinenstrecke, beispielsweise in den Alpen, hinter dem Lenkrad eines leistungsstarken Autos erleben, dabei immer wieder den tollen Rundumblick genießen – das sind Emotionen. Einfach nur reinsetzen und rollen lassen kann man im Bus oder in der Bahn ebensogut erledigen, hat jedoch mit Gefühlen eher wenig zu tun. Wenn man keinen Spaß am Selbstfahren hat, sollte man vielleicht über die Fahrt in einem Taxi nachdenken – oder, wenn das Geld für einen Bentley da ist, über die Einstellung eines Chauffeurs. Und wenn man als Eltern nicht mehr in der Lage ist, seinem Kind die Umgebung zu erklären und in Interaktion zu treten, sollte man erst gar kein Kind in die Welt setzen.

Das Interieurkonzept des Bentley EXP 100 GT sieht lediglich drei Sitzplätze vor. Alle drei Insassen nehmen dabei auf adaptiven biometrischen Sitzen Platz, deren Form sich je nach Fahrzustand verändert und deren Sensoren die Temperatur, Sitzposition und Umgebungsbedingungen aufzeichnen, um bei Bedarf zu reagieren und den Komfort zu erhöhen. Der Fahrersitz bewegt sich zudem im autonomen Modus nach hinten, während das Lenkrad Richtung Armaturenbrett rückt. Die ‚Gefühlsleuchte‘ am Armaturenbrett besteht aus einem dreischichtigen, illuminierten Cumbria-Kristall aus der Cumbria-Manufaktur, dem letzten Hersteller mundgeblasener und handgeschnittener Kristallwaren in England. Über ein Kartuschen-System, ähnlich einer alten Rohrpostanlage, können verschiedene Annehmlichkeiten aus dem Kofferraum unter der vorderen Haube ins Interieur geholt werden. So können die Insassen beispielsweise einen Wasser-Dekantierer mit Kristallgläsern ordern, wenn sie durstig sind.

Trotz der Verwendung von Lithium-Ionen-Akkuzellen, die zurecht momentan in der Kritik von Umweltschützern stehen, möchte Bentley beim EXP 100 GT die Nachhaltigkeit klar in den Mittelpunkt rücken. So nutzt man für die Lackierung wiederverwertete Partikel aus der Schale von Reiskörnern, die in der reisverarbeiteten Industrie tonnenweise anfallen und üblicherweise ungenutzt entsorgt werden. Im Interieur findet man rund 5.000 Jahre altes Holz von natürlich umgefallenen Bäumen, die in Flüssen, Seen und Torfmooren nahezu unbeschädigt erhalten wurde. Es kommt von der Organisation Fenland Black Oak Project und with mit Kupferintarsien versehen. Die lederartigen Textilien auf den Sitzen sind 100 prozentig organisch und stammen aus dem Weinanbau. Dazu kommt Wolle von britischen Schafen und Seidenstoff auf einigen Bereichen.

Als Basis für den EXP 100 GT dient eine vollelektrische Plattform mit vier Elektromotoren mit zusammen 1.500 Newtonmetern Drehmoment. Diese beschleunigen die Studie (theoretisch) in unter 2,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und weiter bis zur Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h. Da dieses Konzeptfahrzeug die Technik des Jahres 2035 wiedergeben soll, geht Bentley von Akkus aus, die innerhalb von 15 Minuten zu 80 Prozent geladen werden können und mit voller Kapazität eine Reichweite von 700 Kilometern erlauben. Und das alles mit einem Gesamtgewicht von unter 1,9 Tonnen – man wird ja nochmal träumen dürfen. Ein weiterer Traum sind die intelligenten Reifen von Pirelli, die je nach Wetterbedingungen und Fahrzustand ihr Profil und ihre Auflagefläche verändern. Sie sitzen dabei auf Felgen mit aktiven Aerodynamikelementen.

Bilder: Bentley