Lotus Seven

1957 erschien auf der Londoner Earl’s Court Motor Show das zweite Seriensportwagenprojekt von Colin Chapman, dem Firmengründer von Lotus Cars. Insgesamt war es das siebte Fahrzeug aus seiner Feder und erhielt daher passenderweise die Bezeichnung Seven. Ganz seinem Credo folgend verzichtete dieses Auto auf alle überflüssigen Komfortoptionen. Selbst die Karosserie reduzierte man auf das Notwendigste. Optisch erinnert der Wagen ein wenig an einen ausgehöhlten Baumstamm mit außen angebrachten Rädern. Für die Urmodelle nutzte man dünne Aluminiumbleche mit abnehmbarer Motorhaube und kleiner Abdeckung über einem kleinen Gepäckfach hinter den Sitzen, in das auch der Benzintank integriert wurde. Über den außen liegenden, relativ schmalen Rädern finden sich Aluminiumkotflügel.

In der Grundversion 7F erhielt der Wagen einen Seitenventilmotor von Ford mit 28 bis 40 PS aus 1,2 Litern Hubraum. Diese Leistung war beim Leergewicht von weniger als 500 Kilogramm allemal ausreichend für eine hervorragende Fahrdynamik. Aufgrund diverser Kundenanfragen ergänzte man das Programm bereits 1958 um den 7A mit 37 PS aus einem 948 Kubikzentimeter großen BMC-Motor sowie um den 7C mit einem 1,1 Liter großen Triebwerk von Coventry Climax mit 75 PS. Für den amerikanischen Markt gab es zudem eine Variante mit einem 43 PS starken Austin-Healey-Motor. Nach 242 Exemplaren erfolgte 1960 die Umstellung zur Serie 2 mit Kunststoffkotflügeln und einer nochmals größeren Auswahl an Motoren. Von dieser Bauform entstanden mit rund 1.310 Stück die meisten Fahrzeuge. Zudem führte Lotus hier bei der Topmotorisierung ab 1961 die Bezeichnung Super 7 ein, die bis heute vielfach für ähnlich aufgebaute Autos Verwendung findet. In den Jahren 1968 und 1969 gab es die rund 340-mal gebaute Serie 3 und schließlich ab 1970 die kantigere Serie 4 mit etwas größer dimensionierter Kunststoffkarosserie.

Diese Serie 4 fand jedoch nur wenig Anklang bei der Kundschaft und führte schließlich zur Einstellung der Produktion. Zudem veränderten sich für 1973 die Rahmenbedingungen für eine möglichst günstige Zulassung der Lotus-Sportwagen. Durch die ‚Purchase Tax‘ (Verbrauchssteuer) ließ sich der Seven günstiger anbieten, wenn er als Kit Car ohne Bauanleitung verkauft wurde. Lotus bot den Kunden stattdessen eine Demontage-Anleitung an, die jedoch rückwärts gelesen für den Zusammenbau des Autos genutzt werden konnte. 1973 schloss sich Großbritannien der EWG an und musste daher die Verbrauchs- gegen eine Mehrwertsteuer ersetzen, wodurch die steuerlichen Vorteile von Kit Cars ersatzlos entfielen. Der letzte verbliebene Lotus-Händler jener Tage, Caterham Cars, übernahm die Produktionsrechte des Lotus Seven und fertigt bis heute entsprechende Fahrzeuge. Daneben gab und gibt es diverse weitere Hersteller, die ähnliche Modelle anbieten. Besonders bekannt sind dabei Westfield und Donkervoort.

Der Lotus Seven bot sich neben der reinen Nutzung auf der Straße auch für die in den 1950er und 60er Jahren beliebten Clubsportrennen an, bei denen die Fahrer zumeist auf eigener Achse anreisten und anschließend lediglich geringe Anpassungen vornahmen, um an den Start zu gehen. Beispielsweise wurden Scheinwerfer und Windschutzscheibe demontiert. Per Hand malte man Startnummern auf die Karosserie und los ging es. Es ist zudem bis heute der einzige straßenzugelassene Sportwagen der Firmengeschichte, der keinen mit ‚E‘ beginnenden Modellnamen erhielt, sondern wie die Rennfahrzeuge eine Nummerierung. Silverstone Auctions bietet ein Exemplar aus dem Baujahr 1959 am 1. August in einer Auktion an. Aufgebaut wurde der Wagen durch den Lotus-Lageristen Jay Hall, der zu den intern ‚Terriern‘ (benannt nach Designer Len Terry)  genannten Werksmitarbeitern gehörte, die in ihrer Freizeit eigene Seven aufbauten und damit Rennen fuhren. Dies wurde jedoch für 1959 unterbunden, da die Mitarbeiter oftmals erfolgreicher als die Kundenautos unterwegs waren.

Jay Hall erhielt dieses Fahrzeug als ungebautes Kit Car am 20. November 1959 und konnte bei der zuständigen Zulassungsstelle das passende Kennzeichen 787JJH ergattern – seine Initialen und die Fahrgestellnummer dieses Autos. Unter Mithilfe diverser Freunde und Arbeitskollegen konnte der Seven Anfang 1960 als 7F mit Ford-Motor fertiggestellt werden, wobei Jay Hall 1960 Anteile des Wagens an seinen Kollegen Peter Hutcheon verkaufte, die 1961 an Mark Roberts gingen, um die Kosten besser im Griff zu haben. Durch den Schildermaler Roy Elmore erhielt der Seven eine Farbgebung in hellem Blau mit zentralem weißen Streifen, passend zum Rennhelm von Jay Hall. Mithilfe des Buches ‚How to Drive a Racing Car‘ brachten sich Hall und Hutcheon bei drei Rennen in Silverstone selbst bei, wie man mit einem so leichten und schnellen Sportwagen zu fahren hat. wobei Jay im letzten dieser drei Rennläufe bereits auf dem fünften Platz ins Ziel fuhr. Bis Ende September nahmen die beiden Kollegen an sovielen Rennen wie möglich teil und errangen dabei einen Sieg, einen dritten Platz und zwölf weitere Positionierungen in den Top Ten. Ab 1961 saß Jays bester Freund bei Lotus, Mark Roberts, mit hinter dem Lenkrad des Seven, der nach 26 Rennläufen im Vorjahr erst einmal umfangreich revidiert werden musste. Roberts kümmerte sich um den Motor, den er aufbohrte. Allerdings sorgten diese Arbeiten am Fahrzeug dafür, dass kaum noch Zeit für Rennen blieb und es lediglich zu zehn Einsätzen zwischen August und Oktober kam. Da Jay im Folgejahr heiraten wollte, verkaufte er den Seven schließlich, traf jedoch einige Jahre später noch einmal auf genau dieses Auto, als er in Brighton den Zieleinlauf des Veteran Car Run (heute London to Brighton Run) sehen wollte und dort auf der Küstenstraße sein alter Seven geparkt stand. Mitte der 1960er Jahre wechselte der Wagen nach Skandinavien, wo ab 1985 eine umfangreiche Restaurierung durchgeführt wurde. Diese führte auch dazu, dass der Seven zum 7A mit dem seltenen und begehrten BMC-Triebwerk wurde. 1995 holte der Oldtimerhändler Rod Leach den Lotus zurück nach Großbritannien, wo er anschließend rund 20 Jahre in einer Sammlung stand und seither dem heutigen Besitzer gehörte. Nun sucht Silverstone Auctions nach einem neuen Zuhause für den seltenen Sportwagen und vermutet dabei den Zuschlagspreis zwischen £ 36.000 und £ 42.000 (rund 39.675 bis 46.285 €).

Bilder: Silverstone Auctions