Lotus 19 Monte Carlo
Klassische Rennautos bieten oft genug Stoff für ausgedehnte Benzingespräche. Während es dabei manchmal nur um die jeweilige Rennserie und spannende Rennveranstaltungen geht, in denen das entsprechende Auto unterwegs war, gibt es hin und wieder Fahrzeuge, die für sich allein bereits geschichtsträchtig sind. Ein solches ist der Lotus 19 Monte Carlo, der von Silverstone Auctions beim Race Retro Sale am 22. und 23. Februar in Stoneleigh Park versteigert wird. Es ist zweifelsfrei das wichtigste Exemplare dieser Baureihe, von der 17 Stück insgesamt gebaut wurden. Colin Chapman erschuf mit diesem Typ einen gefürchteten Gegner selbst für größere Rennsportwagen. Denn dank geringem Gewicht, resultierend aus Gitterrohrrahmen und Kunststoffkarosserie, und einem guten Fahrwerk reichte ein mit 2,5 Litern Hubraum verhältnismäßig kleines Triebwerk von Coventry Climax, um selbst V8-befeuerte Konkurrenten hinter sich zu lassen. Bei den Entwicklungsarbeiten unterstützte Lotus niemand geringeres als Sir Stirling Moss, der 1960 auch den Debütsieg beim Sportwagenrennen in Karlskoga, Schweden, feiern konnte. Daneben fuhren auch andere Rennfahrergrößen der Zeit wie Innes Ireland oder Graham Hill den Lotus 19, wobei Hill 1962 sechs der sieben Rennen gewinnen konnte, in denen er mit dem offenen britischen Rennwagen startete.
Bereits ein Jahr zuvor saß Graham Hill erstmalig in einem Lotus 19 mit der Chassisnummer 953. Dieses spezielle Fahrzeug sah anschließend noch Olivier Gendebien, Innes Ireland, Masten Gregory, Stirling Moss, Tony Maggs und Jim Clark hinter seinem Lenkrad. Zudem kamen verschiedene Climax-Motoren mit 1,5 bis 2,75 Liter Hubraum zum Einsatz. Gemeldet wurde dieser Lotus 19, wie zwei Schwestermodelle, vom Team BRP (British Racing Partnership) von Ken Gregory und Alfred Moss, dem Vater von Stirling Moss. Für 1961 und 1962 wurde das Team aufgrund eines Sponsordeals in ‚UDT-Laystall Racing‘ umgetauft. Masten Gregory erweiterte das Einsatzfeld von Nummer 953 von Europa auf Nordamerika, indem er 1962 das Auto in Kanada und den USA einsetzte und dort Klassensiege in Laguna Seca und Riverside einfuhr sowie 1963 die Players 200 in Mosport gewann. Stirling Moss testete den Wagen ebenfalls 1963 in Goodwood, nachdem er an gleicher Stelle im Vorjahr schwer verunfallt war. Nach dem Test verkündete er seinen Rücktritt aus dem aktiven Motorsport, wodurch dieser Lotus das letzte von ihm unter Wettbewerbsbedingungen gefahrene Rennfahrzeug ist.
Im August 1963 erfolgte im britischen Fachmagazin Autosport schließlich der Verkauf eines der „erfolgreichsten Sportwagen der letzten paar Saisons“, wie es in der Verkaufsanzeige von BRP hieß. Mike Pendleton übernahm den Wagen und setzte ihn in der verbleibenden Saison weiter ein. Anschließend verkaufte er ihn an Greg Pitt, der 1964 damit an den Start ging, den Lotus aber noch innerhalb der neuen Saison an den Autohändler Entwistle and Walker verkaufte. Dieser nominierte das Fahrerduo George und Brian Barton, die in Aintree den Gesamtsieg einfuhren. Beim Rennen in Oulton Park fiel Jim Clark’s Lotus bereits vor dem Rennen mit technischem Defekt aus, weshalb er kurzfristig das Lenkrad von Nummer 953 übernahm, um es zum Sieg zu steuern. Am Ende des Jahres ging der Autohandel Entwistle and Walker bankrott, wodurch der Lotus 19 als Bezahlung an Harry O’Brien, einen der Teamfahrer ging.
Harry O’Brien setzte den Wagen in der Saison 1965 ein. Allerdings verunfallte er in Silverstone nach einem Bremsdefekt, wobei das Chassis nachhaltig beschädigt wurde. Während des Wiederaufbaus folgte 1966 ein Brand in O’Briens Garage, der den Wagen weiter beschädigte. Das Wrack blieb weitere 30 Jahre in seinem Besitz, bis es 1996 an Kelvin Jones verkauft wurde. Dieser übergab es an die Firma Nike Cars in Devon unter der Leitung von Ken Nicholls, um eine umfangreiche Restaurierung durchführen zu lassen. Nicholls war bereits in den 1960ern am Aufbau des Lotus 19 beteiligt und kannte sich daher bestens mit diesem Rennwagen aus. Ursprünglich plante Jones einen Einsatz des Lotus beim Goodwood Revival 2006. Aufgrund des schwierigen Wiederaufbaus war dies jedoch nicht möglich, weshalb er ihn 2009 an den Lotus-Spezialisten Paul Matty verkaufte, der die Restaurierung bei Andrew Tart vollenden ließ. Beim Lotus Celebration Meeting in Shelsley Walsh 2012 ging der Wagen auf erste Demorunden und wurde von Sir Stirling Moss auf der Motorabdeckung unterschrieben. Seit 2017 gehört das Fahrzeug zur Sammlung des aktuellen Besitzers, der es für den Einsatz im historischen Motorsport vorbereiten ließ und entsprechend einsetzte.
Bei der Restaurierung entschied man sich dafür, den Lotus 19 wieder in die Rennfarbe von UDT-Laystall Racing zu versetzen, die den Wagen einst hauptsächlich betreuten: helles Grün. Über die vergangenen 57 Jahre befand sich der Wagen mit Fahrgestellnummer 953 in Privatbesitz diverser Lotus- und Sportwagensammler und wird nun erstmalig öffentlich angeboten. Neben dem reinen Auto erhält der neue Besitzer ein Ersatzteilpaket sowie neue FIA HTP Dokumente für Renneinsätze in den höchsten Klassen des historischen Motorsports. Zum angestrebten Zuschlagspreis machte Silverstone Auctions noch keine Angaben.
Bilder: Silverstone Auctions