Lancia Hyena Zagato
Normalerweise gibt es für den Entstehungsprozess von exklusiven Kleinserien bei Karosseriebaufirmen wie Zagato nur zwei denkbare Szenarien: Entweder der Hersteller des Basisfahrzeugs kooperiert eng mit dem jeweiligen Designer, wie man es beispielsweise zwischen Aston Martin und Zagato sieht, oder der Karosseriebauer entwickelt auf eigene Kosten eine neue Karosserie und bietet diese unter eigenen Logos an, wie es Touring Superleggera seit einigen Jahren relativ erfolgreich macht. In den frühen 1990er Jahre kam ein drittes Szenario hinzu. Der in Holland ansässige Händler Lusso Service unter Leitung des Sammlers Paul V.J. Koot wollte die erfolgreiche Kooperation zwischen Lancia und Zagato aus den 60ern wiederbeleben und ließ daher ein kompaktes 2+2-Sitzer-Coupé bei den Italienern entwerfen. Als Basis wählte man den damals in der Rallye-Weltmeisterschaft äußerst erfolgreichen Lancia Delta in der Variante HF Integrale Evo I.
Marco Pedracini von Zagato entwarf ein rassiges Fahrzeug mit klassischem Double-Bubble-Dach und diversen Einflüssen des 90er-Jahre-Lancia-Designthemas. Das Ergebnis stand als Hyena Concept 1992 erstmals auf dem Autosalon in Brüssel. Doch trotz aller Publikumsbegeisterung gelang es den Machern hinter dem Projekt nicht bei Lancia in Italien Unterstützung zu bekommen. Somit wurde die ursprünglich angedachte Produktionszahl von 500 Fahrzeugen schnell wieder verworfen. Stattdessen musste Lusso Service fertige Delta HF Integrale Evo I kaufen, diese aus ganz Europa zur eigenen Werkstatt in den Niederlanden bringen lassen und dort von Karosserie und Interieur befreien. Im Anschluss gingen diese nackten Fahrzeuge per LKW auf die Reise nach Mailand zu Zagato, wo die neue Karosserie und ein eigens angefertigter Innenraum verbaut wurden. Die Endabnahme erfolgte zurück bei Lusso Service. Anfangs ging man noch davon aus, auf diese Weise bis zu 75 Hyena fertigen zu können.
Allerdings dürfte es nur wenige Leser wirklich erstaunen, dass dieser Produktionsprozess sehr kostenintensiv war, zumal der Delta HF Integrale Evo I als Neuwagen auch seinen Preis hatte. Für den Hyena rief man damals einen Grundpreis von 75.000,- US$ oder 140.000,- CHF auf. Dafür gab es aber immerhin ordentliche Fahrleistungen, die aus einem Leergewicht von 1.150 Kilogramm und dem auf rund 250 PS leistungsgesteigerten Vierzylinder-Turbomotor mit zwei Litern Hubraum resultierten. Damit gelang der Spurt aus dem Stand auf 100 km/h in rund 5,4 Sekunden – sofern man mit dem Schalten schnell genug hinterherkam. Dennoch entstanden insgesamt lediglich 24 Exemplare.
Während die meisten Hyena eine auffällige Lackierung in Gelb, Grün oder Rot erhielten, bietet Klassikerhändler Max Girardo & Co. aktuell ein schwarzes Fahrzeug an. Dieser Wagen mit Baunummer 002 erhielt auf Wunsch seines Erstbesitzers, eines britischen Bankers mit Zweitwohnsitz in Italien, einen neuen, strömungsgünstigeren Zylinderkopf, schärfere Nockenwellen und einen Fächerkrümmer, um die Motorleistung auf rund 300 PS zu bringen. Hinzu kamen eine kräftigere Bremsanlage und ein auf 90 Liter Fassungsvermögen vergrößerter Benzintank. Angeboten wird der Wagen nun aus dritter Hand zu einem Preis auf Anfrage, der allerdings mindestens auf Höhe des Neupreises liegen dürfte.
Bilder: Max Girardo & Co.