Leben mit Pferden und Stieren
Ich habe Herbert Engel, einen 77 Jahre jungen Herren, der in meiner Heimatregion, in Andernach-Namedy, zuhause ist, besucht, um mehr über seine automobile Leidenschaft und sein PS-starkes Leben zu erfahren.
Herbert Engel lebt auf einem wunderschönen Anwesen nahe der Burg Namedy, welches im Mittelalter als Burgschmiede genutzt wurde. Dementsprechend erinnert auch das Interieur seines Anwesens noch immer an die Zeit der Ritter.
Herbert lebt mit Pferden und Stieren, die sich in den Stallungen, neben seinem Haupthaus aufhalten..und wenn ich Stallungen schreibe, dann meine ich natürlich Garagen und wenn ich Pferde und Stiere schreibe, so handelt es sich selbstverständlich um feurige Italiener..wir sind ja nicht die Wendy. Das einzige wirkliche Tier, das bei und mit Herbert lebt, ist Lina Lard , eine alte Dackel-Dame, benannt nach Enzo Ferraris´Geliebter.
Herbert Engel hat sein Leben dem Automobil gewidmet.
Seit 1977 ist er als Luxus-Automobil-Händler in dem Segmet der Ferrari, Lamborghini, Porsche und Bentleys, Aston Martins und SLs zuhause. Seine Leidenschaft und die Liebe zum Automobil spiegeln sich in wirklich jeder Ecke seines Hauses wieder: Emaille-Schilder an den Türen, Poster und Aufkleber im Badezimmer, Pokale in der Stube und unzählige Plaketten und Modell-Fahrzeuge auf dem Esstisch. Es gibt wohl keinen Wagen, den er nicht schon besessen hat. Die Modell- und Hersteller-Liste der Fahrzeuge, die allesamt in seinem Besitz waren, ist lang und hochkarätig.
Ich spreche hier u.a. von Bentley Azures, mehreren Ferrari 365, einigen Daytona, diverse Mondial, Testarossa, schicke Mercedes 300 SLR , jedem Modell aus dem Hause Porsche, nahezu jedem Aston Martin-Modell, das je produziert wurde und selbstverständlich reihen sich auch die komplette Lambo-Riege, Rolls Royce und Cadillacs, Maserati, sowie ein extrem seltener Rhapsody (der nämlich nur einmal auf der Welt gebaut wurde) und alles was sonst noch Rang und Namen hat, in die Liste der Autos, die er schon besessen hat, ein. Verdammt langer Satz.
Früher hat er im Monat durchschnittlich 30 solcher Autos verkauft und auch genauso viele wieder angekauft. Heutzutage sind es weitaus weniger Wagen. Sein Kundenstamm erstreckte sich über die ganze Welt. Der Naher Osten hat genauso oft bei ihm geshoppt, wie der englische Hochadel, oder die italienischen Sammler-Familien und nein, mit Familien meine ich nicht DIE Familien.
Apropos Familie. Seine stets enge Freundschaft zur Familie Schumacher erkennt man an den unzähligen Bildern in seinem „Arbeitszimmer“, das auch als Kulisse für eine Hitchcock-Verfilmung herhalten könnte. Michael und auch Ralf besuchten Herbert sehr oft und er sie ebenso oft bei ihren Rennen. Überall liest man kleine witzige Grußbotschaften von den Schumis und anderen Größen der Motorsport-Welt.
Wer so einen Zugang zu solchen Wagen hat, der hat selbstverständlich auch einen Drang zur Rennstrecke und so vertrieb sich Herbert seine Freizeit als Rennfahrer. Jahrelang ist er Mini-Challenge, Porsche Cup, Alfa-Cup, Lamborghini-Cup, DTM und weitere Trophys gefahren. Noch heute zieht es ihn immer wieder zu solchen Veranstaltungen und natürlich auf die Nordschleife!
Besucht man Herbert in seinem Königreich, so weiß man vorher nie, auf was für Autos man treffen wird. Ein paar hat er immer online inseriert, aber die Auswahl ändert sich fast wöchentlich..und beim meinem diesmaligen Besuch hatte ich meinen Favoriten recht schnell gefunden:
Ein Alfa Romeo Montreal hat es mir angetan. Wusste ich doch recht wenig über dieses Modell, so zog mich sein kraftvolles Äußeres regelrecht an. Böse und gefährlich sieht er aus..italienisch..und mit genau diesem Gefühl stieg ich auch ein und startete den Motor..und zack abgewürgt..passiert mir wirklich nie!
„Welchen Gang hab ich denn jetzt drinne“…- „Weiss ich auch nicht, fahr nach Gefühl“ …
… eine schöne Konversation, die wir da zu führen hatten, bis ich den Kraft-Italo endlich
in Gang brachte.
Und dann lief´s.. und zwar richtig! Der Geruch: unschlagbar, das Gefühl: un’estate italiana (um es mit Gianna´s Worten zu schreiben). Ein atemberaubendes Renn-Fahrzeug aus 1974 mit TÜV und H-Kennzeichen und immerhin fast 300 PS. Das Auto stammt von der Rennstrecke in Monaco und hat eine tolle Historie.
Neben dem schönen Alfa durfte ich natürlich noch ein paar andere Seltenheiten bestaunen.
Der zweite Wagen, in dem ich Platz nahm und den ich auch bewegen durfte, ist ein Felber 330 GTC Michelotti Roadster im Wert von rund 1,4 Millionen Euro, der von der Ikone, Heidi Hetzer, erfolgreich in Rennen eingesetzt wurde. Nicht alltäglich, aber wundervoll.
Darüber hinaus hatte ich auch die Ehre, einen Stutz Blackhawk (der Liebling von Elvis Presley) , sowie einen Cadillac Fleetwood, ein ARA SHOWCAR, einen SL und einen MG, sowie natürlich noch ein paar Italiener und Engländer anzutreffen.
Was ich wirklich entzückend finde, neben den unschätzbaren Fahrzeugen, ist die Tatsache, dass Herbert Engel zu jedem seiner Autos auch immer die passenden Zeitungen und Berichte von damals zusammenkauft und sie in den Autos platziert, damit man heute noch weiß, was damals über das Auto geschrieben wurde.
Herbert Engel kann einem aus jedem Geschäftsjahr der letzten 40 Jahre, jeden handgeschriebenen Kaufbeleg zeigen und er hat handschriftlich notiert, in welchem Monat er welches Auto an wen verkauft hat. Der sentimentale Touch hat mich spätestens zu dem Zeitpunkt komplett getroffen, als ich entdeckte, dass mein verstorbener Opa vor über 40 Jahren, seinen 1974er Carrera Targa G-Modell bei Herbert kaufte.
Durch seine Parkinson-Erkrankung ist Herbert mittlerweile etwas eingeschränkt in seinem Handeln und beobachtet man ihn bei der Arbeit am Schreibtisch, von dem aus er mit Saudis und Amerikanern und Schweden über Verkaufspreise verhandelt, dann könnte man den Eindruck bekommen, dass er in seinem Wirrwarr aus alten Auto-Magazinen, Bildern, Emaille-Schildern und TÜV-Belegen leicht den Überblick verliert. Pustekuchen. Er weiß immer, wo sich was befindet und was zu tun ist. Ich freue mich schon jetzt auf meinen nächsten Besuch und bin gespannt, welche Fahrzeuge mich dann erwarten.