Alfa Romeo Scarabeo

In den 1960er Jahren betätigte sich Alfa Romeo erfolgreich in der Sportwagen-Weltmeisterschaft und entwickelte hierfür in der Motorsportabteilung Autodelta den Tipo 33 auf einem H-förmigen Gitterrohrrahmen. Neben den reinen Wettbewerbsfahrzeugen gab es diesen Sportwagen auch in einer Kleinauflage mit Straßenzulassung. Bis heute ist nicht ganz klar, wieviele Tipo 33 Stradale wirklich entstanden sind. Nur eines ist klar: es waren nicht viele. Auf einem der für den Stradale vorgesehenen Rohrrahmenchassis entstand bei Alfa Romeo eine rassige Konzeptstudie für den Pariser Autosalon 1966. Neben einer neuen Karosserie, die bei OSI (Officine Stampaggi Industriali) in Turin in Auftrag gegeben wurde, erhielt dieses Fahrzeug allerdings noch eine Abweichung vom Tipo 33. Hinter den beiden Sitzen werkelt nicht der reinrassige V8-Rennmotor, sondern ein 1,6 Liter großer Vierzylinder-Doppelnockenwellen-Motor aus der Giulia Sprint GTA. Dieses Triebwerk mit Aluminiumblock ist direkt mit Kupplung und Getriebe verblockt und treibt mit seinen 85 kW/115 PS die Hinterräder an. Da nur 700 Kilogramm Leergewicht vorangebracht werden müssen, genügt diese Leistung für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h.

OSI gehörte in den 1960er Jahren zu den gefragtesten Designstudios in Italien. Unter der Leitung von Sergio Sartorelli entstand hier auch die Karosserie des ‚Scarabeo‘ getauften Unikats für Alfa Romeo. Die Urversion erhielt ein recht kantiges Design und eine kanzelartige Cockpitabdeckung, die sich als Ganzes öffnete, um den Einstieg zu ermöglichen. Der ursprüngliche Plan der verantwortlichen Alfa-Ingenieure Giuseppe Busso und Orazio Satta Puliga war ein kleinerer Sportwagen unterhalb des Tipo 33, der sich ebenfalls sowohl für den Rennsport als auch für den Verkauf an Privatleute eignen würde. Allerdings fand die aufsehenerregende Studie bei ihren Chefs wenig Gefallen, weshalb OSI hinter den Kulissen mit einer neuen Karosserie beauftragt wurde, die leichter in Serie zu produzieren sein sollte. Wann genau dieses Fahrzeug in der heute noch sichtbaren, nie lackierten Optik fertiggestellt wurde, ist heute nicht mehr ganz klar. Während die Frontpartie mit ihren hinter Klarglas verborgenen Scheinwerfern und klaren Rundungen noch klar in die Sportwagenwelt der damaligen Zeit passt, endet der Wagen hinten mit einem ungewöhnlich steilen Kammheck relativ abrupt hinter den Hinterrädern. Es blieb beim Nein der Alfa-Chefabteilung, weshalb auch ein dritter Scarabeo, der als Spyder geplant war, nicht mehr fertiggestellt wurde. Auch der Karosseriebauer OSI hatte keine glänzende Zukunft. Nach nur acht Jahren schloss man das Designzentrum, in dem zuvor Größen wie Tom Tjaarda und Giovanni Michelotti gearbeitet hatten. Die allermeisten Mitarbeiter übernahm das Centro Stile von Fiat.

Sowohl der nie komplettierte Spyder als auch der zweite Scarabeo Prototyp gehören zur Sammlung des Museo Storico Alfa Romeo in Arese. Das Coupé ging nun jedoch als Leihgabe an das Musée National de la Voiture auf Schloss Compiègne rund 80 Kilometer nördlich von Paris. Dort findet bis zum 23. März 2020 die Sonderausstellung ‚Concept-Car. Beauté Pure‘ statt, in der rund 30 Fahrzeuge zu sehen sind, die zu unterschiedlichen Zeiten als Showcars und Konzeptstudien auf verschiedenen Automessen Aufsehen erregten. Hinzu kommen über 100 weitere Exponate wie Fotografien, Modelle, Skizzen und Dokumente, die die Entwicklung der Konzeptautos untermalen. Das Château de Compiègne bietet bereits seit 1927 in einem Flügel Frankreichs Nationalem Automuseum eine Heimat. Die Hauptausstellung nebst Reserve umfasst inzwischen über 15.000 Exponate vom Kutschenzeitalter bis zum Automobil sowie Motorräder, zeitgenössische Bekleidung, Rüstungen, Gepäckstücke und Fotografien.

Bilder: Alfa Romeo