Mercedes-Benz 540 K Cabriolet A

Als Nachfolgemodell des motorsportlich erfolgreich eingesetzten Typ S, SS, SSK und SSKL (intern W06) präsentierte Mercedes-Benz 1934 den neuen W29 als 500 K. Dieser erhielt einen fünf Liter großen Achtzylinder-Reihenmotor mit 100 PS, der über einen Roots-Kompressor kurzzeitig auf 160 PS kam. Zwei Jahre später erschien der weiterentwickelte 540 K, dessen Triebwerk nun passend zum Namenskürzel 5,4 Liter Hubraum aufwies. Damit standen 115 PS ohne und 180 PS mit Aufladung zur Verfügung. Sowohl den 500 K als auch den 540 K gab es in einer Vielzahl unterschiedlicher Karosserien, wofür Mercedes-Benz zwei Fahrgestelllängen entwickelt hatte. Zudem verbaute man bei einigen Varianten den Motor und das Getriebe weiter hinten, um den Schwerpunkt zu verschieben. Insgesamt verließen 760 Exemplare der Baureihe W29 die Fertigungshallen in Sindelfingen, 419 davon entfielen auf den 540 K.

Darunter befanden sich exakt 83 Fahrzeuge des 540 K mit der zweisitzigen Cabriolet A Karosserie. Eines davon mit der Fahrgestellnummer 189392 entstand im letzten Produktionsdrittel der Modellreihe. Im Juli 1938 stellte man das Chassis fertig und schickte es in die Karosseriebauabteilung in Sindelfingen. Dort dauerte die Komplettierung jedoch bis Oktober 1939. Als rechtsgelenktes Fahrzeug sollte dieser 540 K ursprünglich auf den englischen Markt gehen, konnte dorthin aber durch den inzwischen ausgebrochenen Zweiten Weltkrieg und die dadurch geltenden Ausfuhrverbote nicht mehr exportiert werden. Daher lagerte Mercedes-Benz den Wagen mit weiteren Fahrzeugen ein und konnte ihn erst im April 1941 an einen Händler in Helsinki, Finnland, verkaufen, der ihn an Baron Gustaf Wrede weiterverkaufte. Wrede war ein einflussreicher Industrieller, Ingenieur und Geschäftsmann, der den Mercedes als Privatwagen bis in die Nachkriegszeit bewegte, was ein Foto aus dem Jahr 1946 belegt. 1947 verkaufte er den Wagen über den renommierten Händler Gjestvang in Stockholm an Valdemar Stener, einen schwedischen Rennfahrer. Dieser nutzte den 540 K offenbar für einige Eisrennen und tauschte ihn 1948 gegen einen Maserati ein.

Anschließend wurde der Mercedes-Benz 540 K in die USA verschifft und dort 1954 über eine Annonce in der New York Times zum Verkauf angeboten. Vater und Sohn Kreissle (John senior und John junior) waren zu jener Zeit auf der Suche nach einem Vorkriegs-Mercedes und hatten sich drei unterschiedliche, zeitgleich annoncierte Autos angesehen. Letztlich entschieden sie sich aufgrund der geringen Laufleistung und des seltenen Fünfgang-Getriebes für 189392 und brachten ihn in ihre Garage in Sarasota, Florida. Bereits vor diesem Kauf wurden irgendwann die beiden originalen Ersatzräder auf den vorderen Kotflügeln gegen ein einzelnes im Kofferraum ersetzt. Vater und Sohn führten kleinere Restaurierungsarbeiten durch und lackierten den Wagen von einem dunklen Grün auf das bis heute sichtbare Hellgrau um. Bei einem ehemaligen Mercedes-Mitarbeiter in New York erhielt der 540 K zudem ein neues Interieur im korrekten Kalbsleder. Beide reisten zudem mehrfach nach Deutschland, um nach passenden Ersatzteilen zu suchen. Dabei fanden sie unter anderem ein originales Fünfgang-Getriebe, mit dem sie das beschädigte Original ersetzen konnten.

Insgesamt blieb dieses 540 K Cabriolet A für volle 50 Jahre im Besitz der Familie Kreissle. In den 1970er Jahren stand es als Leihgabe im South Florida Museum in Bradenton. Erst 2004 erfolgte ein Weiterverkauf an Herbert von Fragstein, Experte für Vorkriegsmodelle von Mercedes-Benz, der ihn alsbald an den heutigen Besitzer weitergab. Bis heute trägt der Wagen Spuren der in den 50ern durchgeführten Restaurierung mit entsprechender Patina, die sich beispielsweise im minimal brüchigen Lackkleid äußert. Seit über 60 Jahren legte auch niemand mehr Hand am Interieur an, sodass die Ledersitze ihre Falten und Kerben mit Würde tragen dürfen. Ein originales Werkszertifikat von Mercedes-Benz aus dem Jahr 2008 sowie Kopien der Fertigungsunterlagen belegen die Echtheit des Wagens und die Übereinstimmung der Motornummer. Gooding & Company bietet diesen faszinierenden Klassiker nun während der Monterey Car Week im August an. Als Estimate legte man einen Bereich zwischen 1,5 und 2,2 Millionen US-Dollar fest.

Bilder: Gooding & Company