Mercedes-Benz 190 SL

Anfang der 1950er Jahre fragte Max Hoffman bei Mercedes-Benz zwei sportliche Modelle an. Hoffman ist vielen Autofans als geschäftstüchtiger Importeur europäischer Fahrzeuge auf dem amerikanischen Markt bekannt. Seinen Analysen des Käufergeschmacks entsprangen diverse Modelle, die heute gesuchte Klassiker sind. Neben dem Porsche 356 Speedster gilt dies auch für die besagten Sportwagen aus der Stuttgarter Nachbarschaft. Ausgehend von den Motorsporterfolgen des 300 SL (W194) fragte er einen großen Sportwagen an, der durch ein kleineres Modell unterstützt werden sollte. Mercedes-Benz entwickelte daher eine Straßenversion des 300 SL (W198) sowie den kleineren 190 SL (W121 B II). Beide Sportwagen debütierten im Februar 1954 auf der New York International Motor Sports Show. Während der 300 SL bereits produktionsreif war und die Fertigung im August 1954 anlief, befand sich der 190 SL noch mitten in der Entwicklungsphase.

79 Prozent der Produktion gingen in den Export

Bis zum Produktionsanlauf erhielt die Karosserie diverse Modifikationen. Anstelle einer Lufthutze trug die Motorhaube am Ende einen zentralen Powerdome. Wie beim 300 SL erhielten zudem auch die hinteren Kotflügel ein Zierelement direkt über den Rädern. In dieser Form rollte der 190 SL im März 1955 auf den Genfer Autosalon und zwei Monate später erstmals serienmäßig vom Band. Mit einem Grundpreis von 16.500 DM lag der kleine zweisitzige Roadster sogar über dem Einstiegspreis für einen Porsche 356. Um den 190 SL wintertauglich zu machen, war gegen einen Aufpreis von 1.150 DM ab Werk ein Metall-Hardtop lieferbar. Weitere Extras konnten den Preis auf über 20.000 DM anheben. Entsprechend wenige europäische Kunden konnten sich dieses schön gezeichnete Fahrzeug leisten. Somit verwundert es nicht, dass von 25.881 bis 1963 gebauten Exemplaren 20.636 in den Export gingen. Das entspricht knapp über 79 Prozent.

105 PS starkes Vierzylindertriebwerk

Speziell amerikanische Kunden liebten den 190 SL, da er die Optik des größeren 300 SL aufnahm, dabei aber weniger kompliziert war. Er hatte weder den Gitterrohrrahmen unter der Karosserie, noch den Reihensechszylinder mit mechanischer Direkteinspritzung unter der Haube. Stattdessen sorgte ein 1,9 Liter großer Vierzylindermotor mit 77 kW/105 PS für den Vortrieb. Im ersten Modelljahr gab es ausschließlich Silbergrau metallic als Lackfarbe. Ab 1956 erweiterte man die Farbpalette auf 12, ein Jahr später schließlich auf 39 Möglichkeiten. Zudem konnte das optionale Hardtop auf Wunsch in einer von zehn Kontrastfarben lackiert werden. Zudem modifizierte Mercedes-Benz im Laufe der Produktionsjahre diverse Details. Einige Exemplare fanden sogar den Weg in den Motorsport, wodurch vor 1958 gebaute 190 SL unter anderem zur Mille Miglia zugelassen werden.

190 SL aus Erstbesitz gefunden

Neben US-Kunden gab es auch einige reiche Europäer, die sich einen Mercedes-Benz 190 SL kauften. Unter ihnen war Charles Marcoux aus Genf, der am 14. August 1957 den Wagen mit Fahrgestellnummer 501.399 geliefert bekam. Offenbar wies sein Auto Transportschäden in Höhe von 4.000 CHF auf, die vor der Übergabe auf Kosten des Händlers behoben wurden. Alle originalen Rechnungen und Verkaufsunterlagen liegen bis heute vor. Aus ihnen geht auch hervor, dass Herr Marcoux den 190 SL im Mai 1957 bestellte und dabei die Lackfarbe ‚Grenadine‘ mit grauem Leder kombinierte. Hinzu kamen ein graues Stoffverdeck und das Werks-Hardtop. Im September 1957 erfolgte die Einfahrinspektion nach 518 Kilometern und im März 1961 die nächste Inspektion nach 2.181 Kilometern. Daraus lässt sich bereits ablesen, dass Charles Marcoux den Mercedes kaum bewegte. Nach seinem Tod übernahm seine Tochter das Auto und gab es als Langzeitleihgabe bis 2016 an das inzwischen geschlossene Genfer Automuseum. Eine anschließende große Wartung verschlang 14.959 CHF. Nun bietet Kidston SA diesen wohl einmaligen Mercedes-Benz 190 SL mit lediglich 7.400 Kilometern Laufleistung aus Erstbesitz an.

Bilder: Kidston SA