Volvo PV 36 Carioca

Fahrzeuge von Volvo sind vor allem für ihre sprichwörtliche Robustheit bekannt. Diesen Ruf erarbeitete sich die schwedische Marke in den vergangenen Jahrzehnten besonders durch solide gebaute Limousinen und Kombis. Über die Firmenhistorie vor dem Zweiten Weltkrieg ist heutigen Volvo-Fahrern allerdings zumeist wenig bekannt. Ursprünglich war Volvo die Bezeichnung der im Jahr 1915 eingerichteten Versuchsabteilung beim Kugellagerhersteller SKF. Zwölf Jahre später sorgten Gustaf Larsson und Assar Gabrielsson dafür, dass aus Volvo eine eigenständige Firma zur Herstellung von Kraftfahrzeugen wurde.

1935 stellte das junge Unternehmen mit dem PV 36 (in einigen Quellen auch zusammengeschrieben als PV36) eine Limousine der Oberen Mittelklasse vor, deren Design sich stark am Stromlinienstyling amerikanischer Fahrzeuge anlehnte. Wieviel Einflüsse dabei der Designer Ivan Örnberg 1933 von seinem vorherigen Arbeitgeber Hupmobile aus Detroit mitbrachte, kann nur erahnt werden. Auf jeden Fall finden sich diverse optische Parallelen, beispielsweise zum Chrysler Airflow. Neben der glatten Form fallen vor allem die Abdeckungen vor den Hinterrädern ins Auge. Aufgrund der Tatsache, dass Volvo zur damaligen Zeit vor allem in Brasilien einen guten Exportabsatzmarkt gefunden hatte und dort zu dieser Zeit der Carioca-Tanz besonders beliebt war, setzte sich für den außergewöhnlichen Wagen bald dieser Name als Bezeichnung durch. Als Antrieb fungierte ein 3,67 Liter großer Reihen-Sechszylindermotor mit 59 kW/80 PS, die über ein Dreigang-Getriebe auf die Hinterräder gelangten. Als Höchstgeschwindigkeit gab Volvo 120 km/h an.

Eigentlich gab es den PV 36 ‚Carioca‘ ausschließlich als geschlossene, sechssitzige Limousine mit vier Türen, die sowohl vorn als auch hinten an der B-Säule aufgehängt waren. Allerdings fertigte man auch ein einziges nacktes Chassis, das an den Karosseriebauer Nordbergs Vagnfabrik geliefert und dort in ein wunderschönes Cabriolet verwandelt wurde. Aufgrund der außergewöhnlichen Optik und des für die damaligen Zeit sehr hohen Anschaffungspreises von 8.500 SKr hielt sich die Verbreitung von Anfang an in engen Grenzen. Volvo plante eine Stückzahl von exakt 500 Exemplaren, die letztendlich durch das angesprochene Cabriolet-Chassis um ein Fahrzeug übertroffen wurde. Der finale PV 36 verließ am 16. Juni 1938 die Fabrikationshallen und diente der schwedischen Botschaft in Teheran als Dienstwagen.

Heute existieren vermutlich nur noch knapp 25 fahrbereite PV 36 weltweit. Auf der am Mittwoch in Essen beginnenden Oldtimermesse Techno Classica zeigt Volvo das Exemplar mit Chassisnummer 85, dem schwedischen Kennzeichen K1476 und einer bewegten Geschichte, obwohl nur relativ wenige Kilometer auf dem Zähler stehen. Dieses dunkelrote Fahrzeug gehörte einst drei Jahre lang Firmenmitgründer Gustaf Larsson. Abgesehen von einer Neulackierung in den späten 30er oder frühen 40er Jahren erhielt das Fahrzeug bis heute keinerlei Restaurierung und zeigt sich daher sehr authentisch. Neben dem besonderen PV 36 zeigt Volvo in Essen auch einen PV 4 von 1929, einen Amazon, einen 164, einen 240 Turbo und einen 850 T5-R, um auf die langjährige Limousinengeschichte der Marke hinzuweisen sowie einen nagelneuen S60 als Deutschlandpremiere.

Bilder: Volvo