Automotive Art 5 – Maserati Mistral

Der fünfte Teil der Automotive Art Sektion präsentiert den bildschönen Maserati Mistral.

Willkommen zurück zu unserer monatlichen Automotive Art Sektion mit Fotograf und Lichtkünstler Bill Pack. Er rückt das Design von Oldtimern in besonderem Maße in Szene und erklärt seine Interpretation der Styling-Ideen mit einigen interessanten Bildern, die er in seinem eigenen Stil aufgenommen hat. Diesmal schauen wir dem wunderschönen Maserati Mistral auf’s Blechkleid.

In den Kopf des Designers – von Bill Pack

Es ist einfach, viele Fakten und Informationen über jeden Automobil-Designer zu erfahren. So lässt sich schnell herausfinden, für welche Firmen sie im Laufe der Zeit gearbeitet haben, welche Automodelle sie entworfen haben und welche Innovationen sie in die Branche gebracht haben. Wir wissen also viel von ihnen, aber wir kennen sie nicht. Mit meinen Bildern versuche ich, in die Seele und den Geist des jeweiligen Designers zu gelangen. Ich konzentriere mich auf bestimmte Teile des Autos und verwende meine Beleuchtungstechnik, um die emotionalen Linienführungen des Designers hervorzuheben.

Maserati Mistral – Gezeichnet von Pietro Frua

Mistral – ein starker, kalter Nordwestwind, der von Südfrankreich aus in den Golf von Lyon im nördlichen Mittelmeerraum weht. Es ist relativ selten, dass kreative Menschen bereits frühzeitig in ihrem Leben wissen, für welchen Job sie bestimmt sind. Pietro Frua hatte diese Orientierung und eine große Liebe zum Industriedesign. Im Alter von 17 Jahren begann er seine Karriere bei Stabilimenti Farina als Zeichner, mit 22 Jahren übernahm er die Designabteilung als Direktor. Von vielen wird er aus dieser Zeit für das frühe Design der legendären Vespa geschätzt. Als der Krieg begann, stoppte die Automobilproduktion fast überall. Während dieser Zeit blieb er seiner Berufung treu und setzte seine Designertätigkeiten fort. Diese reichten von der Entwicklung von Spielzeugautos für Kinder über Elektroöfen bis hin zu einem Monocoque-Motorroller.

1944 handelte Pietro Frua proaktiv und kauft eine ausgebombte Fabrik, um dort einen Ort zu schaffen, an dem er Autos entwerfen und bauen konnte. Hierfür stellte er 15 Arbeiter ein. Einer davon war Sergio Coggiola, der später seine eigene Firma Carrozziere Coggiola gründete. Von seiner eigenen Basis aus startete Pietro Frua seine berühmte Karriere, beginnend mit dem Fiat 1100C Spyder von 1946. Maserati wurde einer seiner ersten Design-Auftraggeber für den neuen 2-Liter-Sechszylinder-Sportwagen A6G. In den späten 50er Jahren verkaufte Pietro seine Firma an die Carrozzeria Ghia aus Turin und wurde von Luigi Segre zum Leiter von Ghia Design ernannt.

Die 1960er Jahre waren jene Zeit, in denen Pietro Frua zum Weltklasse-Designer aufstieg. Seine ‚Frua-Linie‘ war ein Synonym für den guten Geschmack eines einzelnen Mannes. Die ‚Frua-Linie‘ hat etwas Besonderes. Sie ist einfach, raffiniert und perfekt. Beim Betrachten meiner Bilder finden Sie die Linien eines Designers, dessen Liebe zum Detail alles war. Sie finden aber auch die Linien eines Mannes, der schon früh wusste, welche Leidenschaft er in sich trug. Ein Mann, der sich von den Ereignissen der Welt nicht davon abhalten ließ, seine Liebe zur Linie auszudrücken.

Maserati Mistral – Details – von Matthias Kierse

Ganz ehrlich, was soll man zum Maserati Mistral noch schreiben, wenn man diese Bilder ansehen kann? Dieser Sportwagen, der von 1964 bis 1969 als Coupé und Spyder gebaut wurde, gehört zweifelsfrei zu den schönsten Autos seiner Ära. Entwickelt wurde er unter dem Code ‚3500 GT 2-posti‘ und unter dem internen Kürzel Tipo AM 109. Trotz des Entwicklungsnamens erhielt der Mistral ein eigenständiges Chassis aus rechteckigen Rohren mit angeschraubtem Kastenrahmen am Heck. Radaufhängungen, Federung und anfänglich auch das 3,5 Liter große Reihensechszylinder-Triebwerk stammten indes doch vom Vorgängermodell, dem 3500 GT. Nach nur wenigen gebauten Fahrzeugen (drei Coupés und 27 Spyder) vergrößerte Maserati den Hubraum auf 3,7 Liter, wodurch die Leistung um zehn auf 245 PS anstieg. Ein Jahr später erweiterte man das Angebot um ein vier Liter großes Sechszylinder-Aggregat mit 265 PS.

Insgesamt entstanden 844 Coupés, davon 454 mit dem großen Motor, und lediglich 124 Spyder. Im Vergleich zum geschlossenen Modellbruder legte beim Spyder Giovanni Michelotti noch Hand ans Design, um die Linien final zu verfeinern. Gefertigt wurde der offene Zweisitzer bei Vignale in Turin. Um Gewicht einzusparen bestanden Türen, Motorhaube und Kofferraumdeckel aus Aluminium. Optional wurde ein ebenfalls aus Aluminium gefertigtes Hardtop für den Spyder angeboten, das jedoch nur wenige Kunden bestellten. Alle Nachfolgemodelle erhielten entweder V6- oder V8-Triebwerke, womit der Mistral letztmalig die Tradition der Reihensechszylinder bei Maserati aufzeigte. Heute gehört speziell der Mistral Spyder zu den gesuchtesten Modellen der Marke.

Bilder: © Bill Pack