Im Porsche 944 nach Südafrika

Eine Tour von Großbritannien nach Südafrika auf eigener Achse ist aufwändig. Normalerweise würde man hierfür einen gut ausgerüsteten Geländewagen nutzen. Ben Coombs hatte andere Ideen. 2002 erwarb er einen Porsche 944 mit damals bereits rund 217.000 Kilometern Laufleistung. Der 2,5 Liter große Vierzylindermotor und das Fünfgang-Schaltgetriebe waren jedoch noch in gutem Zustand. So diente ihm der Sportwagen als Alltagsfahrzeug sowie für Urlaube in Großbritannien und Europa. Bis 2007 kletterte der Tacho dadurch auf 320.000 Kilometer.

Nur kleine Modifikationen am 944

Bei Ben Coombs wuchs einerseits der Wunsch nach einem besser geeigneten Alltagsfahrzeug. Gleichzeitig wollte er den Porsche 944 nicht einfach so an irgendjemanden weiterverkaufen. So reifte der Plan für eine einmalig schöne Abschiedstour, die bis nach Kapstadt in Südafrika führen sollte. Insgesamt mehr als 21.000 Kilometer Wegstrecke. Als Beifahrerin gewann er seine gute Freundin Laura Reddin. Da beide nur ein geringes Budget hatten, hielten sich die Modifikationen am 944 in Grenzen. Das Fahrwerk wurde um rund 50 Millimeter höhergelegt, um mehr Bodenfreiheit zu erreichen. Zudem verbaute Coombs einen speziell gestalteten Dachgepäckträger mit Zusatzscheinwerfern vorn und einer eigens gebauten Sperrholzkonstruktion für ein aufklappbares Dachzelt.

Allerdings passieren manchmal Dinge, die sich nicht planen lassen. So auch hier. Nur 17 Tage vor der geplanten Abreise ging die Ölpumpe kaputt und sorgte damit für einen Motorschaden. Zum Glück hatte Ben Coombs einen weiteren 944 als Teileträger gekauft und bereits einige Teile wie Antriebswellen und Stoßdämpfer als Ersatzteile für die Tour ausgebaut. Nun wanderte auch der Vierzylindermotor in den vorbereiteten Wagen. Diese Arbeiten dauerten bis zum Tag der Abreise, sodass sie erst gegen 10:00 Uhr eine erste kurze Testfahrt unternehmen konnten. Dabei erwies sich der Motorlauf als unrund. Durch die vorliegenden Visa und vorgebuchte Fähren ließ sich die Abfahrt jedoch nicht weiter aufschieben. „Ich bin davon ausgegangen, dass wir es nicht mal bis Dover schaffen“, berichtet Ben Coombs.

Komplizierte Einreise nach Ägypten

Irgendwie schafften sie es nach Frankreich und beschlossen dort, die Reise fortzusetzen. Ben Coombs hatte Maschinenbau studiert und konnte damit auf ein grundlegendes Technikverständnis bauen. So fand er bald ein kleines Luftleck, durch das der Motor Nebenluft zog. Nachdem er es abgedichtet hatte, verbesserte sich der Motorlauf spürbar. In der folgenden Woche durchfuhren sie diverse europäische Staaten auf dem Weg in die Türkei. Von dort aus ging es auf dem Landweg weiter nach Syrien (dort setzt unsere Bildergalerie ein) und Jordanien, wo die beiden Insassen direkt am Toten Meer in ihrem Dachzelt nächtigten. Besonders lange dauerte die Einreise nach Ägypten, wohin sie per Fähre übergesetzt hatten. Stundenlang füllten sie komplizierte Formulare aus und mussten sogar neue ägyptische Kennzeichen beantragen, ehe es endlich weiter zu den Pyramiden ging. Obwohl dieses Etappenziel bereits sehenswert war, lagen immer noch rund 16.000 Kilometer vor ihnen.

Es folgten 500 Kilometer durch die Nubische Wüste im Sudan. Die Pisten waren unbefestigt und uneben, was für einen Porsche 944 nicht unbedingt der typische Einsatzbereich ist. Zudem lagen die Temperaturen bei über 40 Grad Celsius. Dennoch steckte der Wagen alles weg und verlor unterwegs nur den Auspuff, den Coombs und Reddin auf dem Dachgepäckträger unterbrachten. Als der Sudan endlich hinter dem Team lag, ging es in einem vergleichsweise grünen Teil von Äthiopien weiter in Richtung Kenia. Dort lag mit der Straße von Moyale nach Marsabit die größte Herausforderung vor ihnen. Die Route führt durch das Grenzgebiet zwischen Kenia und Somalia, wo diverse Stämme und Menschenschmuggler gewaltsame Auseinandersetzungen miteinander führen.

944 als Offroad-Fahrzeug

„Das sind 500 Kilometer auf richtig üblen Pisten. Jedem ist klar, dass man hier auf keinen Fall anhalten sollte. Geschweige denn eine Panne haben. Wir schlossen uns einem Konvoi mit der kenianischen Armee als Begleitschutz an, aber dann regnete es zum ersten Mal seit zwei Jahren in dieser Region, und die Straßen verwandelten sich in Morast. In den riesigen Fahrrillen konnten wir nicht mit den Trucks mithalten und wurden schließlich inmitten dieses von Gangstern regierten Stammeskriegsgebiet zurückgelassen“, erzählt Coombs. Trotz diverser Spuren am Unterboden und einer defekten Benzinpumpe schaffte es der Porsche 944 schließlich doch ans Zwischenziel Marsabit. Nach erfolgreicher Reparatur ging es weiter nach Nanyuki am Äquator.

Vom Äquator bis zum Ziel in Kapstadt verblieben noch rund 8.000 Kilometer, auf denen das Team Uganda und Tansania durchquerte. Unterwegs wurden sie ausgeraubt, wobei auch der Reisepass von Laura Reddin verloren ging. Zudem trug der 944 einige Spuren eines Auffahrunfalls davon. Es folgten Fahrten durch Malawi und Sambia, wo der Wagen und seine Besatzung ebenso verwundert und begeistert begrüßt wurde, wie in Botswana und Namibia. Als letztes großes Abenteuer stand schließlich die Durchquerung der Namib-Wüste bevor. Dort brach jedoch bei einer Geschwindigkeit von etwa 65 km/h ein Kugelgelenk der Hinterachse. Hierfür hatten sie kein Ersatzteil an Bord, weshalb der Versuch unternommen wurde, die Komponenten durch Kabelbinder und Spanngurte zu fixieren. Bis zu einer wirklich tragfähigen Konstruktion vergingen jedoch mehrere Versuche mitten in der finsteren Nacht.

Defekt in der Namib-Wüste

In der gleichen Nacht zog ein heftiges Gewitter vom Südatlantik her auf. So verkrochen sich die beiden ins Auto und erlebten eine unruhige Nacht. Nach Sonnenaufgang brauchten sie weitere acht Versuche, ehe das Kugelgelenk ausreichend fixiert war und eine Weiterfahrt mit rund 30 km/h möglich wurde. Nach rund acht Stunden erreichten sie endlich eine asphaltierte Straße. Auch dort konnte der Wagen nicht mehr als 65 km/h erreichen, wodurch die Fahrt bis ins rund 1.100 Kilometer entfernte Kapstadt weitere zwei Tage dauerte. Insgesamt waren Laura Reddin und Ben Coombs 62 Tage lang unterwegs und durchquerten dabei 26 Länder und fünf große Wüsten.

Bilder: Porsche AG, Laura Reddin, Ben Coombs