Die Traumausfahrt nach Italien (Jaguar F-Type)
Eine Reise zum Gardasee ist für viele Süddeutsche ganz und gar nichts Neues. Im Gegenteil. Die Fahrt über die Brennerautobahn gleicht fast einem jährlichen Ritual. Viele Münchner nennen es ihr zweites Zuhause. Zwar würden wir nicht soweit gehen, jedoch sind genau diese 380 Kilometer zwischen unserem Büro in München und Riva del Garda die perfekte Möglichkeit um Erfahrungen und Eindrücke von Fahrzeugen zu sammeln. Es ist Freitag Mittag als ich auf den Redaktionsplan schaue und „Abschiedsreise mit dem Jaguar F-Type“ lese. Eine kleine Notiz anbei „Fahrzeug bereits angeliefert“.
Ein ganz und gar nicht leiser Abschied.
Nach rund 12 Jahren hat sich Jaguar dazu entschieden ihren F-Type Ende diesen Jahres auslaufen zu lassen. Ab Ende 2025 bringt der Hersteller dann nur noch elektrische Modelle auf den Markt. Zeit um auf einer letzten Ausfahrt Abschied zu nehmen vom 575 PS V8-Motor, der Achtgang Automatik und einem Klang, der sich als Feind der italienischen Siesta entpuppt.
In unserem Fall steht das F-Type R75 P575 Cabrio bereit, welches eines von zwei Jubiläumsmodellen darstellt. Denn Jaguar blickt in diesem Jahr auf 75 Jahre Sportwagen zurück. Angefangen mit dem XK120 über den legendären E-Type bis hin zum F-Type. Nun feiern die beiden Sondereditionen F-Type 75 und F-Type R75 die ikonischen Sportwagen aus Coventry mit ihren Kompressor aufgeladenen V8 Motoren.
Selbstsicher greife ich nach dem Schlüssel für den offenen Briten und verabschiede mich ins lange Wochenende. Neidische Blicke im Büro sind bei den Kollegen zu entnehmen. Für mich geht es auf der ersten Etappe nach Innsbruck, rund 160 Kilometer auf überfüllten Autobahnen raus aus der bayerischen Landeshauptstadt in Richtung Österreichische Alpen. Der F-Type beweist sich schnell als gemütlicher Cruiser und auch die optisch schönen Schalensitze fühlen sich auf den rund 3 Stunden durchwegs komfortabel an. Kurze Beschleunigungsphasen deuten bereits an wie kraftvoll der Kompressor V8 auf der Vorderachse sein kann. Der starke Feierabend- und Wochenendverkehr verbietet mir jedoch die ganze Kraft verspüren zu dürfen. Angekommen in Innsbruck ist es nach einer kurzen Autowäsche auch schon Schlafenszeit. 6 Stunden Schlaf müssen reichen.
Das F-Tüpfelchen
Dass der Wecker bereits um 05:00 Uhr klingelt, macht uns an jenem Morgen relativ wenig aus. Zu groß ist die Vorfreude auf die erste Passstraße, die wir für den Sonnenaufgang auf der Agenda habe. Der Pass hört auf den Namen „Penser Joch“ und bringt uns hoch auf über 2200 Meter über den Meeresspiegel. Nach der obligatorischen Fahrt über die Brennerautobahn erreichen wir gegen 06:30 die Auffahrt in Sterzing auf das Penser Joch. Schnell noch das Dach öffnen um rund 8 Sekunden später zu starten die rund 1300 Höhenmeter zu erklimmen. Die teils langgezogenen Kurven sind wie gemacht für den Briten und auch in engen Spitzkehren treibt der Allradantrieb den F-Type in Richtung Passhöhe. Die Verteilung ist dabei eher übersteuernd ausgelegt und so tänzelt das Heck des F-Types gerade bei kaltem Reifen auch mal ein bisschen aus dem Kurvenausgang. Das resultiert in hohem Fahrspaß ohne Angst haben zu müssen das Auto zu verlieren. Stetiger Begleiter im Dynamikmodus ist dabei das Schreien der 4 Rohr Abgasanlage.
„Auf dem Weg zu den 6.500 Umdrehungen steigert sich die Lautstärke exponentiell.“
Ab 3750 Umdrehungen fängt das Schreien an und verwandelt den gemütlichen Cruiser zu einer Bilderbuch V8 Symphonie. Beim Wechseln in die nächste Fahrstufe rotzt der Brite nochmal frech hinter sich her – das i-Tüpfelchen. Oder sollte man sagen das F-Tüpfelchen?
Um 06:58 erreichen wir das Haus des Alpenrosenhofs auf der Passhöhe, exakt 15 Minuten bevor die Sonne hinter den Bergen Südtirols aufgeht. Genug Zeit um noch eine passende Fotolocation zu finden und den Sonnenaufgang zu genießen.
An jenem Oktobermorgen sind wir auf dem Pass nahezu alleine, nur ein paar wenige italienische Lieferwagen kommen uns entgegen, kurz darauf noch ein Fahrer einer Alpine A110. Die gegenseitige Daumengeste gibt Bestätigung, dass sich unser frühes Aufstehen gelohnt hat.
Kurz daraufhin folgt die Fahrt bergabwärts in Richtung Bozen. Fahrwerk, Lenkung und Auspuff schalte ich zurück auf die komfortable, leise Stufe, um auf den 50 Kilometer die beeindruckende Landschaft Südtirols zu genießen, natürlich bei geöffnetem Dach. Es ist Punkt 10 Uhr als in Bozen die Bestellung über 2 Cappuccino und 2 Crossaints über den Tresen geht. Ein kurzer Spaziergang durch die Landeshauptsstadt Südtirols ist auch noch drin bevor sich die Schnauze des Jaguars wieder weiter Richtung Süden bewegt.
Nach einer kurzen Fahrt auf der Autostrada 22 entscheiden wir uns in Trient diese wieder zu verlassen. Denn in den umliegenden Bergen befinden sich augenscheinlich Dörfer, dessen Lage vermuten lässt, dass spannende Straßen dorthin führen müssen. Im Kreisverkehr außerhalb von Trient nehmen wir die dritte Ausfahrt Richtung Vason und werden umgehend mit traumhaften Straßen belohnt.
Der Klang des Briten als wir die kleinen Bergdörfer passieren, brennt sich nachhaltig in unsere Köpfe ein – kollidiert dort mit der Frage ob wir diese Emotionen auch im Jahre 2025 noch von Jaguar erwarten dürfen. Ein paar Kurven später schweifen unsere Gedanken jedoch allmählich ab, wir gestalten unser Ziel am Gardasee präziser und suchen eine Pizzeria aus. 25 Minuten beträgt nun unsere Fahrzeit noch. Nach einer gemütlichen Fahrt durch die Trienter Berglandschaft und entlang des Ufers des Gardasees erreichen wir unsere Pizzeria.
Netter Nebeneffekt ist der Blick von der Terrasse über den F-Type auf den Lago die Garda. Zeit um bei einer Pizza Capriciosa und einer Dose Lemon Soda die letzten 8 Stunden zu rekapitulieren. Ohne Frage: der Sound des Briten ist unüberhörbar und für viele Kunden vermutlich ein Kaufgrund in der Vergangenheit gewesen. Doch auf den letzten 380 Kilometern hat sich ein Gefühl entwickelt, welches so schwierig ist in Worte zu fassen. Es ist ein Mix aus dem überkräftigem V8, der britischen Eleganz, der perfekt funktionierenden Automatik und letztlich natürlich auch der charakteristische Klang, welches den F-Type zu einem Auto für absolute Connoisseure macht.
Mit seinem Preis von 141.000€ ist der F-Type R75 P575 nicht ganz billig. Wer nicht ganz so viel Geld ausgeben möchte, hat bis Dezember 2023 noch Zeit sich für die 4-Zylinder Version zu entscheiden, welche bereits ab 72.100€ erhältlich ist.
Als um kurz vor 19 Uhr die Sonne hinter den italienischen Alpen untergeht, heißt es für uns nun auf schnellstem Wege zurück nach München. Knapp 5 Stunden bleiben uns übrig um vom Jaguar F-Type Abschied zu nehmen. Zumindest von unserem Testfahrzeug, denn wir sind uns sicher das wir den britischen Sportwagen noch häufig antreffen werden, vielleicht auch genau auf jener Strecke zwischen München und Riva del Garda.
Jaguar F-Type R75 P575
Motor: 5L V8 Kompressor Motor
Leistung: 423 kW (575 PS) @6,500 rpm
Gewicht: 1865 Kilogramm
Beschleunigung: 0-100 km/h in 3.7 s
Vmax: 300 km/h Max.