Bucciali TAV 30 La Marie Torpédo Sport

Wenn heutzutage jemand eine Firma gründet und nicht innerhalb gewisser Zeit Umsätze und Gewinn erwirtschaftet, gilt sein Geschäft vor dem Finanzamt schnell als Liebhaberei. Doch genau diese Liebhaberei führte in der Vergangenheit schon häufiger zu interessanten Ergebnissen. Ein passendes Beispiel ist die Firma der Brüder Angelo und Paul-Albert Bucciali. Sie wurden 1889 und 1891 als Söhne des blinden Komponisten und Organisten Joseph Bucciali geboren. Während Angelo ursprünglich ebenfalls die musikalische Laufbahn einschlug, erwarb Paul-Albert bereits im Alter von 21 Jahren ein eigenes Automobil. Dieses veredelte er und montierte den Schriftzug „Buc“ am Kühlergrill. Sein Vermögen machte er vor dem Ersten Weltkrieg als bezahlter Kunstflieger und während des Krieges in der Fliegerstaffel „Groupe de Cignones“ (Storchengruppe). Das Logo der Staffel, einen fliegenden Storch, übernahm er später für seine Firma.

Sportwagen als reiner Blickfang?

Anfang der 1920er Jahre arbeitete Paul-Albert gemeinsam mit seinem Bruder an einem eigenen Automobil. Als dieses fast fertig war, begründeten sie die „Société Bucciali Frères“ mit Sitz in Courbevoie bei Paris. In den folgenden Jahren entstanden erst verschiedene kleinere Sport- und Tourenwagen. Ab 1927 konzentrierten sich die Brüder schließlich auf aufsehenerregende Traumfahrzeuge mit tollem Design und innovativer Technik. Allerdings entstanden nun ausschließlich Unikate, deren Anfertigung extrem teuer war. Eine kostendeckende Produktion war somit unmöglich. Stattdessen steckte die Familie Bucciali ihr eigenes Vermögen in diese Autos. Zudem verkaufte man anderen Herstellern Technologie-Lizenzen, beispielsweise für den Vorderradantrieb. Experten gehen heute davon aus, dass die ebenfalls mit Frontantrieb ausgestatteten Sportwagen aus der Zeit zwischen 1927 und 1932 hauptsächlich als Blickfang für potenzielle Geschäftspartner dienen sollten.

Kooperation für zwei Jahre

1930 schien das merkwürdige Geschäftsmodell tatsächlich aufzugehen. Nachdem Bucciali auf verschiedenen Autoausstellungen Unikate ausgestellt hatte, gab es einen ernsthaften Interessenten für eine Kooperation. Die Peerless Motor Car Corporation aus Cleveland/Ohio wollte nicht nur Fahrzeuge von Bucciali in den USA anbieten, sondern auch die Patente für Vorderradantrieb verwenden. Allerdings scheiterte die Partnerschaft noch vor Unterzeichnung der Verträge, da Peerless aufgrund der Weltwirtschaftskrise aus dem Automobilbereich ausstieg und stattdessen zum Bierbrauen überging. Stattdessen stieg im Herbst 1930 Emile Guillet aus Frankreich als Investor bei Bucciali ein. Dieser verließ 1932 im Streit die Partnerschaft, was letztlich zur Einstellung der Produktion führte. Insgesamt entstanden bis dahin wohl allenfalls 25 bis 35 Fahrzeuge. Paul-Albert Bucciali entwickelte weiterhin Autos und Autoteile, wobei einige davon nie über den Status von Studien auf dem Reißbrett hinauskamen.

Bucciali TAV 30 bei Bonhams

Ab 1926 stellte Bucciali jedes Jahr im Oktober einen neuen Fahrzeugtyp auf dem Pariser Autosalon vor. Dabei handelte es sich teilweise um nicht fahrtüchtige Chassis und teilweise um komplett neue Modelle, alle versehen mit dem Kürzel TAV für Traction AVant (Vorderradantrieb). Für die Gestaltung der Karosserien zeichneten diversen Quellen zufolge die Brüder selbst verantwortlich. Häufig handelte es sich dabei um Coupés im Faux-Cabriolet-Stil, also mit Stoff auf dem Blechdach. Die Anfertigung erfolgte allerdings bei externen Karosseriebauern wie beispielsweise Saoutchik. Ein Beispiel dafür ist der TAV 30, der 1930 und 1931 auf verschiedenen Messen stand. Angetrieben wurde dieser Typ von einem 5,2 Liter großen Achtzylindermotor von Lycoming, einem Unternehmen der Cord Gruppe aus den USA. Angeblich entstanden drei bis vier Exemplare, von denen zwei heute noch bekannt sind. Eines versteigert Bonhams im Rahmen der Monterey Car Week.

Bilder: Bonhams