Bentley Cresta

Nach dem Zweiten Weltkrieg baute Bentley den Mark VI und den R-Type, letzteren auch als Continental. Soweit, so richtig. Aber es gab zusätzlich auch ein Kleinserienmodell, das heute annähernd unbekannt ist und daher für uns von Secret Classics umso interessanter ist: Den Cresta. Dieses edle Coupé mit italienisch-französischen Wurzeln ist mehr als nur einen kurzen Seitenblick wert. Also rollen wir die Zeit zurück bis ins Jahr 1946, als sich Europa langsam von der schrecklichen Kriegszeit erholte. Viele Länder lehnten damals kategorisch den Handel mit früheren Nazi-Staaten wie Deutschland und Italien ab. Besonders drastisch zog Frankreich dieses Verbot durch. Als im September 1946 erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder der Pariser Autosalon stattfand, waren Aussteller aus Deutschland und Italien verboten.

Verbot kreativ umgangen

Dieses Verbot traf kleine Firmen natürlich deutlich härter als große. Unter ihnen war die kleine Karosseriebaufirma von Battista „Pinin“ Farina. Das klare „nein“ der Ausstellungsleitung akzeptierte er indes nicht. Gemeinsam mit seinem Sohn Sergio machte er sich mit zwei Fahrzeugen auf den Weg nach Paris, einem Alfa Romeo und einem Lancia. Diese parkte er direkt vor dem Haupteingang des Grand Palais, in dem der Auto Salon ausgerichtet wurde. Zeitweise standen mehr Messebesucher draußen rund um diese beiden inoffiziellen Ausstellungsstücke als in der Halle an den Messeständen. Dies rief natürlich auch die Messeleitung auf den Plan, die Battista Farina für die folgende Messe endgültig auf die Liste der unerwünschten Personen setzen ließ. Allerdings hatten die beiden Autos genug potenzielle Kunden erreicht. Unter ihnen war auch Jean Daninos, Chef der französischen Firma Facel-Metallon. Nachdem Farina einen Brand seiner Werkstatt verdauen musste, bot Daninos ihm ein lukratives Geschäft an.

Gemeinschaftsprojekt von Farina und Facel

Gemeinsam mit Walter Sleator, dem damaligen Chef des Pariser Bentley-Händlers Franco-Britannic Automobiles, schlug Daninos vor, eine hübsche Coupé-Karosserie auf dem Fahrgestellt des Bentley Mark VI zu entwickeln. Das Design sollte Farina übernehmen, während die Konstruktion bis hin zum fertigen Auto bei Facel in Frankreich erfolgen sollte. Battista Farina nahm diesen Vorschlag gern an und machte sich ans Werk. In seiner renovierten Werkstatt entstanden schließlich auch die ersten zwei oder drei Prototypen des Cresta getauften Fahrzeugs. Im Vergleich zu den anschließend bei Facel gebauten zehn Exemplaren erhielten sie noch einen breiteren Kühlergrill, der weniger an den Bentley-Grill erinnerte. Diesen verbauten die Franzosen auf direkten Wunsch von Bentley in Crewe, die das Projekt genau beobachteten. Aus den Erkenntnissen entstand einige Jahre später der Mulliner Fastback. Tatsächlich modifizierte Bentley eigens die an Facel gelieferten Mark-VI-Fahrgestelle mit einer niedrigeren Lenksäule und weiteren kleinen Details. 1951 entstand zudem das Unikat Cresta II für Frau Daninos.

Finaler Cresta steht zum Verkauf

Extra für diesen besonderen, vom Werk teilweise unterstützten Bentley entstand damals ein besonderes Logo, das die Firmennamen von Farina und Facel zusammenfügte. Das finale Exemplar der ursprünglichen Cresta-Serie trägt die Fahrgestellnummer B167JN. Erstaunlicherweise stehen seit der Erstauslieferung 1951 erst zwei Besitzer in den Papieren. Zudem fand noch nie eine Restaurierung statt, wodurch dieses Auto seine bisherige Geschichte stolz zeigen kann. Zum Fahrzeug gehört eine umfangreiche Dokumentation inklusive Fertigungsunterlagen, Zulassungspapieren und Rechnungen. Selbst das vom Erstbesitzer Francois Lugeon in Auftrag gegebene, dreiteilige Gepäckset ist erhalten geblieben. Aktuell bietet der Oldtimerhändler Hyman Ltd. in den USA das Fahrzeug an, nachdem es zuletzt vor rund 20 Jahren den Besitzer gewechselt hatte. Auf dem Preisschild stehen 399.500 US-Dollar. Sicherlich nicht zuviel für eine Zeitmaschine in die 1950er Jahre, von der lediglich 12 oder 13 Stück entstanden sind.

Bilder: Hyman Ltd.