Automotive Art 23 – Maserati 250F

Bill Pack stellt uns in Folge 23 der Automotive Art einen legendären Formel-1-Rennwagen vor. Mit dem Maserati 250F starteten in den 1950er Jahren einige berühmte Fahrer.

Herzlich willkommen zu einem neuen Teil unserer monatlichen Automotive Art Sektion mit Fotograf und Lichtkünstler Bill Pack. Er rückt das Design von Oldtimern in besonderem Maße in Szene und erklärt seine Interpretation der Styling-Ideen mit einigen interessanten Bildern, die er in seinem eigenen Stil aufgenommen hat.

In den Kopf des Designers – von Bill Pack

Es ist einfach, viele Fakten und Informationen über jeden Automobil-Designer zu erfahren. So lässt sich schnell herausfinden, für welche Firmen sie im Laufe der Zeit gearbeitet haben, welche Automodelle sie entworfen haben und welche Innovationen sie in die Branche gebracht haben. Wir wissen also viel von ihnen, aber wir kennen sie nicht. Mit meinen Bildern versuche ich, in die Seele und den Geist des jeweiligen Designers zu gelangen. Ich konzentriere mich auf bestimmte Teile des Autos und verwende meine Beleuchtungstechnik, um die emotionalen Linienführungen des Designers hervorzuheben.

1956 Maserati 250F – Designed by Medardo Fantuzzi

Ein Fest in Bewegung – Ich hatte das seltene Privileg, vom Phoenix Art Museum den Auftrag zu erhalten, durch die Vereinigten Staaten zu reisen und meine Automobilkunst-Bilder für die Ausstellung „Legends of Speed“ zu erschaffen. Diese Ausstellung lief bis zum 15. März 2020 und zeigte 22 ikonische Rennwagen aus den Jahren 1911 bis 1978.

Jedes dieser Autos wurde in bedeutenden Rennen von ikonischen Fahrern gefahren. Von Sir Stirling Moss bis Dan Gurney und Mario Andretti, von Le Mans und Indianapolis 500 bis zum Grand Prix von Italien und vielen anderen. Die Rennsporthistorie ist reich an Geschichten.

Mein Teil dieser Geschichte war eine zwölftausend Meilen lange Gran Turismo, die mich in alle vier Ecken der Vereinigten Staaten und in einige der begehrenswertesten und bedeutendsten Privatsammlungen der Welt führte.

Eines dieser Ziele lag in einem nordöstlichen US-Bundesstaat, wo ich den Tag mit einer wunderbaren Fantuzzi-Schöpfung, dem Maserati 250F von 1956 verbrachte.

Der als eine der Säulen des italienischen Automobildesigns bekannte Medardo Fantuzzi aus Bologna wurde 1906 geboren. Er fand seinen Weg nach Modena und begann ein Leben der automobilen Perfektion. Seinen Höhepunkt erreichte er in den 1950er und 60er Jahren. Seine Entwürfe für Maserati und Ferrari sind raffinierte Meisterwerke von Anmut und Schönheit.

Sie finden Fantuzzi in den Linien, die den Maserati A6 GCS, den Maserati 350S, den Maserati 200S, den Ferrari 250 Testa Rossa Spyder, den Ferrari 330, die OSCA Barchetta 1500 372FS und den Maserati 450S von 1957 zieren. Diese Linien der Anmut, die auch den Maserati 250F von 1956 bildeten, wurden im Kopf von Fantuzzi geboren, als er für Maserati als Hausdesigner arbeitete.

Mark Bisset von Primotipo fasst den Maserati 250F folgendermaßen zusammen: „Gekleidet in eine Karosserie, die der feinsten italienischen Höflinge würdig ist, ist er für mich der bestaussehende Frontmotor-Grand-Prix-Wagen von allen. Er verkörpert alles, was an italienischen Design, Technik, Styling und Konstruktion großartig war und ist. Die Leistung des Wagens passte zu seinem Aussehen. Er debütierte beim Großen Preis von Argentinien 1954 und gewann das Rennen in Fangios Händen. Der 250F gewann insgesamt acht Grand Prixs der Meisterschaft und unzählige Nicht-Meisterschaftsrennen in den Händen von Dutzenden von Fahrern bis 1960.“

Genießen Sie die Schönheit und Genialität von Fantuzzi in diesen Bildern des Maserati 250F von 1956.

Maserati 250F – Details von Matthias Kierse

Aus der Frühzeit der Formel 1 gibt es eigentlich nur zwei Rennwagen, die jeder Fan sofort erkennt. Neben dem Mercedes-Benz W 196 ist das der Maserati 250F. Im Gegensatz zur heutigen Zeit, wo einzig die Corona-Pandemie dazu führt, dass die Fahrzeuge ausnahmsweise mal zwei Jahre in Folge nahezu unverändert Verwendung finden, nutzten die Teams und Hersteller damals grundsätzlich ihre Rennwagen mehrere Jahre lang. Im Falle des 250F ging die aktive Karriere von 1954 bis 1960.

Als Basis diente der Maserati A6GCM. Fünf dieser Rennsportwagen-Chassis wurden zu Monoposto-Fahrzeugen umgebaut. Weitere sechs entstanden aus bestehenden anderen Formel-Fahrzeugen der Marke. Anschließend baute Maserati noch 22 reine 250F neu auf. Somit gab es insgesamt 33 Exemplare.

Auch das Reihensechszylinder-Triebwerk stammte in seinen Grundzügen vom A6GCM. In einem Aluminium-Motorblock ließen die Techniker gusseiserne Zylinderlaufbuchsen ein. Die zwei Ventile pro Zylinder trieben oben liegende Nockenwellen an. Über eine Kardanwelle gelangte die Kraft von anfänglich rund 270 PS zum an der Hinterachse angeflanschten Viergang-Getriebe. Ab 1956 gab es eine Weiterentwicklung mit einem neu entwickelten, rund 315 PS starken V12-Triebwerk. Dieses bot jedoch durch Kinderkrankheiten keine Vorteile gegenüber dem alten Sechszylindermotor. Erst in den 1960er Jahren sammelte der Cooper Rennstall mit einem auf drei Liter Hubraum erweiterten Maserati V12 einige Erfolge inklusive zwei Siegen.

Maserati wollte den 250F ursprünglich als reines Kundenfahrzeug anbieten. Hierfür konstruierten die Italiener den ursprünglich 6C2500 getauften Rennwagen möglichst wartungsfreundlich. Relativ bald änderte man die Bezeichnung auf 250F, wobei die Zahl weiterhin den Hubraum von 2,5 Litern angab und das ‚F‘ den Formel-Rennsport angab. Gleichzeitig gab es die Rennsportwagen 200S, 250S, 300S und 450S, bei denen das ‚S‘ für Sportwagen stand.

Wie von Bill Pack oben bereits erwähnt tauchte der Maserati 250F erstmals beim Großen Preis von Argentinien 1954 auf. Dort trat die Werksmannschaft inoffiziell an, da man sich immer noch nicht zu einem offiziellen Auftritt durchgerungen hatte. Erst nachdem Juan Manuel Fangio auch das zweite Saisonrennen in Belgien souverän gewonnen hatte, begründete man ein Werksteam und schrieb sich offiziell in die Weltmeisterschaft ein.

Dies führte dazu, dass die neu aufgebauten Rennwagen behalten wurden, man aber gleichzeitig die Kundenbestellungen abarbeiten musste. Aus diesem Grund kam man auf die Idee, alte A6GCM umzubauen. Diese Fahrzeuge waren den neu entstandenen Werkswagen jedoch schon allein aufgrund des anderen Fahrwerks unterlegen. Während in der Werksmannschaft nach dem Wechsel von Juan Manuel Fangio zu Mercedes-Benz noch die Herren Harry Schell, Onofre Marimón, Luigi Musso und Roberto Mieres antraten, saß ein gewisser Stirling Moss fast bei allen Rennen 1954 in einem privat eingesetzten Maserati 250F.

Für 1955 wechselte Maserati auf ein Fünfgang-Getriebe. Außerdem veränderte man die Karosserie des 250F ein wenig, wodurch er etwas kürzer und zugleich strömungsgünstiger wurde. Mit dieser Ausbaustufe errang der neue Werksfahrer Jean Behra den vierten Platz beim Großen Preis von Italien. Siege waren gegen den inzwischen ausgereiften Mercedes-Benz W 196 nicht möglich.

Nachdem man bereits vor der Saison 1955 mit einer mechanischen Bosch-Benzineinspritzung experimentiert hatte, kam ein vergleichbares System 1956 schließlich zum Einsatz. Zugleich erhielten die 250F des Werksteams ein modifiziertes Fahrwerk und einen um sechs Grad geneigten Motor. Letzteres hatte zur Folge, dass die Kardanwelle links am Fahrersitz vorbeigeführt werden und der Fahrer dadurch tiefer im Cockpit Platz nehmen konnte. Einer dieser Piloten war nun Stirling Moss, der für das Werksteam die Rennen in Monaco und Italien gewinnen konnte.

Die Werksrennwagen für die Saison 1957 basierten auf einem neuen Gitterrohrrahmen, dessen Stahlrohre sehr dünn ausfielen. Juan Manuel Fangio war zu Maserati zurückgekehrt und steuerte den 250F nicht nur zu vier Rennsiegen, sondern auch zu seinem fünften Weltmeistertitel. Aus finanziellen Gründen beendete Maserati nach der Saison 1957 die Werksaktivitäten im Motorsport.

Trotzdem entstanden noch drei weitere 250F für Kundenteams wie Temple-Buell aus den USA. Dieses verpflichtete für 1958 unter anderem Carroll Shelby und Masten Gregory, konnte jedoch gegen deutlich neuere Formel-1-Renner mit Mittelmotorkonzept keinen Stich mehr landen. Auch die Rennfahrerin Maria Teresa de Filippis errang keine Podestplatzierung. Bis 1960 tauchten trotzdem weitere privat eingesetzte 250F im Renngeschehen auf. Insgesamt kam dieser Rennwagentyp durch die vielen gebauten Exemplare auf 277 Einsätze bei 46 Formel-1-Rennen und insgesamt acht Siege. Hinzu kamen diverse Teilnahmen bei Grand-Prix-Rennen, die nicht zur F1-Weltmeisterschaft zählten.

Heutzutage sieht man den Maserati 250F nur noch in ausgesuchten Automuseen oder bei historischen Rennveranstaltungen wie dem Oldtimer Grand Prix auf dem Nürburgring. Stirling Moss, zwischenzeitlich von Queen Elizabeth II zum ‚Sir‘ geadelt, bezeichnete den 250F als „besten Frontmotor-Formel-1-Rennwagen, den ich gefahren habe“.

Autoren: Bill Pack, Matthias Kierse

Bilder: © by Bill Pack