Jaguar E-Type Lightweight Low Drag

Welcher Jaguar E-Type ist das berühmteste Exemplar der Baureihe? Schwer zu sagen. Der Wagen mit Kennzeichen 4868WK dürfte jedoch weit oben auf der Liste stehen. Es handelt sich um eine von nur 12 im Werk gebauten Lightweight-Versionen. Damit jedoch nicht genug. Im Auftrag des damaligen Jaguar-Händlers aus Frankfurt, Peter Lindner, erhielt der Wagen zusätzlich eine veränderte Karosserie. Mehr dazu später. Nach einer kurzen Renngeschichte, langer Zeit der Einlagerung und einer umfangreichen Restaurierung wechselte dieser besondere E-Type kürzlich den Besitzer. Die Fäden hierfür führte im Hintergrund der Oldtimerexperte Max Girardo mit seinem Team.

Lightweight als Kundenrennfahrzeug

Doch beginnen wir ganz am Anfang. Jaguar hatte mit C-Type und D-Type große Motorsporterfolge eingefahren. Viele Privatrennfahrer hofften darauf, mit dem neuen E-Type, der 1961 debütierte, daran anknüpfen zu können. Allerdings war das neue Modell eher als komfortabler Straßensportwagen abgestimmt worden. Während sich einige Fahrer anderen Marken zuwandten, blieben andere hartnäckig und baten das Werk um eine adäquate Rennvariante. 1963 kam dabei der E-Type Lightweight heraus, von dem jedoch nur 12 Exemplare entstanden sind. Alle gingen an Privatrennfahrer. In jüngerer Zeit folgten sechs weitere Fahrzeuge in einer Continuation Serie. Alle verließen das Werk mit offener Roadster-Karosserie, auf der ein Hardtop fest verschraubt wurde. Die verchromten Stoßstangen entfielen und das Interieur kam ohne Dämm-Material und Komfortoptionen.

Zwei Rennsiege in Originalausführung

Peter Lindner leitete in Frankfurt einen großen Autohandel und importierte Fahrzeuge von Jaguar für den deutschen Markt. Nebenher nahm er an Autorennen teil und hatte sich mit einem Mark II bereits einen guten Namen gemacht. Als der E-Type Lightweight angekündigt wurde, reichte er umgehend eine Bestellung ein. Er erhielt das Fahrzeug mit Fahrgestellnummer S850662 und setzte es erfolgreich bei Sportwagenrennen ein. Innerhalb der Saison 1963 siegte er auf der AVUS in Berlin und auf dem Norisring in Nürnberg. Für das Folgejahr plante er einen Einsatz bei den 24 Stunden von Le Mans. Allerdings war ihm klar, dass er mit der normalen Karosserie dort nicht konkurrenzfähig sein würde. Daher nutzt er seine guten Kontakte zum Jaguar-Werk in Coventry.

Weniger Luftwiderstand, mehr Leistung

Dort hatte sich Chefdesigner Malcolm Sayer bereits in seiner Freizeit mit einem aerodynamisch gestalteten E-Type beschäftigt. Sein Ziel war dabei die Reduzierung des Luftwiderstands, auf englisch ‚low drag‘. Im Windkanal kam er auf 84 Prozent des ursprünglichen Wertes für einen E-Type Roadster mit Hardtop. Dieses Konzept legte er nun Peter Lindner vor, der umgehend eine Umsetzung auf Basis seines E-Type Lightweight bestellte. Sayer und sein Team erstellten die Karosserie aus aneinandergenieteten Aluminiumblechen. Während die Grundsilhouette mit der langen Haube und den geschwungenen Kotflügeln klar an den E-Type erinnerte, wich die Dachlinie deutlich davon ab. Zeitgleich erhielt das Fahrzeug diverse Motor-Upgrades wie neue Auspuffkrümmer. Laut Werksunterlagen entstand so der leistungsstärkste E-Type mit dem ursprünglichen 3,8-Liter-Reihensechszylindermotor. Passend zu den rund 340 PS erhielt der Wagen einen Tacho bis 200 mph (rund 322 km/h).

Kurze Rennkarriere als Low-Drag-Coupé

Zum Anfang der Rennsaison 1964 stand der erste und letztlich einzige E-Type Lightweight Low Drag fertig auf seinen Rädern. Peter Lindner nannte das Auto für das 1.000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring gemeinsam mit Peter Nöcker. Beide kannten sich bereits aus diversen anderen gemeinsamen Rennen. Gemeinsam gingen sie auch ins 24-Stunden-Rennen in Le Mans, wo der E-Type gegen Fahrzeuge wie den Ferrari 250 GTO oder das Shelby Cobra Daytona Coupé antrat. Trotz aussichtsreicher Position schied das Team Lindner/Nöcker in den frühen Morgenstunden aus. Einige Monate später bei den 1.000 Kilometern von Paris auf dem Rennkurs von Montlhéry verunfallte Peter Lindner und verstarb an den Folgen des Unfalls.

Umfangreicher Neuaufbau

Durch den tödlichen Unfall beschlagnahmte die französische Polizei das Wrack und hielt es viele Jahre lang unter Verschluss. Erst 1974 konnte Patrick Linsard einen Kaufvertrag unterzeichnen. Anschließend landete der E-Type erst bei Lynx in Großbritannien und schließlich in der Rosso Bianco Collection in Aschaffenburg. Als diese 2007 schließen musste, kaufte Peter Neumark den Wagen im Bestreben, die Low-Drag-Karosserie zu restaurieren. Für diese Arbeiten beauftragte er die E-Type-Spezialisten von Classic Motor Cars (CMC) in Großbritannien. Insgesamt flossen mehr als 5.000 Arbeitsstunden allein in die Wiederherstellung der äußeren Form unter Beibehaltung soviel originaler Substanz wie möglich. Auch wenn es unglaublich erscheint, konnten 90 Prozent der originalen Bleche wiederverwendet werden. Weitere 4.000 Stunden flossen in Technik und Interieur. Nun verkaufte Peter Neumark das Auto über Girardo & Co. an einen neuen Besitzer.

Bilder: Girardo & Co.