20 Jahre Pagani Zonda

Mein lieber Zonda, 20 Jahre bist Du nun schon alt und wenn man Dich so ansieht glaubt man es einfach nicht, stellst Du doch mit Deinem zeitlosen Design manch jüngeren Wettbewerber nicht nur einfach in den Schatten, sondern dies sogar überaus deutlich. Deutlich wurde dies auch auf dem diesjährigen Autosalon in Genf, wo Du neben Deinem jüngsten Bruder, dem Zonda HP Barchetta den Pagani-Stand geschmückt hast und alle Blicke auf Dich gezogen hast. Wie Du es geschafft hast, Dich so lange jung zu halten, möchten wir nun im folgenden Text darlegen. Dies geht jedoch nicht ohne einen kleinen Exkurs in die Automobilgeschichte.

Juan Manuel Fangio, welchem Autofan ist dieser Name kein Begriff? Die Formel-1-Legende aus Argentinien, der erste Fahrer, der jemals fünf Formel-1-Titel erreichte und die Inspiration für einen jungen Argentinier in Italien namens Horacio Pagani. Sein Traum: ein Auto für sein Idol beziehungsweise mit dem Namen seines Idols zu bauen. Leider verstarb Juan Manuel Fangio 1995 und damit vor der Premiere des ersten Pagani im Jahr 1999. Zunächst war angedacht das Fahrzeug ‚Fangio F1‘ zu nennen. Aus Respekt vor dem großen Meister entschied man sich dann jedoch um und benannte den Wagen nach einem Wind der Kordilleren der argentinischen Anden: Zonda. Horacio Pagani und Juan Manuel Fangio trafen sich bereits einige Zeit vor der Premiere des ersten Pagani-Sportwagens und Fangio war so von dem jungen Mann beeindruckt, dass er seine guten Kontakte nach Stuttgart spielen ließ und Horacio Pagani somit zukünftig Mercedes-Motoren für seine Sportwagen bekam.

Was die Messebesucher dann in Genf 1999 zu sehen bekamen war ein Paukenschlag. Eine silberne Flunder, die durchaus Anleihen an die damaligen Gruppe-C-Sportwagen trug, mit einem Innenraum, der ein wahres Kunstwerk war. Die Karosserie fertigte man selbstverständlich aus Carbon. Das sechs Liter große V12-Triebwerk war aus den großen Stuttgarter Limousinen der Zeit bekannt. 408 PS konnten dann im Zonda auch mal zeigen, was tatsächlich in ihnen steckt. Schnell hatte Horacio Pagani seinen Ruf als Michelangelo der Automobilbauer weg. So fiel zumindest das Urteil eines seiner frühen Kunden namens Benny Caiola aus New York aus.

Immerhin sechs Fahrzeuge seines Erstlingswerkes erblickten das Licht der Welt, bevor man im Jahr 2000 die erste Evolutionsstufe namens Zonda C12 S auf den Markt brachte. Diese trug nun einen von AMG optimierten und erstarkten V12-Motor in seinem Rücken der gut 550 PS leistete. Karosserieseitig verschwand der durchgängige Heckflügel und wich zwei kleineren, eleganteren Flügeln auf der Motorhaube. Der C12 S wurde in 15 Einheiten gebaut. Im Jahr 2002 verschwand er aus dem Programm und wurde durch den C12 S 7.3 ersetzt, dessen Motor nunmehr 7,3 Liter Hubraum aufwies. Der Leistungszuwachs selbst blieb mit 5 PS eher marginal. Dieser Motor fand übrigens auch im Mercedes-Benz SL 73 AMG Verwendung. Der C12 S 7.3 wurde erstmals auch als offener Roadster präsentiert und ich erinnere mich noch gut, wie ich damals mit offenem Mund in Genf vor dem gelben Roadster mit gelbem Straußenleder im Innenraum stand. Ein unglaublich schönes Fahrzeug, das bleibenden Eindruck hinterließ.

Im Jahr 2005 wurde der C12 S 7.3 nach 17 Coupés und 12 Roadstern durch den Zonda F ersetzt, wobei das ‚F‘ nun doch endlich für ‚Fangio‘ stand. Präsentationsort war wie bei nahezu allen Neuheiten von Pagani der Genfer Autosalon. Den Zonda F gab es wieder als Coupé und Roadster, sowie in einer leistungsstärkeren Clubsport-Variante, die für beide Karosserieformen angeboten wurde. Während der normale Zonda F 602 PS standen im Clubsport 650 PS bereit. Wenig erstaunlich ist, dass sich alle F-Interessenten für diesen Leistungszuschlag entschieden haben. Insgesamt produzierte Pagani 30 Coupés und 25 Roadster.

Wie Wandlungsfähig der Zonda sein kann und wieviel Potenzial in im steckte zeigte Pagani im Jahr 2008, als der Zonda Cinque erschien. Jeweils fünf Coupés und fünf Roadster wurden gebaut. 2010 stand der Zonda Tricolore in Genf. Eine Reminiszenz an die weltberühmte ‚Frecce Tricolore‘, Italiens Kunstflugstaffel, die im gleichen Jahr ihren 50. Geburtstag feierte. Es gibt wohl kaum eine respektvollere Huldigung.

Die wohl extremsten Varianten des Zonda sind der Zonda R und der Zonda Revolucion. Beide Fahrzeuge waren nur für Rennstrecken geplant und erhielten daher von Anfang an keine Straßenzulassung. Gleichzeitig kümmerte sich Horacio Pagani bewusst um keinerlei Reglements, wodurch weder Zonda R noch Zonda Revolucion an Rennserien teilnehmen können. Stattdessen konnten die Techniker zeigen, was der Zonda alles kann. Der Zonda R wurde im Jahr 2007 präsentiert und sein V12 leistete nunmehr gute 750 PS. 2013 schob man den Revolucion mit guten 800 PS nach. Mit dem Zonda R umrundete Marc Basseng 2010 die Nürburgring Nordschleife in 6:47,50 Minuten. Angeblich gab es anschließend auch eine Rekordfahrt mit dem Zonda Revolucion. Es gibt jedoch bis heute weder Foto- noch Videoaufnahmen, die eines der fünf gebauten Fahrzeuge auf der Nordschleife zeigen und damit die angebliche Rundenzeit von 6:30 Minuten untermauern würden.

Als Vorläufer des Zonda R und Revolucion mag man vermutlich am ehesten den Zonda C12 Monza ansehen, der im Jahr 2004 in Paris auf dem Autosalon präsentiert wurde. Auch der C12 Monza wurde für einen vermögenden Kunden als reines Rundstrecke-Rennfahrzeug aufgebaut. Man verzichtete auch hier auf eine FIA-Homologation und damit auch auf jegliche Teilnahmen an offiziellen Rennsportveranstaltungen. Das es auch anders geht zeigte man gute zwei Jahre vorher. 2002 entwickelte man den Zonda C12 GR für die American Le Mans Series (ALMS). Im Jahr 2003 nahm dieser Zonda an den 12 Stunden von Sebrind und den 24 Stunden von Le Mans teil, musste jedoch beide Rennen mit Technikdefekten aufgeben. In den Folgejahren tauchte der Wagen immer wieder bei Testläufen der FIA-GT-Meisterschaft auf und wird bis heute bei Läufen der DMV-GTC eingesetzt – allerdings inzwischen soweit modifiziert, dass von der einstigen Seriennähe nichts mehr geblieben ist. Es ist der dennoch bis heute der einzige Pagani Zonda mit Rennhistorie.

Was aber macht den Zonda so einizigartig und begehrenswert? Es ist sicherlich die Kombination aus italienischer Schönheit gepaart mit germanischer Technik und Zuverlässigkeit. Legenden entstehen jedoch auch dadurch, dass die Kunden schlussendlich ihr eigenes, ganz persönliches Fahrzeug bei Pagani kreiieren können. Beispiele hierfür sind neben zahlreichen nachträglichen Umbauten natürlich auch die Einzelstücke für vermögende Besitzer. Das bekannteste Exemplar ist vermutlich der Zonda 760LH von Lewis Hamilton.

Mit tränenden Augen naht nun die Zeit des Abschiedes von diesem legendären Zwölfzylinder-Sportwagen. Nicht jedoch ohne ein neues Highlight zu setzen. Die Legende lebt im Zonda HP Barchetta weiter. Pagani selbst sprach bei der Premiere zum wiederholten Male davon, dass es sich um die letzten jemals gebauten Pagani Zonda handeln würde. Drei Stück sollen insgesamt entstehen und es ist das vermutlich teuerste Serienfahrzeug der Welt, wobei selbst die aufgerufenen 15 Millionen Euro plus Steuern die Kunden nicht abgeschreckt haben und Horacio Pagani wohl vermutlich deutlich mehr HP Barchetta hätte verkaufen können. Dafür vergab er aber inoffiziell noch mindestens zwei weitere Fahrzeuge, die als individuelle Einzelstücke entstehen und die Baureihe nach rund 140 Exemplaren insgesamt würdig in Rente schicken.

Mein lieber Zonda, stoßen wir nun auf die nächsten zehn Jahre und den Fortbestand Deiner Legende an.

Autoren: Oliver Kühlein, Matthias Kierse

Bilder: Pagani