Toyota Century V12

Wenn Sie einen Blick in unsere Bildergalerie werfen, was sehen Sie? Richtig, eine große Limousine. Vermutlich kann man dem Wagen zudem ansehen, dass er den 1990er Jahren entstammt und aufgrund seines Designs wohl am ehesten einem japanischen Hersteller zuzuordnen ist. Die auf den vorderen Kotflügeln positionierten Außenspiegel und die Lenkung auf der rechten Seite sind für Kenner zudem ein guter Hinweis darauf, dass dieses Auto direkt aus Japan stammt. Alles soweit richtig. Was die Bilder allerdings nicht zeigen ist die absolute Besonderheit dieses Fahrzeugs. Diese steckt unter der Motorhaube und treibt mit den in Japan üblichen 206 kW/280 PS die Hinterräder an. Diese Leistungsgrenze galt als freiwillige Selbstkontrolle japanischer Hersteller und wurde zumindest auf dem Papier von allen dortigen Marken eingehalten. Man darf jedoch davon ausgehen, dass sowohl bei diversen in den 1990ern gebauten japanischen Sportwagen als auch bei dieser Limousine einige zusätzliche Pferdchen mitgaloppierten. Immerhin handelt es sich hier um die zweite Modellgeneration des Toyota Century und damit um das bis heute erste und einzige japanische Auto mit einem V12-Triebwerk. Dieses verfügt über fünf Liter Hubraum und gibt neben den offiziell 280 PS auch ein maximales Drehmoment in Höhe von 460 Newtonmetern auf das Automatikgetriebe frei. Frühe Exemplare verfügten über vier Vorwärtsgänge, später verbaute Toyota eine Sechsgang-Automatik.

Sie kennen den Toyota Century nicht?
Doch erst einmal gilt es zu klären, was denn bitte ein Toyota Century ist. Außerhalb des heimischen Marktes Japan kennt diese luxuriöse Oberklasse-Limousine fast niemand. Ihr Debüt feierte sie 1967 zum 100-jährigen Geburtstag von Markengründer Sakichi Toyoda, weshalb auch der Modellname gewählt wurde. Da man von Anfang an nur mit einer geringen Stückzahl rechnete, gleichzeitig jedoch soviel Luxus und Qualität wie irgend möglich bieten wollte, verlagerte Toyota die Fertigung zu Kanto Auto Works Ltd., wo der Century fast ausschließlich in Handarbeit entsteht. Die üblicherweise schwarze oder dunkelblaue Lackierung umfasst sieben von Hand aufgetragene Lackschichten. Das Chrom der Stoßstangen, Schweller und Außenspiegelkappen polieren die Mitarbeiter in stundenlanger Kleinarbeit ebenfalls manuell.

Neben Konzernbossen und hohen Würdenträgern gehörte von Anfang an auch die japanische Regierung und das japanische Kaiserhaus zum Kundenkreis für dieses besondere Fahrzeug. Über die speziell für den Kaiser angepassten Exemplare gibt es aus Geheimhaltungsgründen nur wenige Details. In der neuesten Ausführung als Century Royal sollen diese Autos allerdings neben einer Panzerung auch Trittbretter aus Granit und einen Innendachhimmel aus Reispapier erhalten haben. Generell gilt für dieses Oberklasse-Modell, dass es von Toyota nur sehr zurückhaltend beworben wird, da die in Frage kommenden Kunden eh von seiner Existenz wissen. Im Gegensatz zur europäischen und amerikanischen Kultur empfindet diese Klientel ein mit hochwertigem Wollstoff ausgeschlagenes Interieur als deutlich exklusiver und komfortabler als eine Leder-Vollausstattung. Ebenso nutzt man in Japan gern elektrische Spitzengardinen an den Fond-Scheiben, um Passanten den Blick auf die Fahrgäste zu verwehren.

Die erste Modellgeneration des Toyota Century trat in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren gegen den Nissan President und den Mitsubishi Debonair an. Seit beide Modelle 1999 und 2010 endgültig eingestellt wurden, steht der Toyota allerdings konkurrenzlos da und muss sich in Japan nur noch gegen die europäischen Mitbewerber durchsetzen, die jedoch eine andere Zielgruppe verfolgen. Während man dort vielfach nach jungdynamischen Managern sucht, möchte der Century das Auto für diejenigen sein, die sich seinen Kaufpreis durch harte Arbeit in einem einfachen aber eleganten Anzug verdient haben. Bereits die erste Generation war mit ihrem V8-Triebwerk und einer entsprechend abgestimmten Federung voll und ganz auf Komfort und Laufruhe ausgelegt. Zwischen 1967 und 1997 erfolgten nur minimale optische Veränderungen, während parallel der Motor von ursprünglich drei auf 3,4 und schließlich auf vier Liter Hubraum anwuchs. 1997 folgte schließlich der Wechsel auf die zweite Modellgeneration, für die Toyota eigens den bereits erwähnten V12-Motor entwickelte.

Umfangreiche Serienausstattung
Neben reinem Komfort und absoluter Laufruhe galt und gilt der Century seit jeher als perfektes Chauffeursfahrzeug. Daher widmeten die Ingenieure speziell der Fondgestaltung hohes Augenmerk. Aus der Lehne des Beifahrersitzes kann ein Element vorgeklappt werden, sodass der dahinter sitzende Passagier seine Beine während der Fahrt ausstrecken kann. Gleichzeitig sorgt eine Massagefunktion in der Fondrückenlehne für weiteres Wohlbefinden. Zur umfangreichen Serienausstattung gehören Soft Close an den Türen, Licht-Assistent, Abbiegelicht, ein elektrisch verstellbares Lenkrad, elektrische höhenverstellbare Sicherheitsgurte, Sitzheizung rundum, Luftfederung und geräuschdämmende Scheiben. Ab 2006 gab es wenige Exemplare mit Linkslenkung, die jedoch nicht offiziell auf anderen Märkten ins Modellprogramm aufgenommen, sondern ausschließlich japanischen Botschaften und Toyota-Importeuren angeboten wurden. So besitzt Toyota Europe in Brüssel bis heute ein solches Fahrzeug. 20 Jahre nach der Markteinführung der zweiten Generation debütierte 2017 Generation Nummer drei, die wieder zu einem V8-Triebwerk zurückkehrte. Dieser verfügt zusätzlich über einen Elektromotor an der Vorderachse und bringt damit insgesamt 431 PS auf die Straße. Auch diesen Ableger gibt es weiterhin ausschließlich in Japan.

Wer also außerhalb der ostasiatischen Inseln einen Toyota Century besitzen möchte, muss also ein Fahrzeug aus Japan importieren. So gelangte auch der von uns gezeigte Wagen erst Ende letzten Jahres nach Deutschland. Es handelt sich um einen Century von 1998, der bis heute erst rund 107.000 Kilometer zurückgelegt hat. Laut aktuellem Wertgutachten erfüllt er die Note 2+, ist aber aufgrund des absoluten Exotenstatus hierzulande lediglich rund 18.000 Euro wert. Nun steht der Wagen für 17.500 Euro zum Verkauf.

Bilder: Joel Steinke