Studebaker Gardner Special

1939 präsentierte die amerikanische Automarke Studebaker ihr neues Mittelklassemodell Champion. Dieser Wagen war wichtig für die angeschlagene Firma und erwies sich tatsächlich schnell als Verkaufserfolg. Im Gegensatz zu anderen Modellen begann die Entwicklung des Champion auf einem weißen Blatt Papier, also auch ohne die Vorgabe von technischen Komponenten aus den größeren Modellreihen. Eines der wichtigsten Ziele im Lastenheft der Entwickler war die Reduzierung von Gewicht. Letztlich war der Studebaker Champion der leichteste Wagen seiner Klasse. Neu war zudem ein stößelgesteuerter Reihen-Sechszylindermotor, den Studebaker mit nur wenigen Veränderungen bis zum Ende der PKW-Fertigung 1961 beibehielt. 1942 debütierte die zweite Generation mit einem Design von Raymond Loewy. Zwischen 1943 und 1945 stand die Fertigung still, während Triebwerke und Blattfedern des Champion für den amerikanischen Truppentransporter M29 Weasel genutzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg behielt man das Vorkriegsdesign nebst Plattform bei, Loewy zeichnete jedoch zusammen mit Virgil Exner für 1947 eine neue Karosserie. Dies war das erste neue Design eines amerikanischen Wagens in der Nachkriegszeit, wodurch Studebaker die ‚großen Drei‘ (Chrysler, GM und Ford) schlagen konnte. Preis, Ausstattung, geringer Verbrauch und Zuverlässigkeit machten das Fahrzeug bei den Kunden schnell beliebt. Erst 1953 erschien ein neu entwickeltes Nachfolgemodell.

1947 kaufte der amerikanische Designer Vincent Gardner einen Studebaker Champion mit dem Ziel, seine eigenen Ideen eines perfekten Studebaker innen und außen zu verwirklichen. Gardner gehörte zuvor zum Gestaltungsteam des legendären Cord 810, wechselte dann zu Studebaker und zeichnete einige Jahre später den AMC AMX/2. Den Umbau des Studebaker Champion zum Gardner Special unternahm er aber offenbar trotz seines bestehenden Arbeitsvertrages auf eigene Faust nach Feierabend. Auch wenn einige Details auf den ersten Blick ähnlich zum Serienauto wirken, blieb kein Karosseriebauteil unverändert. Windschutzscheibe, Cockpit und Türen wanderten im Vergleich zur Basis um rund 45 Zentimeter nach hinten, wodurch die Motorhaube deutlich länger wurde. Gleichzeitig senkte Gardner den gesamten vorderen Bereich von den Leuchten bis zur Scheibe ab. Über den Köpfen erstreckt sich ein komplett transparentes Dach, das abnehmbar gestaltet ist. Am Heck führte er die Auspuffendrohre mittig in den runden Rückleuchten nach außen. Innen reduzierte Gardner das Design aufs Wesentliche, indem er die Anzeigen auf vier Rundinstrumente unterhalb des Armaturenbretts verlegte. Alle Schalter und Knöpfe sitzen auf der linken Seite der Lenksäule.

Im Gegensatz zu vielen Dream Cars and Concept Cars der damaligen Zeit handelt es sich beim Studebaker Gardner Special um ein voll funktionsfähiges Automobil. Dies stellten Vince Gardner und seine Frau eindrucksvoll bei der Press-on-Regardless-Rally 1949 unter Beweis, die sie mit dem Fahrzeug unter die Räder nahmen und nach 24 Stunden Fahrtzeit gewinnen konnten. Sie erreichten 903 von 1.000 möglichen Punkten. Im gleichen Jahr zeigte Gardner das Einzelstück auf der ersten National Roadster Show in Oakland, Kalifornien, und bekam den Preis ‚Most Magnificent Custom Roadster‘ verliehen. Über die folgenden Jahrzehnte ist nicht viel bekannt. 2012 fand eine umfangreiche Restaurierung ihr Ende und der Wagen feierte sein erneutes Publikumsdebüt beim Concours d’Elegance auf Amelia Island. Anschließend stand der Studebaker auch auf dem Pebble Beach Concours d’Elegance, wo er in seiner Klasse den zweiten Platz belegte.

Heute zeigt sich der Studebaker Gardner Special in hervorragendem Zustand. Unter der langen Haube werkelt ein 2,7 Liter großer Reihensechszylindermotor mit 80 PS, die über ein Dreigang-Getriebe auf die Hinterräder gelangen. Während die Vorderachse schon mit Einzelradaufhängung ausgestattet war, kam hinten noch eine Starrachse mit Blattfedern zum Einsatz. An allen vier Rädern sorgen Trommelbremsen für die Verzögerung. Nun bietet der aktuelle Besitzer das Unikat bei Bonhams im Rahmen der Monterey Car Week zur Versteigerung an. Das Auktionshaus erwartet dabei einen Zuschlagspreis zwischen 350.000 und 450.000 US-Dollar.

Bilder: Bonhams