Muntz Jet

Vor ziemlich exakt einem Jahr berichteten wir über das Werk von Frank Kurtis aus Kalifornien. Seine Liebe zum Automobil brach bereits im Alter von 14 Jahren durch, als er eine Lehre bei Don Lee Coachbuilders in Los Angeles begann. Später stellte er in seiner eigenen Firma Kurtis-Kraft erfolgreich Rennfahrzeuge für die Midget-, Sprint- und Indy-Serien her. Egal ob auf den schlammigen Bullring-Rundkursen oder im asphaltierten Oval, die Kurtis-Renner sammelten einen Erfolg nach dem nächsten. Nebenbei baute Frank Einzelstücke für besondere Kunden und Filmfahrzeuge für Hollywood. Nachdem er 1948 einen Sportwagen auf Basis eines verunfallten Buick von 1941 im Kundenauftrag erstellt hatte, kam er auf die Idee daraus eine Kleinserie zu machen. Hierfür überarbeitete er die Plattform des damals aktuellen Studebaker Champion, in den der neu entwickelte Studebaker-V8-Motor integriert werden sollte. Darüber zeichnete Frank Kurtis eine eigenständige, möglichst einfache und leichte Karosserie aus Aluminium, Stahl und Glasfaser-verstärktem Kunststoff. Da das Triebwerk aufgrund von Entwicklungsschwierigkeiten erst verzögert auf den Markt kam, wandte sich Kurtis an Ford und kaufte dort den Flathead-V8 zu. Nach nur 15 Exemplaren verlor er die Lust an diesem Projekt und verkaufte die Rechte an Earl Muntz, den viele nur ‚Madman‘ (Verrückter) nannten.

Diesen Ruf hatte er sich als Gebrauchtwagenverkäufer erworben, indem er immer wieder TV-Werbespots schalten ließ, in denen er selbst auftrat. Hierdurch wurden seine Showrooms zu Touristenattraktionen, die zugleich gute Verkaufszahlen und damit Gewinn abwarfen. Seinen Geschäftssinn und Ingenieursgeist stellte Muntz später auch als Entwickler und Verkäufer von Alltagsautos, Stereoanlagen und Fernsehgeräten unter Beweis. Anfang der 1950er wollte er hingegen durch einen eigenen Sportwagen auf sich und seine Geschäfte aufmerksam machen. Hierfür ließ er durch Frank Kurtis den Radstand des Fahrgestells um 33 Zentimeter verlängern, um eine zusätzliche Rückbank einbauen zu können. Unter die Motorhaube wanderte derweil ein 5,4 Liter großes V8-Triebwerk von Cadillac, wobei als Alternative auch ein Lincoln-V8 angeboten wurde. So geriet der Muntz Jet zu einem der schnellsten amerikanischen Autos seiner Zeit. Die pontonförmige Karosserie mit Abdeckungen vor den Hinterrädern entstand halb-selbsttragend.

Feinste Lederpolsterungen überzogen die vorderen Einzelsitze, die Rückbank, die Türtafeln und Seitenverkleidungen sowie den Dachhimmel, die Mittelarmlehne mit Staufach und integriertem Radio und Teile des Armaturenbretts. Im Fond konnte auf Wunsch eine Minibar inklusive Eisfach installiert werden. Durch den vergleichsweise hohen Grundpreis von US$ 5.500 hielt sich das Kundeninteresse jedoch in Grenzen. Insgesamt sollen lediglich 198 Exemplare des Muntz Jet entstanden sein, wobei Earl Muntz stets behauptete, er habe an jedem davon bis zu US$ 1.000 verloren. Die ersten 28 Autos entstanden noch in den Räumlichkeiten von Kurtis-Kraft in Glendale/Kalifornien und erhielten Aluminiumkotflügel und -türen. Später verlagerte Muntz die Produktion nach Evanston und tauschte die besagten Komponenten gegen Kunststoff-Bauteile aus.

Beim Klassikerhändler Hyman Ltd. steht aktuell das zweite je gebaute Fahrzeug aus der Kleinserie zum Verkauf. Dieser Wagen mit der Fahrgestellnummer M102 erschien in diversen Werbefotos des Muntz Jet, zum Teil gemeinsam mit Frank Kurtis sowie dem Werkstestfahrer Sam Hanks, der 1957 das Indy-500-Rennen gewinnen sollte. Nach der Zeit als Promofahrzeug wechselte M102 in Privatbesitz und 1969 zum heutigen Besitzer. Dieser hatte auf eine Verkaufsanzeige im ‚Chicago Tribune‘ geantwortet und stellte M102 für gerade einmal US$ 60 als Teileträger zu einem weiteren Exemplar, das bereits in seiner Garage parkte. Dieser zweite Wagen wurde jedoch einige Jahre bei einem Feuer zerstört und so begann er Anfang der 2000er Jahre M102 zu restaurieren, wofür er einige Teile vom anderen Auto nutzte. Dabei legte er großen Wert auf eine zurückhaltende Farbkonfiguration und entschied sich für dunkles Merlotrot aus der Jaguar-Palette mit Leder in cremebeige und farblich passendem, stoffbezogenem Hardtop. Bei SRIII Motorsports in New Lenox/Illinois erhielt das Chassis eine komplette Überarbeitung inklusive einem modernen Luftfahrwerk mit einstellbaren Dämpfern, Scheibenbremsen rundum und Servolenkung. Das Cadillac-Triebwerk erhielt eine Hubraumerhöhung von 5,4 auf 5,8 Liter, wodurch 325 PS und 475 Newtonmeter Drehmoment bereitstehen. Durch eine GM-Viergangautomatik gelangt diese Kraft auf die Hinterachse. Passend zum exzellenten Chrom-Trim erhielt M102 Radkappen mit dem ‚Madman Muntz‘-Logo, das auch auf dem Hupknopf des Lenkrads sitzt. Hyman Ltd. bietet dieses außergewöhnliche Auto nun für US$ 225.000 an.

Bilder: Hyman Ltd.