Mercedes-Benz 320 Cabriolet by Wendler
Kennen Sie die Karosseriebaufirma Wendler aus Reutlingen? Am bekanntesten wurde der kleine Betrieb durch den Aufbau der Leichtmetallkarosserien für den Porsche 550 Spyder. Gegründet wurde die Firma jedoch bereits 1840 durch den Stellmacher Erhard Wendler. Bis in die 1920er hinein stellte man ausschließlich Kutschen her. Durch den angestellten Konstrukteur Helmut Schwandner erfolgte schließlich der Umstieg auf PKW-Karosserien für angelieferte Fahrgestelle. Bis zum Zweiten Weltkrieg entstanden knapp unter 300 unterschiedliche Aufbauten im Kundenauftrag. Nach dem Krieg nahm man das allgemeine Interesse an neuen Formen, speziell den so genannten Ponton-Karosserien auf und entwickelte eigene Aufbauten für Vorkriegs-Chassis. Zudem erstellte man Cabrio-Umbauten, beispielsweise auf Basis des Volkswagen Käfer oder des Gutbrod Superior. Kurz nach dem Porsche-Großauftrag für den 550 Spyder verlagerte man das Hauptgeschäftsfeld auf Karosseriereparaturen, später auf Oldtimer-Restaurierungen und den Sonderaufbau von gepanzerten Limousinen. 2000 schlitterte das Mutterunternehmen in die Insolvenz und führte damit auch zur baldigen Schließung von Wendler.
Zwischen 1937 und 1942 lief bei Mercedes-Benz der Typ W142, landläufig als 320 bekannt, vom Band. Fahrwerksseitig übernahm man dabei die Basis des Vorgängermodells 290 (W18) mit Querblattfeder und Schraubenfedern an der Vorderachse sowie einer Pendelachse hinten. Zwei verschiedene Radstände sowie diverse verschiedene Werkskarosserien oder nackte Chassis standen den Kunden zur Wahl. Unter der Motorhaube saß der namensgebende, 3,2 Liter große Reihensechszylindermotor mit 57 kW/78 PS und 218 Newtonmetern Drehmoment. Über ein Viergang-Getriebe gelangen die Kräfte auf die Hinterräder. Je nach Karosserieform versprach Mercedes-Benz bis zu 126 km/h Höchstgeschwindigkeit. Insgesamt entstanden bis zur kriegsbedingten Fertigungseinstellung rund 5.000 Exemplare.








































Soviel zur Vorgeschichte. Wie beschrieben entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg bei Wendler einige Ponton-Karosserien für Fahrgestelle aus der Vorkriegszeit. Vermutlich waren darunter nur insgesamt vier Cabriolets, von denen eins auf das Chassis eines 1937er Mercedes-Benz 320 gesetzt wurde. Im Kundenauftrag entstand dabei ein schön geformtes Fahrzeug, das neben den damals modernen Ponton-Formen mit integrierten Kotflügeln und ohne seitliche Trittbretter die typischen, hinten angeschlagenen ‚Selbstmördertüren‘ aus Vorkriegstagen beibehielt. Zwischen Türen und Vorderrädern brachte Wendler hinter geschickt verborgenen Klappen die Ersatzräder unter. Ein knapp geschnittenes Stoffverdeck lässt den Wagen auch geschlossen sportlich erscheinen. Im breiten Kühlergrill fand ein Zusatzscheinwerfer seinen Platz, während das berühmte Markenlogo der Stuttgarter an der Front lediglich als kleines Emblem auf der Motorhaube vorkommt. Am Heck prangt der dreizackige Stern dafür verchromt und ein wenig größer.
Genau dieses Einzelstück wurde 1950 in einem Artikel der Fachzeitschrift ‚Das Auto‘ abgedruckt und für den Messestand von Wendler auf dem Autosalon Reutlingen genutzt. Anschließend sind bis heute lediglich zwei Besitzer im Brief verzeichnet. In den 1980er Jahren erfolgte eine fünfjährige Restaurierung in Augsburg. 1994 kaufte der heutige Besitzer das Fahrzeug und nutzte es seither regelmäßig für Oldtimer-Ausfahrten. Nun steht der Mercedes-Benz 320 mit der Cabriolet-Karosserie von Wendler auf der Techno Classica.
Bilder: RM Sotheby’s, Dirk de Jager