Mercedes-Benz 300 SL Scheunenfund
Es gibt immer noch Momente, die man sich kaum vorstellen kann. Speziell als Autofan träumt man immer mal wieder davon, das Tor einer alten Scheune oder eines Lagerraumes zu öffnen und plötzlich vor einem alten, lange vergessenen Auto zu stehen. Passenderweise heißen solche Fahrzeuge, wenn sie wirklich auftauchen, in Deutschland ‚Scheunenfund‘ und im englischen Sprachgebrauch ‚Barn Find‘. Auf YouTube gibt es seit einiger Zeit eine in unregelmäßigen Abständen fortgesetzte Sendung namens ‚Barn Find Hunter‘, bei der Moderator Tom Cotter im Auftrag von Hagerty’s durch die USA reist und den Spuren und Gerüchten um lange abgestellte Autos nachgeht – oftmals sehr erfolgreich. Im Laufe der Sendungen stieß er bereits auf einige Lamborghini, Ferrari, Porsche, einen Pegaso und diverse amerikanische Klassiker. Im Mai 2018 öffnete er in der 32. Folge gemeinsam mit Bill Warner, dem Begründer und Organisator des Concours d’Elegance in Amelia Island, einen Lagerraum in Ponte Vedra/Florida, der seit rund zehn Jahren nicht betreten wurde.
Warner wusste bereits vorher was sich in diesem Raum befindet, da er seit über 60 Jahren den Besitzer und das eingelagerte Fahrzeug kennt. Somit handelt es sich letztlich nicht um das klassische Bild eines Scheunenfundes, aber doch um eine absolute Rarität, die hier ans Tageslicht geholt wurde. Der anonyme Besitzer kaufte dieses Fahrzeug 1954 neu, fuhr ihn offenbar nur elf Jahre und etwas über 35.000 Meilen lang, entschied sich dann für eine Restaurierung, entfernte den Originallack, grundierte die Karosserie und lagerte ihn anschließend ein. Warum es bei diesem Zustand für die folgenden mehr als 50 Jahre blieb, weiß wohl selbst der Besitzer heute nicht mehr, aber das am Heck befestigte Kennzeichen weist darauf hin, dass 1965, zum 400. Geburtstag des US-Bundesstaats Florida, eine neue Anmeldung stattgefunden hat.




























Unsere Überschrift und die Bildergalerie nehmen es vorweg: Bei dem wiedergefundenen Auto handelt es sich nicht um irgendein Alltagsfahrzeug mit allenfalls sentimentalem Wert, sondern um eine absolute Legende auf vier Rädern, die in keiner großen Autosammlung fehlen darf. Die Rede ist vom Mercedes-Benz 300 SL, der als erster deutscher Supersportwagen weltweit für Aufregung sorgte und mit seinen Flügeltüren ein Design-Statement setzte. Gut erhaltene oder restaurierte Exemplare liegen heutzutage bei siebenstelligen Summen. Kein Wunder, wurden doch nur 1.400 Exemplare gebaut. Beim in Ponte Vedra aufgetauchten Auto handelt es sich um Nummer 0043, also ein besonders frühes Fahrzeug.
Trotz der dicken Staubschicht, den annähernd verrotteten Reifen (die trotzdem überraschenderweise noch Luft hielten) und dem durch das feuchte Klima in Florida sehr gammelige Interieur, zeigt die Karosserie kaum Schäden oder Durchrostungen. Alle Chromteile lagen eingewickelt im Innenraum. Scheiben, Motor und Getriebe zeigen sich im Originalzustand. Inzwischen konnte das Mercedes-Benz Classic Center in Kalifornien einen Kauf arrangieren und wird den Wagen vor einer geplanten Restaurierung beim Concours d’Elegance in Amelia Island im März zeigen. Dort wird es erstmals seit der Produktion 1954 mit dem Schwestermodell mit Chassisnummer 0044 zusammentreffen.
Bilder: Mercedes-Benz Classic Center California