Gordon-Keeble GT

Wenn es ein Land gibt, dessen automobile Geschichte angefüllt ist mit diversen Kleinserienherstellern, dann ist es wohl Großbritannien. Zwei dieser Marken finden sich in der folgenden Story wieder. Um den seltenen Gordon-Keeble GT kennenzulernen, muss man nämlich auch dessen Vorgeschichte erwähnen. Oder haben Sie jemals von diesem Klassiker gehört? Vermutlich nicht. Also wird es Zeit, dieses Sportcoupé einmal näher zu betrachten. Hierfür begeben wir uns zurück bis in die Mitte der 1950er Jahre. John Gordon und James Byrnes begründeten ihre eigene Sportwagenfirma Peerless und ließen von Bernie Rodger ein Auto entwerfen. Dieses hieß als Prototyp ‚Warwick‘, wurde jedoch zum Serienstart 1957 schlicht auf Peerless umbenannt. In einem eigenständigen Rohrrahmenchassis aus Rechteckrohren steckte das Triebwerk des Triumph TR3, darüber eine viersitzige GfK-Karosserie. Bis 1960 entstanden rund 325 Exemplare.

Vom Peerless zum Gordon GT

Einer der Gründer von Peerless, John Gordon, sicherte sich die Rechte am Rohrrahmenchassis. Gemeinsam mit Jim Keeble machte er sich daran, auf dieser Basis einen neuen Sportwagen zu entwickeln. Vorangegangen war eine Anfrage des US-Air-Force-Piloten Nielsen, der einen V8 in einem Peerless eingebaut haben wollte. Für ihren eigenen Wagen, den Gordon GT, sahen sie ursprünglich einen 3,5 Liter großen V8-Motor von Buick vor. Im Laufe der Entwicklungsarbeiten schwenkte man allerdings aus verschiedenen Gründen auf einen Chevrolet-V8 um. Anfänglich sollte es das 4,6 Liter große Triebwerk der Corvette werden, letztendlich landete man beim 5,4-Liter-V8. Das Fahrwerk bestand aus einer Einzelradaufhängung mit je zwei ungleich langen Dreiecksquerlenkern vorn und einer De-Dion-Achse mit vier Längslenkern hinten. Um die Leistung im Zaum zu halten, erhielt der Wagen Scheibenbremsen rundum.

Design von Giugiaro bei Bertone

Für die Karosseriegestaltung wandten sich Gordon und Keeble an das italienische Designhaus Bertone. Dort arbeitete zum damaligen Zeitpunkt ein gewisser Giorgetto Giugiaro. Der erstellte eine elegante Coupé-Karosserie mit vier jeweils fünf Zoll großen Rundscheinwerfern und kleinen Heckflossen mit integrierten Leuchten. Für den ersten Prototypen entstanden diese Formen innerhalb von nur 27 Tagen aus Stahlblech. Aus Kostengründen entschied sich die Firma jedoch dafür, die Produktionsversion aus glasfaserverstärktem Kunststoff zu erstellen. Hierfür tat man sich mit dem kleinen Karosseriebauer Williams & Pritchard Limited zusammen. Auf dem Genfer Autosalon 1960 debütierte der Gordon GT auf dem Messestand von Bertone. Nach einigen Testfahrten, auch mit Journalisten am Steuer, verschiffte man das Fahrzeug in die USA, um es dem Chevrolet-Vorstand vorzuführen. Dieser sicherte schließlich die Lieferung von Motoren und Getrieben zu.

Skurriles Markenlogo

Im Laufe der Entwicklung sollte ein Mannschaftsfoto erstellt werden. Gerüchteweise lief bei diesem Foto eine Schildkröte ins Bild, die jemand als Haustier hielt. Diese Ironie nahm man zum Anlass, um ein außergewöhnliches Markenlogo zu erstellen, das bis heute ungläubige Blicke auslöst. Auf gelbem Grund sitzt eine braune Schildkröte, eingerahmt von zwei grünen Zweigen. Seitlich an den vorderen Kotflügeln saß das bekannte ‚b‘-Logo von Bertone und ein Emblem mit dem ausgeschriebenen Markennamen. Um sicherzugehen, dass der Betrachter das italienische Designhaus wirklich erkannte, stand der Name Bertone vor den Hinterrädern.

Ende vor der Serienproduktion

Nach einer Nullserie von rund 90 Fahrzeugen traten Probleme mit einigen Zulieferern auf. Speziell war es ein Streik bei Adwest, dem Lieferanten für die Lenkung. Durch die ausbleibenden Komponenten und auflaufende Kosten mussten Gordon und Keeble schließlich Insolvenz anmelden. Die bereits fertigen Fahrzeuge bot man zum damals hohen Preis von £ 2.798 als Gordon-Keeble GT an. Für die Überreste der Firma fanden sich in Geoffrey West und Harold Smith zwei Abnehmer. Nach einer Umbenennung in Keeble Cars Ltd. entstanden dort bis 1966 weitere neun Exemplare des GT. 1967 bauten die Mitarbeiter aus Ersatzteilen ein finales Auto auf. Im Folgejahr kaufte der Amerikaner John de Bruyne die Produktionsrechte und zeigte zwei Fahrzeuge mit eigenem Logo auf der New York Auto Show. Allerdings hatte er schlicht die Embleme von Gordon-Keeble entfernen und ersetzen lassen. Eine eigene Produktion brachte er nicht zustande. Alle gebauten Fahrzeuge tragen das Lenkrad auf der rechten Seite.

Nummer 14 bei Bonhams

Am 3. März versteigert Bonhams einen Gordon-Keeble GT. Es handelt sich um Fahrgestellnummer 14, die 1964 an William David Ormsby-Gore, den fünften Baron Harlech, ausgeliefert wurde. Als konservativer Politiker ging er als Diplomat von 1961 bis 1965 in die britische Botschaft nach Washington D.C. Den Gordon-Keeble ließ er in Großbritannien auf das Kennzeichen CBH810B zu und verschiffte ihn in die USA. Durch seine enge Freundschaft zur Kennedy-Familie kam es dazu, dass Jackie den Wagen fuhr. Nach dem Präsidentenmord wurden Harlech und Jackie ein Paar, einen Heiratsantrag schlug sie aber aus. Ab Anfang der 1970er Jahre wechselte der Gordon-Keeble zurück in Großbritannien einige Male den Besitzer und wurde 1975 in einen leichten Unfall verwickelt. Repariert und restauriert hielt sich das Auto hervorragend über die Zeit und verließ 2013 erstmalig die britische Insel Richtung Kontinentaleuropa. Nun soll das Auto einen neuen Besitzer finden. Den Schätzpreis beziffert Bonhams auf 90.000 bis 120.000 €.

Bilder: Bonhams