Citroën Rosalie
Nachdem Citroën in den Vormonaten anlässlich des 100-jährigen Markenjubiläums bereits die Modelle Typ A 10 HP und Typ C 5 HP näher beleuchtet hat, widmet man sich nun den 1930er Jahren und damit einer kleinen Berühmtheit, der ‚Rosalie‘. Aus heutiger Sicht kennt kaum noch jemand dieses einst sehr bekannte Modell, was hauptsächlich an der Berühmtheit späterer Nachkriegsmodelle liegt. Vor dem Zweiten Weltkrieg war der Name bei Autofans hingegen geläufig. Den Grundstein für diese Berühmtheit legte ein Leichtbau-Rennfahrzeug, das auf der Rennstrecke von Montlhéry 1933 mehrere Geschwindigkeitsrekorde aufstellte. Bereits ein Jahr zuvor präsentierte Citroën auf dem Pariser Autosalon die drei neuen Modelle 8CV, 10CV und 15CV vor, die sich durch einen ’schwebenden Motor‘ auszeichneten. Dabei handelte es sich um eine innovative Floating-Power-Vorrichtung, durch die das Triebwerk nur an zwei Punkten in der Längsachse aufgehängt war und damit frei schwingen konnte. Spezielle Gummipuffer verminderten allzu starke Vibrationen.
Mit der kleinsten Motorisierung, einem 1,4-Liter-Vierzylinder mit 24 kW/32 PS, ging der 8CV als ‚Petite Rosalie‘ in die Markengeschichte ein. Als Höchstgeschwindigkeit wurden damals dank eines Dreigang-Getriebes 90 km/h angegeben. Dieses Modell erhielt erstmals eine einteilige Rohkarosserie, die gegenüber den zuvor genutzten Ganzstahlkarosserien noch steifer ausfiel. Auf dem Chassis des 8CV baute das oben erwähnte Rekordfahrzeug auf, das zwischen dem 15. März und dem 27. Juli 1933 unter Aufsicht des Automobilclubs von Frankreich 134 Tage lang die Rundstrecke von Monthéry umrundete und dabei über 300.000 Kilometer zurücklegte – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 93 km/h. André Citroën, der Firmengründer, lobte einen Geldpreis von drei Millionen Franc für den Automobilkonstrukteur aus, der diesen Rekord überbieten würde – was zumindest unserer Kenntnis nach nie geschehen ist. Zwischen Oktober 1932 und Januar 1935 entstanden von der Petite Rosalie 38.835 Exemplare, wobei 1934 eine Modellpflege mit einer Leistungssteigerung auf 26 kW/36 PS erfolgte. Dadurch erhielten alle Rosalie-Modelle das Zusatzkürzel NH für ’nouvel habillage‘ (neues Kleid), was auf die neuen Karosserien mit weniger Luftwiderstand hinwies.




















Mit einer Außenlänge von 4,57 Metern übertraf der Citroën 10CV den 8CV ‚Petite Rosalie‘ um immerhin 30 Zentimeter. Zudem erhielt er von Anfang an einen 1,7 Liter großen Motor mit 26 kW/36 PS, gut für eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Mehrere Karosserievarianten, wie ein offener Zweisitzer, eine Limousine oder verschiedene Lieferwagenaufbauten, erlaubten es den Kunden das passende Fahrzeug für ihren Einsatzzweck zu bestellen. Bis 1935 entstanden 49.249 Exemplare des 10CV und des modellgepflegten 10CV NH. Als Topmodell bot Citroën darüber hinaus den 15CV mit einem elastisch gelagerten Sechszylindermotor in einem hierfür eigens verlängerten Vorderwagen. Aus 2,6 Litern Hubraum entwickelte dieses Triebwerk eine Leistung in Höhe von 41 kW/56 PS. In der gewichtserleichterten Légère-Version erreichte der 15CV bis zu 120 km/h Höchstgeschwindigkeit. Insgesamt produzierte Citroën 7.228 15CV und 15CV NH bis 1935.
Was heute unglaublich klingt, war damals Realität: Citroën produzierte Neuwagen am deutschen Standort in Köln-Poll. Dies hatte den einfachen Grund, dass auf Importfahrzeuge hohe Zölle verhängt waren, während im Inland gefertigte Autos ganz normal angeboten werden konnten. Beim Rosalie verzichtete man sogar gänzlich auf den Einsatz importierter Komponenten und konnte daher das Emblem ‚Deutsche Arbeit‘ an der Karosserie anbringen. Die insgesamt 440 Mitarbeiter bauten von 1933 bis 1935 exakt 1.789 Exemplare der ‚deutschen Rosalie‘. Citroën-Sammler sind heute auf der Suche nach den wenigen überlebenden Fahrzeugen dieses Abschnitts der Firmengeschichte.
Bilder: Citroën