Automotive Art 26 – Porsche 917/30

Haben Sie schonmal vom wildesten Porsche Rennwagen, dem 917/30 gehört? Im Qualifikationstraining konnte die Motorleistung auf bis zu 1.500 PS hochgeschraubt werden. Der Wagen nahm an der Can-Am-Serie in Nordamerika teil und war die finale Version des 917.

Herzlich willkommen zu einem neuen Teil unserer monatlichen Automotive Art Sektion mit Fotograf und Lichtkünstler Bill Pack. Er rückt das Design von Oldtimern in besonderem Maße in Szene und erklärt seine Interpretation der Styling-Ideen mit einigen interessanten Bildern, die er in seinem eigenen Stil aufgenommen hat.

In den Kopf des Designers – von Bill Pack

Es ist einfach, viele Fakten und Informationen über jeden Automobil-Designer zu erfahren. So lässt sich schnell herausfinden, für welche Firmen sie im Laufe der Zeit gearbeitet haben, welche Automodelle sie entworfen haben und welche Innovationen sie in die Branche gebracht haben. Wir wissen also viel von ihnen, aber wir kennen sie nicht. Mit meinen Bildern versuche ich, in die Seele und den Geist des jeweiligen Designers zu gelangen. Ich konzentriere mich auf bestimmte Teile des Autos und verwende meine Beleuchtungstechnik, um die emotionalen Linienführungen des Designers hervorzuheben.

1973 Porsche 917/30 – Designed by Hans Mezger

Ein Fest in Bewegung – Ich hatte das seltene Privileg, vom Phoenix Art Museum den Auftrag zu erhalten, durch die Vereinigten Staaten zu reisen und meine Automobilkunst-Bilder für die Ausstellung „Legends of Speed“ zu erschaffen. Diese Ausstellung lief bis zum 15. März 2020 und zeigte 22 ikonische Rennwagen aus den Jahren 1911 bis 1978.

Jedes dieser Autos wurde in bedeutenden Rennen von ikonischen Fahrern gefahren. Von Sir Stirling Moss bis Dan Gurney und Mario Andretti, von Le Mans und Indianapolis 500 bis zum Grand Prix von Italien und vielen anderen. Die Rennsporthistorie ist reich an Geschichten.

Mein Teil dieser Geschichte war eine zwölftausend Meilen lange Gran Turismo, die mich in alle vier Ecken der Vereinigten Staaten und in einige der begehrenswertesten und bedeutendsten Privatsammlungen der Welt führte.

Eines dieser Ziele lag in einem westlichen Bundesstaat, wo ich den Tag mit dem berüchtigten „Can-Am-Killer“, dem 1973er Porsche 917/30, verbrachte. Während ich meine Bilder schuf, konnte ich nicht anders, als darüber nachzudenken, was die anderen Rennfahrer der Can-Am-Serie dachten, als sie Mark Donohue schnell herankommen sahen. Dieses Auto ist massiv und kraftvoll, selbst wenn es still steht. Hans Mezger hat wirklich den heiligen Gral der Rennwagen geschaffen.

Am 18. November 1929 wurde Hans Mezger am Stadtrand von Stuttgart in der Nähe des kleinen Dorfes Ludwigsburg geboren. Er war das jüngste von fünf Kindern. Seine Eltern führten einen Landgasthof. „Fast jeder in unserer Familie hatte ein Talent zum Malen und spielte ein Musikinstrument“, blickt Mezger auf seine Kindheit und Jugend zurück, „ich fand das Leben spannend und besuchte die Volksschule. Ich war daran interessiert, alles Mögliche zu werden, vom Musiker bis zum Physiker.“

Seine wahre Leidenschaft galt der Luftfahrt, doch das damalige Weltgeschehen änderte die Richtung von Mezgers Karriere. Er lenkte sein Studium auf Maschinenbau an der Technischen Hochschule, der heutigen Universität Stuttgart, um und fand Mathematik besonders leicht.

Nach seinem Abschluss hatte Mezger eine Anstellung bei Porsche im Visier. Er erhielt eine Flut von Jobangeboten: „Es waren 28“, sagte er einmal, „aber Porsche war nicht dabei. Ich wollte aber zu Porsche, weil mich deren Sportwagen vom Typ 356 begeisterte. Also bewarb ich mich, wurde eingeladen und die Firma bot mir einen Job in der Traktorenentwicklung an. Aber ich stellte mir vor, an Sport- und Rennwagen zu arbeiten. Zum Glück hat das am Ende geklappt. Ich fing bei Porsche in der Berechnungsabteilung an.“

Er sammelte erste Erfahrungen mit dem Vier-Nockenwellen-Motor, entwickelte eine Formel zur Berechnung von Nockenprofilen und wurde 1960 Teil des ersten Formel-1-Projekts von Porsche. Bereits 1965 wurde er zum Leiter der von Ferdinand Piëch geschaffenen Rennsport-Entwicklungsabteilung befördert. 1970 brachte der von ihm konstruierte 917 Porsche den ersten Gesamtsieg in Le Mans ein.

Mit weiteren Verfeinerungen an der Frontpartie, einem längeren Radstand und breiterer Spur sowie Turboaufladung wurde 1973 das Biest geboren. Mark Donohue sagte im gleichen Jahr: „Zu diesem Zeitpunkt gibt es nichts auf der Welt, das schneller ist, ein besseres Handling hat, technisch fortschrittlicher ist und mehr Spaß macht, zu fahren. Für mich ist es das perfekte Rennauto.“ Damit sprach er über die Schönheit des Porsche 917/30 Can-Am Spyder.

Entdecken Sie in dieser Sammlung von Bildern die Linien von roher Kraft und Innovation, die im kreativen Kopf von Hans Mezger entstanden sind.

Porsche 917/30 – Details – von Matthias Kierse

Im Hause Porsche gibt es kaum einen Rennsportwagen, der berühmter als der 917 ist. Dies liegt an diversen Superlativen. Kein anderer Hersteller hatte es vorher gewagt, die vom Reglement vorgeschriebenen 25 Exemplare zur FIA-Abnahme zusammen aufzustellen. Porsche tat dies, auch wenn sich bis heute Gerüchte halten, dass nicht alle davon rennfertig waren. Nachdem die Kinderkrankheiten der Saison 1969 durch eine verbesserte Aerodynamik und weitere Feinarbeiten besiegt waren, wurde der 917 zum erfolgreichsten Rennwagen seiner Ära.

Mit der geschlossenen Coupé-Karosserie gewann Porsche unter anderem 1970 und 1971 die 24 Stunden von Le Mans sowie weitere Langstreckenrennen. Zudem entwickelte man eine offene Spyder-Variante, die ab 1970 in der Interserie an den Start rollte.

Als Antrieb entwickelte Hans Mezger einen Zwölfzylindermotor mit 180 Grad Bankwinkel. Anfänglich leistete dieser aus 4,5 Litern Hubraum rund 520 PS. Dieser Wert stieg auf etwa 560 PS. Für 1972 galten neue Regularien für Rennsportwagen, die einen kleineren Hubraum in Le Mans und bei anderen Rennen der Sportwagenmeisterschaft vorschrieben. Parallel blieb jedoch die Möglichkeit, den offenen 917 in Interserie und Can-Am einzusetzen. Allerdings wurde den Porsche-Ingenieuren schnell klar, dass man dort im Kampf gegen die großvolumigen US-V8-Motoren mehr Kraft brauchen würde. Daher entstand ein neues Triebwerk mit 16 Zylindern, das jedoch ebenfalls nicht auf die gewünschten Leistungsdaten kam.

Gemeinsam mit Valentin Schäffer machte Mezger sich daher an das Projekt Turboaufladung. Zwei große Lader der Firma Eberspächer verhalfen den Ingenieuren schließlich zu Leistungsdaten, die sie nicht für möglich gehalten hatten. Den ersten 917/10 mit dem turboaufgeladenen Triebwerk sah man 1972 in der Can-Am. Die dort etablierte Konkurrenz sah überwiegend den großen Heckflügel dieses Rennwagens. Im Folgejahr debütierte der weiterentwickelte 917/30 mit längerem Radstand, breiterer Spur und nochmals mehr Leistung. Aus nun 5,4 Litern Hubraum holte man im Rennbetrieb 1.100 und im Training bis zu 1.500 PS. Das Leergewicht betrug lediglich 845 Kilogramm.

Möchten Sie sich für einen kurzen Moment wie der damalige Fahrer Mark Donohue fühlen? Dann nehmen Sie eine Stoppuhr zur Hand und stoppen Sie die folgenden Zeiten. 2,4 Sekunden, 5,6 Sekunden und 11,3 Sekunden. In diesen Zeiten erreichte der 917/30 Tempo 100, 200 und 300. Kein Wunder, dass Donohue und Porsche erneut Can-Am-Meister wurden.

1974 veränderten die Can-Am-Organisatoren die Regeln im Bereich des Benzinverbrauchs. Dadurch war der 917/30 nicht mehr wettbewerbsfähig. Zudem zogen sich aufgrund der Ölkrise diverse große Sponsoren aus dem Motorsport zurück. Nach nur einem Rennen beendete Porsche die Saison. Im Folgejahr setzte man gemeinsam mit dem Penske Team noch einmal einen 917/30 ein. Allerdings fuhr man kein Rennen, sondern unternahm Rekordfahrten auf dem Talladega Superspeedway. Mark Donohue erzielte eine Rundendurchschnittsgeschwindigkeit von 375,918 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 413,6 km/h. Beide Rekorde haben bis heute Bestand.

Autoren: Bill Pack, Matthias Kierse

Bilder: © by Bill Pack