Austro Daimler Bergmeister ADR 630 Shooting Grand

Beim Namen Austro Daimler werden wohl nur wenige Automobilisten hellhörig. Was ein wenig wie eine österreichische Importgesellschaft für Fahrzeuge von Daimler-Benz klingen mag, war einst ein Hersteller von sportlichen Luxusautomobilen und sehr erfolgreich im Motorsport unterwegs. Im Jahre 1899 begann die wechselhafte Geschichte der Marke mit der Gründung der ‚Oesterreichischen Daimler-Motoren-Commanditgesellschaft Bierenz Fischer u. Co‘  in Wiener Neustadt als Tochterfirma der Daimler Motoren-Gesellschaft im deutschen Cannstatt. Ein Jahr später fertigte man das erste Automobil. Daneben wurden auch Lastwagen, Omnibusse, Motorboote, Schiffsmotoren und Schienenfahrzeuge hergestellt. Im Rahmen mehrfacher Umfirmierungen noch vor Beginn des ersten Weltkrieges übernahm die Firma schließlich ihre Telegrammadresse ‚Austro-Daimler‘ als Markennamen für ihre Produkte. Nach einer kriegsbedingten Produktionsunterbrechung begann Austro-Daimler im Jahre 1920 erneut mit der Herstellung von Automobilen. In der Entwicklungsabteilung arbeitete zu jener Zeit ein gewisser Ferdinand Porsche, der auch verantwortlich für den ersten Rennsportwagen der Marke, den ADS-R war, der insgesamt 43 Siege erringen konnte. Ende der 20er Jahre war Austro Daimler sehr erfolgreich im Bergrennsport, meist mit Hans Stuck senior am Steuer. Der von ihm eingesetzte Austro Daimler ADR Sport wurde zum ADR Bergmeister weiterentwickelt. Bedingt durch die Einflüsse der Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 30er Jahre ging es mit Austro Daimler rapide bergab. Im Jahr 1931 wurden die letzten Automobile gebaut, 1935 schließlich löschte man die Firma aus dem Handelsregister. Erst 84 Jahre später trägt jetzt erstmals wieder ein Automobil den traditionsreichen Namen.

Erstmals gezeigt wurde der neue ‚Austro Daimler Bergmeister ADR 630 Shooting Grand‘, so der etwas sperrige Name des Fahrzeugs, beim Concours d’Elegance an der Villa d’Este in diesem Jahr. Der nächste Auftritt des Konzepts erfolgt in Kürze beim Salon Privé in England. Hinter dem Projekt, die Marke wiederzubeleben, steckt der österreichische Ingenieur Roland Stagl. Bereits seit 2002 verfolgt er seine Vision, dem Namen Austro Daimler neues Leben einzuhauchen. Er begann mit dem Design eines klassischen Granturismo, entwarf einen Hybridantriebstrang und gewann schließlich ein Team von freien Mitarbeitern, um seine Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Entstanden ist ein Sportwagen mit klassischen Proportionen. Einer langen Motorhaube folgt ein sportlich kurzer Innenraum und ein ebenso knapp geschnittenes Heck. Die Frontansicht wird geprägt durch einen dominanten Kühlergrill und schmale, in die Kotflügel reichende Leuchteneinheiten. Auffallend ist die mit 2,08 Metern erhebliche Breite, die den neuen Austro Daimler sehr wuchtig erscheinen lässt. Wie beim Jaguar E-Type klappt die komplette Front als Motorhaube nach vorn auf. Den Zugang zum Innenraum geben Flügeltüren im Stile eines Mercedes-Benz 300 SL frei, während das sehr rund gezeichnete Heck mit ebenfalls schmalen, als durchgehendes Leuchtenband um die Ecken herumgezogenen Rücklichtern über eine große Heckklappe verfügt. Das dürfte dann auch der Grund für den Namenszusatz ‚Shooting‘ sein, ein klassischer Shooting Brake ist der neue Österreicher jedoch nicht. Entert man den Bergmeister durch die Flügeltüren fällt ein modern gezeichnetes Interieur mit klaren Linien auf, das in seinem Design einen Kontrast zu den klassischen Zitaten der Karosserie setzt. Fahrer und Beifahrer sitzen auf bequem wirkenden Sportsitzen, werden aber durch eine dominante Strebe oberhalb der Mittelkonsole getrennt, die recht hoch aus dem Armaturenbrett herauswächst. Wer bei der Wiederbelebung einer klassischen Marke ebenso klassische Rundinstrumente erwartet hätte, der wird enttäuscht. Vor dem Fahrer zeigt sich der heutzutage wohl unausweichliche Bildschirm. Die Bedienung erfolgt über einen auf der Mittelkonsole angebrachten Controller.

Während das Außendesign bewusst eher klassische Züge zeigt und insgesamt stimmig und harmonisch wirkt, ist die technische Seite des Bergmeister ADR 630 Shooting Grand eher progressiv und modern. Die Karosserie baut auf einem Aluminium-Spaceframe auf und sorgt so für ein relativ moderates Leergewicht von 1.650 Kilogramm. Für sehr beeindruckende Fahrleistungen sorgt neben dem Gewicht in erster Linie der bereits kurz erwähnte, von Roland Stangl entwickelte Hybridantriebsstrang bestehend aus einem von Mercedes-AMG zugelieferten Reihensechszylindermotor, der in Kooperation mit insgesamt drei Elektromotoren arbeitet. Die Entwickler nennen eine Systemleistung von 1.214 PS und ein maximales Drehmoment von 1.660 Newtonmetern. Daraus soll eine Beschleunigungszeit von 2,5 Sekunden auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h resultieren. Eine 55 kWh große Lithium-Ionen-Batterie, die vor der Hinterachse eingebaut ist, sorgt für 250 Kilometer rein elektrische Reichweite, während die Gesamtreichweite knapp 1.000 Kilometer betragen soll.

Der Austro Daimler Bergmeister ADR 630 Shooting Grand ist zur Zeit noch eine Konzeptstudie, hinter deren Entwicklung Ingenieur Roland Stangl und sein Team freier Mitarbeiter stehen. Ob und wenn ja wann es zu einer Serienfertigung kommen wird, ist noch völlig offen.

Bilder: Projekt Austro Daimler