Mercedes-Benz T 80

Ab Mitte der 1930er Jahre kümmerten sich diverse Autohersteller darum, neue Geschwindigkeitsweltrekorde aufzustellen. In Deutschland waren das vor allem die Auto Union und Mercedes-Benz. Ab einem gewissen Zeitpunkt erhielten sie dabei Unterstützung durch die nationalsozialistische Regierung, die gesteigertes Interesse daran hatte, in allen Belangen die Spitzenposition einzunehmen. Nach dem tödlichen Unfall von Bernd Rosemeyer am 28. Januar 1938 bei Rekordversuchen auf einem gesperrten Autobahnabschnitt zog sich Auto Union aus dem Wettstreit zurück. Derweil legte der Brite John R. Cobb 1939 auf den Bonneville Salzseen in den USA die Latte höher, als er mit seinem achträdrigen Thunderbolt eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 563,58 km/h über zwei Läufe erzielte.

Dies führte in Deutschland dazu, dass der bekannte Rennfahrer Hans Stuck (Vater von Hans-Joachim Stuck und Großvater der heute im Motorsport aktiven Brüder Johannes und Ferdinand Stuck) einen eigenen Rekordversuch starten wollte. Hierfür erhielt er Unterstützung von Ernst Udet, Chef des Beschaffungsamtes im Reichluftfahrtsministerium, der die Freigabe für zwei Flugzeugmotoren vom Typ DB 601 von Mercedes-Benz gab. Der Erbauer dieses V12-Triebwerks vergab schließlich den Bau eines passenden Rekordwagens an das Ingenieurbüro von Ferdinand Porsche in Stuttgart. Hier reifte schnell die Erkenntnis, dass man mit dem Motortyp DB 603 und seinen 44,5 Litern Hubraum noch deutlich mehr erreichen würde, als mit dem 33,9 Liter großen DB 601. Bis zu 3.500 PS sind theoretisch möglich, was laut Vorberechnungen eine Höchstgeschwindigkeit im Bereich von 650 km/h ermöglicht hätte.

Erste Entwicklungen begannen bereits 1938. Auf dem Prüfstand tauchte der T 80 getaufte Wagen jedoch erst am 12. Oktober 1939 erstmals auf. Bei der Entwicklung der im Windkanal an Modellen feinjustierten Karosserie half Flugzeugkonstrukteur Ernst Heinkel mit. Was auf den Bildern kompakt und flach wirkt ist in der Realität über acht Meter lang. Allein die sechs Räder mit Spezialreifen von Continental haben bereits einen Durchmesser von 1,17 Metern. Nach den Prüfstandsläufen ging das eingebaute Triebwerk zurück an die damalige Luftfahrtabteilung von Mercedes-Benz, während der inzwischen begonnene Zweite Weltkrieg den Einsatz auf einem zehn Kilometer langen, schnurgeraden Autobahnstück bei Dessau unmöglich machte. Das motorlose Auto rollte ins Depot und überstand die Kriegszeit unbeschadet.

Seither dient es als technischer Rückblick auf das, was hätte sein können. Die Karosserie hängt üblicherweise auf ihrem originalen Gitterrohrrahmen am Ende der Dauerausstellung im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart an der Wand, während das Fahrgestell mit der gelenkten Vorderachse und den beiden angetriebenen Hinterachsen in der nicht zugänglichen Sammlung verblieb. In den zurückliegenden 15 Monaten fertigte das Classic Center in Fellbach einen originalgetreuen Gitterrohrrahmen für das Fahrgestell an und verbaute einen Schnittmotor vom Typ DB 603. Vor dem Triebwerk ist das Cockpit inklusive Lederlenkrad, Pedalerie, stoffbezogenem Fahrersitz und den Instrumenten wie beispielsweise einem Drehzahlmesser bis 4.000 U/min sowie Temperaturanzeigen für Öl und Wasser absolut original erhalten. Nun steht das rollbare Fahrgestell erstmals beim Goodwood Festival of Speed in der Öffentlichkeit.

Bilder: Mercedes-Benz