70 Jahre Porsche – Die 4-Zylinder-Modelle

Am 8. Juni ist es soweit, der Sportwagenbauer Porsche aus Stuttgart Zuffenhausen feiert 70-jähriges Jubiläum. Für uns mehr als nur ein Grund, um in die reiche Markengeschichte zurückzublicken. Doch um alle Anekdoten und berühmten Modelle darzustellen ist ein einzelner Artikel zuwenig. Daher haben wir uns entschlossen, Ihnen die Fahrzeuge nach Motorgröße vorzustellen und beginnen an dieser Stelle mit jenen Porsche, die lediglich vier Brennräume aufweisen – damit fing schließlich 1948 die Geschichte erfolgreich an.

Obwohl Ferdinand Porsche bereits in den 1930er Jahren ein nach ihm benanntes Konstruktionsbüro in Stuttgart gründete, gilt die Inbetriebnahme des allerersten Typ 356 als Geburtsstunde des Sportwagenherstellers. Dieser noch als Mittelmotor-Roadster konzipierte Wagen entstand 1948 im österreichischen Gmünd während der Nachkriegs-Inhaftierung von Ferdinand Porsche in Frankreich auf Basis von Volkswagen-Teilen unter Anleitung seines Sohnes Ferry Porsche. Als der Vater nach Hause kam und den Zweisitzer in Augenschein nahm soll er gesagt haben: „Keine Schraube hätte ich anders gemacht.“ Die folgende Serienproduktion wurde jedoch zurück zum Heckmotorkonzept entwickelt, das Ferdinand Porsche für den Volkswagen entwickelt hatte und an dem er weiterhin Lizenzen hielt. Auf diese Weise kam er günstig an dringend benötigte Teile, wie Getriebe, Federungen, Lenkungen oder Bremsanlagen.

Die ersten rund 50 Fahrzeuge entstanden in Handarbeit in Gmünd, anschließend zog die Firma zurück nach Stuttgart Zuffenhausen und übernahm dort die Räumlichkeiten der Karosseriebaufirma Reutter. Im Laufe der Zeit zogen diverse Verbesserungen in das Grundkonzept ein und führten zu den Bauserien A, B und C sowie Sonderkarosserien wie dem Speedster, dem Roadster, dem Convertible D, dem Hardtop Coupé oder dem lediglich 15-mal gebauten America Roadster. 1965 endete die Produktion nach insgesamt 76.302 Fahrzeugen. Parallel zur Sportwagenproduktion beteiligte sich Porsche 1953 an einer Ausschreibung der neu aufgestellten Bundeswehr für ein geländegängiges Fahrzeug. Mitbewerber waren die Auto Union (DKW) und Borgward (Goliath). Am Ende unterlag man dem DKW Munga, stellte jedoch je nach Quelle zwischen 70 und 100 Fahrzeuge her, wovon rund 49 in zivile Hände gingen. Der 597 ‚Jagdwagen‘ ist das erste Allradfahrzeug von Porsche.

Neben den straßenzugelassenen Sportwagen waren bereits von Anfang an auch Motorsportderivate wichtig für die kleine Marke. So setzte man 1951 den 356 in einer gewichtserleichterten Variante bei den 24 Stunden von Le Mans ein. Es folgte der erste rein für den Rennsport entwickelte Wagen in Form des 550 Spyder. Dieser eng geschnittene Zweisitzer geht auf recht ähnliche Eigenbauten des Frankfurter Porsche- und VW-Händlers Walter Glöckler und Hermann Ramelow zurück und konnte bei diversen Rennen Erfolge für die Zuffenhausener Mannschaft erringen. So gewann Richard von Frankenberg 1955 den Meistertitel in der Gesamtdeutschen Rennsportmeisterschaft bis 1.500 ccm und ein Jahr später überquerte Umberto Maglioli mit mehr als 15 Minuten Vorsprung die Ziellinie der Targa Florio. Die wohl berühmtesten beiden 550er sind das 1954er Fahrzeug für die mexikanische Carrera Panamericana, auf dem erstmals in der Markengeschichte Sponsorenaufdrucke zu finden sind und natürlich ‚Little Bastard‘, einer von fünf in die USA ausgelieferten 550, der von Schauspieler James Dean für Rennen gekauft wurde. Auf dem Weg zu einem Clubsportrennen verunfallte er und kam dabei ums Leben. Weniger bekannt sind die beiden Coupés, die Porsche für Le Mans aufbaute.
 
1956 dachte Porsche über einen Nachfolger für den 550 nach und entwickelte auf seiner Basis den verkürzten 645, Spitzname ‚Mickymaus‘. Der einzige gebaute Prototyp verunfallte jedoch im September beim AVUS-Rennen und brannte vollständig aus. Man konzentrierte sich im Anschluss auf das erfolgsversprechendere Projekt 718 mit anfänglich 142 und später bis zu 240 PS sowie Varianten für Sportwagen-, Formel-2- und sogar Formel-1-Rennen. Erfolge in Le Mans, bei der Targa Florio, in Sebring, bei diversen Bergrennen und in der Formel 2 gehen auf das Konto dieser Konstruktion, die 1961 für die Formel 1 zum Typ 787 weiterentwickelt wurde.

Für Sportwagenrennen gab es zudem den 356 B als 1600 GS-GT mit dem wenig schmeichelhaften Spitznamen ‚Dreikantschaber‘, womit das Publikum auf die etwas unharmonisch gestaltete Karosserie anspielte. Deutlich mehr optische Klasse bewies der 356 Carrera GTL Abarth, dessen Karosserie bei Zagato gefertigt wurde. Nachdem Porsche werksseitig aus der Formel 1 ausstieg und sich voll auf die Sportwagen-Weltmeisterschaft konzentrierte, erfolgte der Wechsel zu Kunststoff als Karosseriebauwerkstoff. Das erste Fahrzeug mit einer derartig aus glasfaserverstärktem Kunststoff gefertigten Außenhaut war der Carrera GTS mit der Typennummer 904. Da dieser Wagen offiziell straßentauglich war, durfte Porsche dieses Kürzel jedoch nicht nennen – ähnlich wie es zeitgleich auch beim ursprünglich 901 genannten Nachfolger des 356 lief. Peugeot hatte sich alle dreistelligen Nummern mit einer Null in der Mitte als Bezeichnungen für Straßenfahrzeuge schützen lassen.

Mit der Einführung des 911 als 356-Nachfolger endete auch das Kapitel der erschwinglichen Sportwagen aus Zuffenhausen – zumindest vorerst. Schnell kamen Kundenwünsche auf, speziell aus den USA. Entsprechend begannen die Schwaben eine Konstruktion zur Serienreife weiterzuführen, die während der Entwicklung des 901 parallel als 902 lief: Gleiche Karosserie, aber Motorisierung vom späten 356. Als 912 konnte der Wagen zwischen 1965 und 1969 schließlich in Coupé- und Targa-Variante weltweit auf Kundenfang gehen. 1975 baute man mit dem Triebwerk aus dem parallel gebauten 914 2.0 den 912 E als weiteres Einstiegsmodell in die Porsche-Welt, allerdings nur als Coupé und insgesamt lediglich 2.099 Stück.

Der bereits angesprochene 914 entstand als Kooperation zwischen Volkswagen und Porsche unter der eigenständigen ‚VW-Porsche Vertriebs G.m.b.H.‘ und wurde bei Karmann in Osnabrück gefertigt. Während die Sechszylinder-Version beim Porsche-Händler stand, lief der Vierender als VW-Porsche 914 im Programm der VW-Händler. 1976 löste das neu entwickelte Transaxle-Modell 924 mit vorn verbautem Vierzylinder-Triebwerk und hinten verbautem Getriebe den 914 ab. Auch er entstand eigentlich als Sportwagen für Volkswagen, wurde dort jedoch schließlich zu den Akten gelegt und von Porsche als erfolgsversprechendes Einstiegsmodell übernommen. Die Fertigung erfolgte im Audi-Werk in Neckarsulm um dort die Bänder besser auszulasten. Trotz der Einführung des verbesserten und teilweise optisch modifizierten 944 im Jahre 1981 blieb der 924 bis 1988 in Produktion. Den Abschluss der Transaxle-Baureihe bildete von 1991 bis 1995 der 968 mit einem 3,2 Liter großen Vierzylinder und bis zu 305 PS Leistung im seltenen Turbo S.

Auch im aktuellen Modellprogramm von Porsche finden sich Vierzylinder-Triebwerke. Neben dem Basismodell des Macan, in dem 252 PS für den Vortrieb sorgen, ist vor allem der Einstiegssportwagen 718 Cayman und 718 Boxster zu nennen. Beide verfügen über Vierzylinder-Turbomotoren mit zwei und 2,5 Litern Hubraum und bis zu 365 PS in der jeweiligen GTS-Variante.

Den absoluten Höhepunkt in Sachen Vierzylinder-Technologie setzt biser der 919 Hybrid, mit dem Porsche zwischen 2013 und 2017 in der LMP1-Kategorie der FIA World Endurance Championship (WEC) antrat und diese ab 2015 ebenso dreimal in Folge gewinnen konnte wie auch den Saisonhöhepunkt in Form der 24 Stunden von Le Mans. Nach dem Ausstieg des Werkes erfolgte im April die überraschende Pressemeldung, dass man mit einer Evo-Version, die von allen reglementsbedingten Restriktionen befreit wurde, einen neuen Rundenrekord im belgischen Spa-Francorchamps aufstellen konnte, der mit 1:41,770 Minuten sogar schneller als die Formel-1-Rundenzeiten war.

Auch in Zukunft wird Porsche auf den Vierzylindermotor setzen. Aufgrund immer strenger werdender Abgasvorschriften könnte er sogar in kommenden Modellgenerationen des 911 einziehen. Auch Panamera und Cayenne sind nicht davor geschützt eines Tages mit lediglich vier Brennräumen auszukommen.

In Kürze setzen wir unsere Jubiläumsberichterstattung mit den Sechszylinder-Modellen fort.

Bilder: Porsche