60 Jahre Škoda Felicia
Wir schreiben den 1. März 1959. In Leipzig, in der DDR, wird die alljährliche Frühjahrsmesse eröffnet, auf der Aussteller aus West und Ost ihre Produkte präsentieren. Unter ihnen ist auch Škoda aus der Tschechoslowakei, auf deren Stand das neue Cabriolet Felicia erstmals zu sehen ist. Wenige Tage später avancierte der 2+2-Sitzer auch auf dem Genfer Salon zum Publikumsmagnet. Nicht wenige Besucher der Messen unterschreiben Vorverträge, um einen Felicia zu bestellen. Einen Monat nach der Weltpremiere in Leipzig stehen sogar drei Exemplare auf einem Škoda Stand auf der New York International Auto Show. Dort erhoffte sich die Marke zusätzliche Absatzchancen, da speziell europäische Cabriolets in den USA damals gern gekauft wurden.
Die grundlegende Basis für den Felicia bot der Škoda 450 Cabrio, dessen Name sich von der Anzahl der Zylinder (vier) und der PS-Leistung (50) ableitete. Allerdings erhielt der Felicia neben einer modifizierten Karosserie auch zahlreiche technische Verbesserungen im Vergleich zum nur 1.010-mal gebauten Vorgänger. So hing die Vorderachse nun an Spiral- anstelle von quer verbauten Blattfedern, während massivere Silentblöcke aus Gummi deutlich weniger Vibrationen vom Fahrwerk mit Zentralrohr auf die Karosserie übertrugen. Asymmetrisch geschliffene Scheinwerfer sorgten nachts für mehr Sicht und über den Köpfen der Passagiere saß wahlweise das serienmäßige Stoffverdeck oder ein optionales Hardtop aus GfK, das nur 27 Kilogramm auf die Waage brachte. Damit wären wir bereits beim Thema Gewicht: Der fahrfertige Felicia wiegt nur 930 Kilogramm, hat aber eine Zuladung von 300 Kilogramm bei einem Kofferraumvolumen von 320 Litern – genug für einen ausgedehnten Wochenendausflug zu zweit.














Als Antrieb verbaute Škoda einen 1,1-Liter-Vierzylindermotor mit 50 PS und 74,5 Newtonmetern Drehmoment. Damit erreichte das hübsch geformte Cabriolet eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h und einen Durchschnittsverbrauch von rund neun Litern auf 100 Kilometern. Zwei Jahre später erfolgte eine Modellpflege, bei der der Schalthebel vom Lenkstock auf den Mitteltunnel wanderte und die Motorleistung um 2 PS anstieg, da das Triebwerk nun auch den besseren 70-Oktan-Sprit vertrug, der in vielen Ländern bereits erhältlich war. Zudem brachte das Facelift einen veränderten Kühlergrill, Vordersitze mit Liegefunktion, ein aus Polytex gefertigtes und mit schwarzem Kunstleder bezogenes Armaturenbrett sowie hintere Ausstellfenster im Hardtop mit sich. 1962 ergänzte der Felicia Super die Modellpalette nach oben. Sein 1,2 Liter großes Vierzylindertriebwerk entwickelte dank zweier Fallstrom-Vergaser von Jikov 55 PS und ein maximales Drehmoment in Höhe von 82 Newtonmetern. Auch die Höchstgeschwindigkeit stieg leicht auf 135 km/h an.
Aufgrund der ausgewogenen Formensprache in Verbindung mit durchaus ordentlichen Fahrleistungen fand der Škoda Felicia nicht nur im Ostblock, sondern auch in vielen westlichen Ländern Kundschaft. Schon 1959 stellte man dreimal soviele Fahrzeuge parallel zum Octavia Combi im Werk Kvasiny her, als vom 450 Cabriolet insgesamt entstanden waren. Davon gingen fast 70 Prozent in den Export. In den folgenden Jahren standen einige Exemplare auch auf eher exotischeren Automessen, beispielsweise in Johannesburg oder Mexiko-Stadt. In Kanada griff Eishockey-Profi Maurice ‚Rocket‘ Richard (1921 bis 2000) zu einem Felicia Cabrio, um damit zu Trainings und Spielen der Montreal Canadiens zu fahren. Als Teamkapitän gelang es ihm, in 50 NHL-Spielen 50 Tore zu schießen. Nach 14.863 gebauten Felicia und Felicia Super stellte Škoda die Produktion in Kvasiny auf den neuen 1000 MB mit Heckmotor um. Heute zählt das letzte Cabriolet mit Frontmotor und Hinterradantrieb zu den gesuchtesten Škoda-Klassikern und erzielt gute Preise unter Liebhabern.
Bilder: Škoda, Archiv