35 Jahre Alfa Romeo 75

Alfa Romeo produzierte seit 1977 ein Julchen anstelle der Julia – oder auf italienisch: eine Giulietta anstelle der Giulia. Diese Verniedlichung wollte eigentlich nicht so richtig zu dem kantigen Auto passen, wobei diese Formen jedoch gut in die Zeit passten. Unter dem internen Entwicklungscode 116 entstand dieser Wagen auf Basis der Bodengruppe der etwas größeren Alfetta mit gleichem Radstand, jedoch geringerer Länge und Breite. Die diversen verfügbaren Motoren saßen vorn, während das Getriebe und das Differenzial in Transaxle-Bauweise an der Hinterachse verbaut waren. Die von Ermanno Cressoni im Centro Stile von Alfa Romeo gezeichnete Karosserie konnte jedoch keinerlei Begeisterung auslösen und sorgte für deutliche Rückgänge der Verkaufszahlen in vielen Ländern. Selbst eine Modellpflege 1983 half hier nicht weiter. Rückblickend betrachtet nahm Alfa Romeo viele Elemente heutiger Limousinen vorweg. Man behielt die Grundoptik bei, da die Rohkarosserie der Giulietta 1985 als Basis für den neuen Alfa Romeo 75 diente, der in den USA als Alfa Romeo Milano lief.

Unterhalb der Seitenscheiben ergänzte Ermanno Cressoni neue Kunststoffleisten, die vorn am Kotflügel starteten und bis hinten durchliefen, am Heck gestaltete man den oberen Bereich der Kofferraumklappe neu, während darunter die Leuchten weiter nach unten wanderten und an ihrer Oberkante eine reflektierende Leiste über die volle Fahrzeugbreite erhielten. Durch neue Kunststoffaufsätze stand die Heckscheibe flacher als bei der Giulietta. Während die Versionen mit kleinen Motorisierungen in Europa 4,33 Meter lang waren, erhielten die US-Versionen sowie das Topmodell 3.0 V6 andere Stoßfänger, durch die der Wagen auf 4,41 Meter anwuchsen. Ebenso unterschieden sich europäische und amerikanische Fahrzeuge durch den Einbauort und damit auch durch die Größe des Benzintanks, die in Europa 49 und in den USA 68 Liter betrug. Während das Werk ausschließlich Limousinen anbot, fertigte Rayton Fissore zwei fahrfähige Prototypen eines Kombis für den Turiner Autosalon 1985 und den Genfer Autosalon 1986 an, dessen mögliche Serienchance jedoch durch die Übernahme von Alfa Romeo durch den Fiat-Konzern auf null sank. Einige Prototypen dienten allerdings als Servicefahrzeuge am Alfa Romeo Werk in Mailand.

Zum Modelljahr 1989, das wie bei vielen anderen Herstellern bereits im Herbst 1988 begann, erhielt der Alfa Romeo 75 ein Facelift mit neuen Leuchten, verändertem Kühlergrill sowie ab nun teillackierten Schwellern und Stoßfängern. Im Laufe der Produktionszeit gab es verschiedene Benzin- und Dieseltriebwerke mit Leistungen zwischen 79 kW/107 PS und 141 kW/192 PS (Benziner) sowie 70 kW/95 PS und 82 kW/111 PS (Diesel), wobei die Selbstzünder nie offiziell auf den deutschen Markt gelangten. Je nach Ausführung und Motorisierung lag das Leergewicht zwischen 1.060 und 1.330 Kilogramm. Die vom Werk entwickelten Rennvarianten unterboten diese Werte natürlich. Mit ihnen trat Alfa Romeo in verschiedenen Tourenwagen-Rennserien weltweit an. Um die Gruppe-A-Regularien zu erfüllen entstanden 1987 500 Exemplare des 75 Turbo Evoluzione. Insgesamt entstanden 386.767 Fahrzeuge bis zum Modellwechsel auf den Alfa Romeo 155 im Jahr 1992. Durch Programme wie die Abwrackprämien in verschiedenen Ländern oder die in der EU geltenden Regularien zur Gewährleistung auf Gebrauchtwagen hat sich der Bestand des Alfa Romeo 75 inzwischen drastisch reduziert. Obwohl inzwischen fast jedes Modelljahr würdig wäre, in Deutschland ein H-Kennzeichen zu erhalten, tauchen nur selten entsprechende Fahrzeuge bei Oldtimertreffen auf.

Bilder: Alfa Romeo