Triumph TR2 Le Mans 1955
Triumph, das klingt irgendwie deutsch, oder nicht? Tatsächlich richtig. 1884 ging Siegfried Bettmann aus Nürnberg nach London, um dort als Übersetzer für deutsche Firmen zu arbeiten. Bald begann er damit, Fahrräder zu exportieren, die er bei der Firma William Andrews Company in Birmingham herstellen ließ und zuerst unter seinem eigenen Namen ‚Bettmanns‘ und schließlich unter dem international besser verständlichen Handelsnamen ‚Triumph‘ anbot. Daraus wurde 1886 seine eigene Firma ‚Triumph Cycle Company‘, in die ein Jahr später Mauritz Johann Schulte als Partner einstieg und die ab 1889 selbst Fahrräder herstellte anstatt extern produzieren zu lassen.
Sieben Jahre später begründete man in Nürnberg die Tochterfirma ‚Deutsche Triumph Fahrradwerke AG‘, wo ab 1903 auch Motorräder vom Band liefen – ein Jahr nachdem die britische Mutterfirma in Coventry damit begonnen hatte. 1912 übernahm Siegfried Bettmann zusätzlich den Posten des Vorstandsvorsitzenden bei der Standard Motor Company. Nach dem Ersten Weltkrieg stellte Triumph erstmals versuchsweise einen Kleinwagen mit zwei Liter großem Motor her und kaufte schließlich 1921 die Produktionshallen des bankrotten Autoherstellers Dawson in der Nachbarschaft in Coventry.
Ab 1923 entstanden Autos von Triumph in Serienproduktion, wobei ein Jahr später erstmals an allen vier Rädern hydraulische Bremsen zum Einsatz kamen – ein Novum im Autobau. Mit dem Wechsel der Geschäftsleitung in die Hände von Lord Leigh 1931 begann ein konstanter Abstieg der Marke, die immer schlechtere Verkaufszahlen bald nicht mehr finanziell auffangen konnte. Man verkaufte die Fahrrad-Abteilung und stellte Donald Healey als Leiter der Konstruktionsabteilung ein, um sportlichere und luxuriösere Modelle zu entwickeln. Trotz diverser Erfolge im Motorsport drehten sich die Absatzzahlen nicht ins Positive, da inzwischen weltweit eine Wirtschaftskrise herrschte. So musste man 1936 zusätzlich auch noch die Motorradsparte abstoßen. Drei Jahre später erfolgte der Konkurs der Autoproduktion.
Der Zweite Weltkrieg sorgte schließlich dafür, dass die Produktionshallen in Coventry im Bombenhagel zerstört wurden. Ab 1944 hielt die Standard Motor Company die Namensrechte an Triumph und entwickelte zuerst einmal den teilweise aus Aluminium gefertigten 1800 Roadster. Es folgten durchaus erfolgreiche Jahre bis durch die immer weiter um sich greifenden Fusionen der britischen Hersteller zur British Leyland Motor Corporation (BLMC), später British Leyland Ltd., dann Austin Rover Group und schließlich MG Rover Group der Triumph-Zahn soweit ausgehöhlt war, dass selbst treue Markenfans kein gutes Wort mehr fanden. Der finale PKW mit dem Triumph-Logo war ein in Großbritannien zusammengeschraubter Honda Ballade (Civic Viertürer) unter dem Modellnamen Acclaim. 1984 stellte man die Fertigung ein und beerdigte damit die Marke Triumph. Heute liegen die Markenrechte bei BMW.
Auf der Earl’s Court Motor Show in London debütierte 1952 der zweisitzige offene Prototyp Triumph TS20 (je nach Quelle auch 20TS), der kurze Zeit später in TR1 umgetauft wurde. Er bestand aus Komponenten älterer Modellreihen von Standard Motor Cars und erhielt eine durch Walter Belgrove gestaltete Karosserie. Allerdings konnten die Fahrleistungen keinesfalls überzeugen, sodass man bald an die Entwicklung des Nachfolgetyps TR2 ging. Hierfür sicherte man sich die Hilfe von Rennfahrer Ken Richardson, der den TR1 zuvor nach Testfahrten als ‚death trap‘ (Todesfalle) bezeichnet hatte. Der TR2 debütierte auf dem Genfer Autosalon 1953, woraufhin im August des gleichen Jahres die Produktion anlief. Unter der Motorhaube saß ein Vierzylinder-Triebwerk mit 90 PS, die über ein Viergang-Getriebe mit optionalem Overdrive auf die Hinterachse gelangten. Damit ging es in 11,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und weiter bis zur Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h.
Mit derartigen Leistungsdaten gehörte man in den 1950er Jahren durchaus zu den Sportwagen. So verwundert es nicht, dass Triumph den TR2 unter anderem bei der Mille Miglia und den 24 Stunden von Le Mans einsetzte. Silverstone Auctions bietet nun im Rahmen der NEC Classic Motor Show in Birmingham eines von drei Werksrennfahrzeugen an, die 1955 in Le Mans an den Start gingen. Es ist das bis heute denkwürdigste Rennen an der Sarthe durch den schlimmsten Unfall, der je in der Motorsportgeschichte geschehen ist. Triumph hatte damit jedoch nichts zu tun und da das Rennen fortgesetzt wurde, Mit der Startnummer 68 auf Türen und Hauben nahmen Mortimer Morris-Goodall und Leslie Brooke das Rennen auf und errangen schließlich trotz eines zweieinhalb stündigen Ausrutschers auf eine Sandbank in Tertre Rouge am Ende den 19. Gesamtrang.
Im Vergleich zu den Serienautos verfügten die Rennfahrzeuge über größere vordere Bremsscheiben, größere Benzintanks und modifizierte Zylinderköpfe. Diese Veränderungen nutzte man in späteren Modelljahren für die Seriensportwagen. Direkt im Anschluss an das Rennen übernahm König Hussein von Jordanien diesen TR2 und fügte ihn in seinem gesamten Le-Mans-Ornat seiner Autosammlung hinzu. Später ließ er den Wagen in den jordanischen Farben Blau und Weiß lackieren und innen luxuriös ausstaffieren. 1956 nahm er den Triumph mit nach Großbritannien, wo er das Army Officers College in Sandhurst absolvierte. Da der Roadster dem typischen britischen Winter nicht gewachsen war, verkaufte er ihn im November des gleichen Jahres, woraufhin das Rennfahrzeug durch viele Hände ging, bevor 1972 der heutige Besitzer ein inzwischen gelb lackiertes Wrack kaufte. Erst bei den durch Familiengründung und zeitliche Einschränkungen durch seinen Job bis ins Jahr 2000 andauernden Restaurierungsarbeiten wurde er auf die besondere Geschichte dieses Autos aufmerksam und versetzte es wieder in jenen Zustand, in dem es 1955 an der Startlinie in Le Mans stand. Er ergänzte jedoch einen Überrollbügel und moderne Sicherheitsgurte, um den Wagen im historischen Rennsport nutzen zu können. Silverstone Auctions erwartet einen Zuschlagspreis zwischen £ 100.000 und £ 140.000 (rund 112.630 € bis 157.700 €).
Bilder: Silverstone Auctions