Talbot-Lago 2500 Sport
Mit nur 39 Jahren Dauer plus einer gewissen Vorgeschichte gehört die Geschichte der französischen Marke Talbot zu den eher kürzeren Episoden im Automobilbau. Trotzdem gehören einige der in diesem Zeitraum entstandenen Fahrzeuge zu den absoluten Traumautos weltweiter Sammler. Begründet ist dies zum einen in den Sonderkarosserien von Firmen wie Saoutchik, Figoni & Falaschi, Pourtout, Chapron oder Chausson, andererseits aber auch im ausgewogenen Technikpaket. Die oben erwähnte Vorgeschichte begann bereits 1903, als das britische Unternehmen Clement Talbot Ltd damit begann französische Fahrzeuge der Marke Clément nach Großbritannien zu importieren und dort unter dem Markennamen Clement-Talbot zu verkaufen. Ein Jahr später begann die eigene Autoproduktion. Durch eine Übernahme des Unternehmens durch die französische Marke Darracq im Jahr 1919 wechselte der Markenname zeitweise auf Talbot-Darracq. Nur ein Jahr später kaufte Darracq zusätzlich auch Sunbeam, wodurch der STD Konzern (Sunbeam Talbot Darracq) entstand. Bis 1935 fertigten alle drei Firmen Autos, die je nach Land unter dem einen oder anderen Markennamen vertrieben wurden.
1935 geriet der Konzern in Zahlungsschwierigkeiten und schließlich zerschlagen. Der italienische Unternehmer Antonio Lago kaufte das Talbot-Werk in Suresnes nahe Paris. Von nun an begann die Ära der spannenden Sonderkarosserien unter dem Markennamen Talbot-Lago. Bis zum Zweiten Weltkrieg entstanden hauptsächlich sportliche Coupés und Cabriolets, allerdings auch einige Limousinen und sogar zwei Grand Prix Rennwagen, die 1939 jedoch nicht mehr zum Einsatz kamen. In der Nachkriegszeit konzentrierte man sich ausschließlich auf Sportwagen, die, von wenigen Ausnahmen abgesehen, allesamt vom Werk selbst karossiert wurden. Nach gravierenden Absatzschwierigkeiten verkaufte Antonio Lago sein Unternehmen 1959 an den französischen Autobauer Simca, der seinerseits später durch Chrysler Europe und dann durch den PSA Konzern übernommen wurde. Zwischen 1979 und 1993 belebte man den Markennamen Talbot noch einmal wieder, seitdem ruht er wieder.
Das finale Projekt der Marke Talbot-Lago war 1955 der 2500 Sport. Dieses zweitürige Sportcoupé sollte auch im Rennsport eingesetzt werden und dabei in die Klasse der Fahrzeuge bis 2,5 Liter Hubraum passen. Hierfür entwickelte man einen Vierzylindermotor mit 2.491 Kubikzentimetern Volumen, der rund 120 PS bereitstellte. Die Karosserie zeichnete Carlo Delaisse. Neu kostete der 2500 Sport in Frankreich mehr als doppelt soviel wie ein Citroën DS. Für den nordamerikanischen Markt bot man das Fahrzeug zusätzlich als Talbot-Lago America mit mehr Chromzierrat, dem Fahrerplatz auf der linken Seite und einem anderen Triebwerk an. Hierzu kaufte man bei BMW den V8-Motor aus dem 502 ein, ließ jedoch den Durchmesser der Zylinderbohrungen leicht reduzieren, wodurch sich der Hubraum von 2,6 auf knapp unter 2,5 Liter reduzierte. Damit passte der Wagen immer noch in die 14 CV Steuerklasse für Automobile in Frankreich. Während vom America lediglich 15 Exemplare entstanden sind, kamen vom 2500 Sport immerhin 39 auf die Straße, wobei Talbot-Lago zwei davon ohne Karosserie an die jeweiligen Kunden auslieferte.
Interessanterweise bietet das Pariser Auktionshaus Artcurial im Rahmen der Retromobile Anfang kommenden Monats gleich zwei Exemplare des Talbot-Lago 2500 Sport an. Während ein Fahrzeug direkt aus der Halle gefahren werden kann, benötigt das zweite Auto ein wenig Aufmerksamkeit. Widmen wir uns jedoch zuerst dem grauen, hervorragend restaurierten Wagen mit der Fahrgestellnummer 140011. Er entstand 1956 laut heute noch existierenden Unterlagen mit speziellen Kolben von Borgo, verstärkten Pleueln, Vergasern von Zenith, einem Getriebe von ZF, Bremsen von Bendix Lockheed sowie einer Lenkung von Gemmer. Zur Ausstattungsliste addierten sich zudem eine Scheibenheizung, Aluminium-Speichenfelgen und ein zweiteiliges Kofferset. Von außen trug der Wagen ab Werk eine Lackierung in ‚Metaliose‘ Grau 890 während das Interieur in Griffin-Grau ausstaffiert wurde. Am 28. Februar 1956 erfolgte die Übergabe an den Erstbesitzer Mr Longe. Zwischen 1981 und 2008 befand sich das Coupé in der Nähe von Lyon, dann bei einem Sammler in Isere und schließlich beim heutigen Besitzer. Dieser ließ eine umfangreiche Restaurierung bei GT Label in der Nähe von Lille durchführen, die insgesamt mehr als 100.000 € kostete. Bei der Artcurial Auktion erwartet man nun einen Zuschlagspreis zwischen 260.000 und 320.000 €.
Der zweite Talbot-Lago 2500 Sport, der bei Artcurial angeboten wird, entstand bereits 1955 und trägt die Fahrgestellnummer 140006. Am 9. November 1955 lieferte man den Wagen an M. Robillard in Paris aus, laut Werksunterlagen schwarz lackiert mit Havanna-beigefarbener Vinylausstattung und unlackierten Speichenfelgen. 1963 kaufte ein junger Autoenthusiast aus Paris den Sportwagen, dessen Bruder und Vater jeweils ebenfalls einen 2500 Sport besaßen. Nach einem kleinen Unfall forderte ihn seine Familie jedoch auf das Auto wieder zu verkaufen, bevor er in einen ernsteren Unfall verwickelt würde. Dies tat er nach erfolgter Reparatur und einer Umlackierung auf das typisch französische Rennblau im März 1964. Seitdem befindet sich dieser Talbot-Lago im gleichen Besitz und wurde bis vor rund 25 Jahren regelmäßig bewegt. Dann stellte man den Sportwagen in eine trockene Halle, bockte ihn auf und ließ ihn stehen. Bis 2017 startete der Besitzer den Wagen mindestens einmal im Jahr gemeinsam mit seinem Neffen, um den Motor lauffähig zu halten. Die Laufleistung von angezeigten 46.509 Kilometern ist korrekt.
Wenn Artcurial das Auto versteigert gehört auch ein Paket von Komponenten mit dazu. Dieses beinhaltet neben den abgeschraubten Stoßstangen auch den originalen Kühler, der vor vielen Jahren gegen ein Bauteil mit elektronisch gesteuertem Ventilator getauscht wurde. Generell befindet sich der 2500 Sport in durchaus gutem, patinierten Zustand. Der Motor lässt sich drehen und dürfte mit nur wenigen Arbeiten in Gang zu bringen sein. Artcurial erwartet zwischen 140.000 und 180.000 € als Zuschlagspreis.
Bilder: Artcurial