Škoda Hispano-Suiza
Vor 95 Jahren erhielt der erste Staatspräsident der Tschechoslowakei, Tomáš Garrigue Masaryk, einen neuen Dienstwagen. Als Mitbegründer dieses Landes übernahm er 1918 die Präsidentschaft und hielt diesen Posten bis 1935. Seine Hintergründe waren weit entfernt von einem solchen Amt. Er stammte aus ärmlichen Verhältnissen und arbeitete sich nach oben. Nach einem Studium in Wien, das er mit Habilitation abschloss, wurde er mit nur 32 Jahren Philosophie-Professor in Prag. Gleichzeitig setzte er sich als Abgeordneter im Wiener Parlament für eine Demokratisierung der österreichisch-ungarischen Monarchie ein. Zugleich forderte er als tiefgläubiger Protestant eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat und setzte sich zudem gegen Antisemitismus ein. Im Ersten Weltkrieg musste er ins Exil flüchten.
Präsident Masaryk besuchte das Škoda-Werk
Während dieser Zeit in Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA fand Masaryk viele Förderer der Idee eines eigenständigen Staates namens Tschechoslowakei. Er begründete Exilarmeen in Frankreich und Russland. Am 28. Oktober 1918 akzeptierte die österreichisch-ungarische Regierung die Bedingungen zur Beendigung des Krieges. Diese sahen auch die Abspaltung der Tschechoslowakei vor, wodurch dieser Tag als Gründungstag des Staates gilt. Tomáš Garrigue Masaryk kehrte auf der Rückbank eines blumengeschmückten offenen Laurin & Klement Typ M aus dem Exil zurück und trat seine Präsidentschaft an. Am 3. Mai 1919 besuchte er die Fahrzeugfabrik von Václav Laurin und Václav Klement in Mladá Boleslav. Dort trug er sich ins Ehrenbuch der Stadt ein und forderte die Entwicklung erschwinglicher Autos für die breite Masse.
Lizenzbau einer spanisch-französischen Luxuslimousine
Auf der Basis des spanischen Hispano-Suiza entstanden ab 1926 Lizenzfertigungen im neuen Škoda-Werk in Pilsen. Mit dem Markennamen warf der Lizenzgeber einen Blick auf die eigene Herkunft („Hispano“ = Spanien) und die des leitenden Fahrzeugentwicklers Marc Birkigt („Suiza“ = Schweiz). Diese technisch-innovativen und hochwertigen Limousinen genossen zwischen 1904 und 1938 hohes internationales Ansehen. Einige Modelle entstanden im Pariser Zweigwerk. Škoda stellte rund 100 Exemplare in Lizenz her. Dabei setzte Škoda kompromisslos auf Qualität und bestmögliche Verarbeitung. Unter der langen Motorhaube steckte ein 6,6 Liter großer Sechszylinder-Reihenmotor mit Leichtmetallblock. Darin rotierte eine siebenfach gelagerte Kurbelwelle, die jeweils aus einem rund 350 Kilogramm schweren Gussteil gefräst wurde. Am Ende wog sie immer noch 45 Kilogramm. Rund 100 PS standen als Dauerleistung bereit, für kurze Beschleunigungsmanöver konnten rund 135 PS abgerufen werden.
Präsidentschafts-Limousine ist leider verschollen
Das erste Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer 388 wurde bereits am 25. Juni 1925 durch die tschechoslowakische Regierung als Repräsentationsauto bestellt. Hierfür baute vermutlich Brožík in Lizenz der Pariser Firma Carrosserie Kellner Frères eine Karosserie auf. Zwischen Fahrerkabine und Passagierraum sorgte eine gläserne Trennwand für Privatsphäre. Andere Kunden ließen ihre Aufbauten wahlweise bei Škoda, J.O. Jech, Aero, Erdmann & Rossi, Petera oder Pokorný & Beywel entstehen. Am 10. Mai 1926 übergab man die Limousine offiziell an den Staatspräsidenten. Sie erhielt das Nummernschild ‚N-1‘. In den 1930er Jahren wechselte es auf die Prager Nummer ‚P-118‘ und für Inkognito-Reisen gab es zusätzlich das Kennzeichen ‚N-XIV-842‘. Tomáš Garrigue Masaryk gab die Präsidentschaft im Dezember 1935 mit 85 Jahren aus Altersgründen ab. Seinen Dienstwagen nahm Škoda daraufhin zurück. Leider kam das Fahrzeug im Zweiten Weltkrieg abhanden und ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Einige andere Exemplare des Škoda Hispano-Suiza haben jedoch die Zeiten überdauert.
Bilder: Škoda