Škoda 992 F3
Die Motorsportgeschichte von Škoda ist umfangreicher als sich das manchein uninformierter Betrachter vorstellt. Nicht nur im Rallyesport und in Le Mans war die tschechische Marke unterwegs, sondern sogar bei den Formel-Rennwagen. Als 1949 der Grand Prix der Tschechoslowakei als einziges internationales Rennen für lange Zeit stattfand, war Škoda noch nicht mit am Start. Durch die politische Situation in den sozialistisch und kommunistisch geprägten Staaten Osteuropas kam es nie zu einem Rennen der 1950 begründeten Formel 1 hinter dem Eisernen Vorhang. Kleinere Formelklassen fanden jedoch immer wieder ihren Weg auf Strecken wie Brno. Einheimische Teams bauten mit einfachsten Mitteln passende Fahrzeuge nach internationalem Reglement auf und nahmen auch in Westeuropa an Veranstaltungen teil. Ab Ende der 1940er Jahre gab es die Formel 3, die anfangs auf 500 Kubikzentimeter große Motorradtriebwerke setzte. Ein Jahrzehnt später führte Italien die Formel Junior mit Motoren bis 1,1 Liter Hubraum ein.
Einstieg in die Formel 3
1964 kamen neue Regularien für die Formel-3-Kategorie auf, die Škoda ganz klar in die Hände spielten. Basierend auf den italienischen Formel-Junior-Regeln entstanden neue Formel-Rennwagen mit maximal einem Liter Hubraum. Die tschechische Marke hatte mit dem 1000 MB ein Serienfahrzeug in Vorbereitung, dessen Antriebstechnik hervorragend zu den geforderten Angaben passte. Unter dem internen Kürzel Š 992 entstand daher ein neuer Monoposto, der im Februar 1964 debütierte. Als Grundlage diente ein neu entwickelter Stahlrohr-Gitterrahmen mit Trapez-Halbachsen vorn und Fünflenker-Hinterachse. Um die Aerodynamik möglichst wenig zu beeinflussen verlagerten die Techniker sowohl die Schraubenfedern als auch die verstellbaren Dämpfer nach innen unter die Karosserieverkleidung. Diese Bauform war damals noch nicht weit verbreitet, setzte sich aber nach und nach im internationalen Motorsport durch. Hinter den 13-Zoll-Rädern mit Dunlop-Bereifung steckten Girling-Scheibenbremsen.
Konsequenter Monoposto
Direkt im Rücken des Fahrers steckte ein Vierzylindertriebwerk mit 999 Kubikzentimetern Hubraum, obenliegenden Ventilen und dreifach gelagerter Kurbelwelle. Anfänglich standen 53 kW/72 PS zur Verfügung, die sich bis 1966 auf 66 kW/90 PS steigerten. Zur besseren Gewichtsverteilung verbauten die Škoda-Ingenieure den Motor um 12 Grad nach links geneigt. Zwischen Kupplung und Getriebe integrierte man eine austauschbare Zwischenübersetzung, durch die man das Auto relativ schnell auf die jeweilige Streckencharakteristik anpassen konnte. Vor den Füßen des Fahrers waren Wasser- und Ölkühler untergebracht, neben ihm auf beiden Seiten die jeweils 15 Liter großen Benzintanks. Für die Formgebung der Verkleidung begab sich Škoda in einen Windkanal. Nachdem die ersten Exemplare des 992 eine Aluminiumkarosserie erhalten hatten, wechselte man recht bald auf leichtere Aufbauten aus glasfaserverstärktem Kunststoff. So sank auch das Gewicht von 420 auf 405 Kilogramm.
Zahlreiche Siege in Osteuropa
Im Gegensatz zu den heutigen, künstlich angelegten Retorten-Rennstrecken nutzten die Meisterschaften der 1960er Jahre noch anspruchsvolle Traditionskurse. Zum Teil ging es sogar über innerstädtisches Kopfsteinpflaster inklusive tiefliegenden Gullideckeln. Dies galt auch für die Formel 3 Meisterschaft der sozialistischen Länder und die landesweite Meisterschaft in der Tschechoslowakei, an denen Škoda ab 1964 teilnahm. Bis 1968 errangen die Werksfahrer Václav Bobek, Jaroslav Bobek und Miroslav Fousek zahlreiche Siege. Dann fanden immer mehr westeuropäische Fahrzeuge, beispielsweise von Brabham, Lotus oder Tecno, ihren Weg hinter den Eisernen Vorhang. Dennoch hielten die Škoda 992 F3 bis zur Reglementsveränderung 1971 weiterhin gut im Feld mit. Zwei der drei gebauten Exemplare sind originalgetreu erhalten. Der dritte Wagen wurde Mitte der 1970er Jahre zum Baghira Spider umgebaut und wartet aktuell auf die Fertigstellung der Restaurierung.
Bilder: Škoda