Renault Sport Spider

Manche Hersteller waren früher mutiger als heute. Aus heutiger Sicht könnte man Renault dazuzählen. Einst brachte man wilde Fahrzeuge wie den Renault 5 Turbo mit Mittelmotor auf die Straße und beerbte diesen jahrzehnte später sogar mit einer ähnlich gestalteten Variante auf Basis des Clio mit V6-Triebwerk wieder. Zwischendrin gab es aber den bislang ungewöhnlichsten und radikalsten Serienwagen der Firmengeschichte, den 1995 präsentierten und ein Jahr später in den Markt gebrachten Sport Spider. Ursprünglich sollte der Wagen als Alpine A710 den kleinen französischen Sportwagenhersteller weiter am Leben erhalten. Allerdings entschied sich die Renault-Leitung schließlich dafür, nach dem A610 bei Alpine den Stecker zu ziehen und stattdessen die Fabrikation in Dieppe künftig für die hauseigene Motorsportabteilung zu nutzen. Damit wurde aus dem A710 ein Renault-Projekt nebst Ableger für die Rennstrecke. Erstmals kam dabei das Logo von Renault Sport zum Einsatz.

Da die Franzosen bereits gute Erfahrungen mit dem Clio Cup als Markenpokal hatten, wurde für die Rennwochenenden dieser Rennserie ein weiterer Programmpunkt aufgenommen: die Sport Spider Trophy, die teilweise auch im Vorprogramm der Formel 1 lief. DIe Urversion, die 1995 auf dem Genfer Autosalon debütierte, zeichnete sich durch ihre pure Radikalität aus. Es gab nicht nur keine Komfortextras, sondern auch kein Dach und nicht einmal eine Windschutzscheibe. Stattdessen hatte man gemeinsam mit Nogarotech einen Luftdiffusor vor den Passagieren entwickelt, der den Fahrtwind wirksam über die Köpfe leitete. Allerdings empfahl man den Passagieren eindringlich die Nutzung von Integralhelmen zum Schutz vor Steinchen und Insekten. Den Zutritt zum Innenraum erlauben zwei Scherentüren.

Während die Serienfertigung bereits ab etwa Mitte 1995 anlief, rollten erste Fahrzeuge erst ab Anfang 1996 zu den Händlern in Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Österreich, Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, Italien, Großbritannien, Japan und Argentinien. Nachdem die nur 930 Kilogramm leichte Variante mit Luftleitelement einigen Kunden zu radikal war, entwickelte man bei Renault eine zusätzlich zum gleichen Preis angebotene Version mit beheizbarer Frontscheibe, die lediglich 35 Kilogramm mehr auf die Waage brachte. Ansonsten blieb die Karosserie identisch und war in beiden Varianten wahlweise in ‚Sport Gelb‘, ‚Sport Blau‘, ‚Sport Rot‘ oder ‚Titan Grau‘ erhältlich. Die seltenste Konfiguration war bis 1999 die Luftabweiserkarosserie in Titan Grau mit nur sechs Exemplaren, gefolgt vom Sport Rot, das mit Scheibe 77-Mal und ohne nur 31-Mal versprüht wurde. Zur Gesamtstückzahl kursieren verschiedenste Zahlen. Vermutlich rollten 1.653 straßenzugelassene Sport Spider vom Band, wobei auch 1.493 als Zahl im Netz zu finden ist.

Ein roter Sport Spider ohne Scheibe steht am 4. November in der Versteigerung ‚Automobiles sur les Champs 14‘ in Paris beim Auktionshaus Artcurial bereit, um den Besitzer zu wechseln. Er stammt aus zweiter Hand, zeigt lediglich knapp 17.000 Kilometer auf dem Zähler und hat, wie alle Sport Spider einen zwei Liter großen Vierzylinder-16V-Motor quer vor der Hinterachse mit 147 PS und 185 Newtonmetern Drehmoment. Dank des verwindungssteifen Aluminiumchassis und der leichten Kunststoffkarosserie reicht diese Leistung aus, um den Zweisitzer in 6,5 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und weiter bis auf maximal 215 km/h zu beschleunigen. Die Trophy-Ausführung erhielt eine Leistungssteigerung auf rund 215 PS. In Deutschland lag der Grundpreis bei 56.000,- DM, wobei es optional lediglich ein Radio sowie für die Version mit Scheibe ein Airbaglenkrad und eine Regenhaube für das Interieur gab. Nun erwartet Artcurial einen Zuschlagspreis zwischen 35.000,- und 50.000,- €.

Bilder: Artcurial