Porsche 597 Jagdwagen
Landläufig hört man häufig die Meinung, der erste Geländewagen aus dem Hause Porsche sei der Cayenne, der seit 2002 in Leipzig vom Band läuft. Wenn man das Wort ‚Geländewagen‘ gegen das Kürzel ‚SUV‘ austauscht, stimmt der Satz sogar. Anderenfalls hingegen nicht. Zum Einen war Ferdinand Porsche maßgeblich an der Entwicklung von Kübelwagen und Schwimmwagen auf Basis des Volkswagen beteiligt, zum anderen gab es sogar schon einmal einen reinrassigen Geländewagen der Marke Porsche. Da dieser jedoch ungefähr so selten wie ein vierblättriges Kleeblatt ist, kennen ihn viele Autofans überhaupt nicht. Ein guter Grund für uns, die Geschichte des Porsche 597 einmal aufzuarbeiten. Eines kann man vorwegnehmen: Ohne eine Militärausschreibung wäre es nie zu diesem Fahrzeug gekommen. Wir schreiben den 19. Januar 1953. An diesem Tag erfolgte eine offizielle Anfrage die nach seinem Leiter, Staatssekretär Theodor Blank, ‚Amt Blank‘ genannte Vorgängerinstitution des heutigen Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung beim Verband der deutschen Kraftfahrzeugindustrie nach interessierten Herstellern, die passende Fahrzeuge für das Militär entwickeln und später auch fertigen könnten. Hierfür sollten ursprünglich jedoch keine Steuermittel zur Verfügung stehen. Insgesamt folgten drei Hersteller dieser Anfrage: die Auto Union aus Ingolstadt, der Borgward-Konzern aus Bremen und schließlich auch Porsche.
Während wir die Entwicklungsgeschichte der anderen beiden Kandidaten möglicherweise einmal in eigenen Artikeln behandeln, bleiben wir hier bei der Konstruktion aus Stuttgart Zuffenhausen. Diese stand erstmals am 19. Januar 1955, also exakt zwei Jahre nach der Anfrage, in Prototypenform für Fahrversuche bereit. Porsche stellte im Laufe der Zeit unterschiedliche Karosserien mit und ohne Türen zur Verfügung. Gleichzeitig lief auch in Stuttgart die Entwicklung weiter, um das Konzept zu verbessern. So vergrößerte man beispielsweise den Hubraum des aus dem 356 stammenden Vierzylinder-Boxermotors von ursprünglich 1,5 auf 1,6 Liter, wodurch 50 PS und 105 Newtonmeter Drehmoment bereitstanden. Diese gelangten über ein manuelles Fünfgang-Getriebe auf die Hinterachse, wobei sich die Vorderachse per Hebel zuschalten ließ und der erste Gang sehr kurz übersetzt war. Dank Einzelradaufhängung, sehr guten Böschungswinkeln und einer Steigfähigkeit von 65 Prozent konnte der Typ 597 auch im schweren Gelände begeistern. Das Fahrzeuggewicht lag je nach Version zwischen 870 und 990 Kilogramm und die Höchstgeschwindigkeit bei rund 100 km/h. Porsche war so stolz auf die Neuentwicklung, dass man den 597 mit zum Genfer Autosalon 1955 nahm und ihn dort ausstellte. Im Herbst des gleichen Jahres erfolgte eine Besichtigung der unterschiedlichen Prototypen der drei Bewerber durch die damals zuständige Britische Rheinarmee. Die heutige Bundeswehr wurde erst im November 1955 gegründet. Zu diesem Zeitpunkt hatte Porsche die eigenen Prototypen bereits auf 24 Volt Bordspannung und fünf synchronisierte Gänge umgerüstet. Insgesamt legte die Testwagenflotte rund 5.800 Kilometer zurück. Neben Lob für Robustheit, Einfachheit und gute Wartungsmöglichkeiten musste Porsche auch Kritik an Federung, dem zu kleinen Innenraum mit geringen Staumöglichkeiten sowie dem schlechten Durchzug in niedrigen und mittleren Drehzahlbereichen zur Kenntnis nehmen. Ebenso galt die Heckmotorbauweise mit Benzintank vorne als unsicher und die Lenkeigenschaften bei hohen Geschwindigkeiten waren unzureichend.






































































Porsche versuchte neben den Entscheidern hinter dem deutschen Militär-Auftrag auch weitere potenzielle Kunden vom 597 zu überzeugen und stellte daher im Januar 1956 einen Prototypen für Fahrversuche bei den Mannesmann-Werken in Oberhausen zur Verfügung. Dorthin kam der brasilianische Präsident Juscelino Kubitschek, der mit seinem Gefolge einen Tag vorher bereits den DKW Munga in Düsseldorf ausprobiert hatte. Letztlich kam es jedoch für Porsche nicht zu einem Auftrag aus Brasilien, während der DKW Munga schließlich in modifizierter Version als ‚Candango‘ in Südamerika vom Band lief. Ab dem 15. Januar 1956 fand der vorentscheidende Vergleich der drei Kontrahenten auf einem Truppenübungsplatz in Andernach statt, für den Porsche sechs Fahrzeuge bereitgestellt hatte. Im Laufe dieser Erprobung über Stock und Stein traten diverse Schäden auf, die zusammen mit den als zu hoch eingeschätzten Produktionskosten als größte Negativpunkte gewertet wurden. Gleichzeitig gab es jedoch auch Situationen, in denen mit dem 597 die Prototypen der anderen Marken aus dem Matsch gezogen wurden. Für den Mai 1956 setzte man finale Fahrvergleiche an, für die man bei Porsche 44 Autos nachbestellte. Damit existierten zu diesem Zeitpunkt rechnerisch 50 militärische Exemplare des 597, der schließlich gegen den DKW Munga unterlag. Trotzdem behielt die Bundeswehr die Prototypen noch für eine längere Phase und verkaufte das letzte Auto erst am 26. Oktober 1972.
Bei Porsche selbst entschied man sich dazu, eine Kleinserie von weiteren 49 Fahrzeugen aufzubauen und an Privatkunden zu verkaufen. Dabei hatte man speziell Jäger, Forst- und Landwirte im Blick. Hierfür entstand auch der heute noch geläufige Beiname ‚Jagdwagen‘. Unklar ist, ob Porsche wirklich 49 Fahrzeuge komplett neu aufbaute oder einige alte Prototypen im Werk überholte und anschließend verkaufte. Offiziell kursieren nämlich Gesamtstückzahlen von 71 oder 99 Exemplaren. Während frühe Karosserien bei Reutter in Stuttgart entstanden waren, fertigte schließlich auch Karmann einige Aufbauten an. Eine Zeit lang überlegte man in Zuffenhausen sogar an einer Version mit verstärktem Plattformrahmen und einem von 2.060 auf 2.200 Millimeter verlängerten Radstand sowie fünf verschiedenen Karosserievarianten. Aus Kostengründen verwirklichte man diese Überlegungen jedoch nicht. Heute sind noch rund 50 Porsche 597 Jagdwagen weltweit bekannt. Viele Besitzer sind im ‚Porsche Jagdwagen Registry e.V.‘ organisiert, bei dem es sich um den wohl kleinsten Porsche Club der Welt handelt. Unsere Bildergalerie zeigt vom frühen Prototypen bis hin zu fünf heute noch existierenden Autos einen guten Überblick über die Geschichte dieses ersten Porsche Geländewagens, der unter Sammlern heute mindestens 250.000 Euro wert ist.
Bilder: Porsche, Matthias Kierse