Zagato & der Porsche 356 – Rückkehr einer fast vergessenen Legende

Im Jahr 1957 wandte sich Claude Storez, Werksrennfahrer bei Porsche, mit einem besonderen Wunsch an Zagato. Die Mailänder Karosserieschmiede sollte ihm einen leichten, windschnittigen Speedster auf Basis des Porsche 356 bauen. Zagato fertigte das Einzelstück nach dem eigenen Superleggera-Prinzip – einem Verfahren, bei dem Aluminiumbleche über ein tragendes Rohrgerüst gezogen werden. Das Resultat war ein eleganter, aerodynamisch optimierter Sportwagen, der sich deutlich von den Serienmodellen abhob.

Storez setzte den Zagato-Speedster in der Rennsaison 1958 erfolgreich ein. Sein vielversprechender Werdegang fand jedoch ein abruptes Ende: Am 7. Februar 1959 verunglückte der Franzose tödlich. Das Fahrzeug wurde laut übereinstimmenden Quellen noch im selben Jahr verschrottet. Dennoch hinterließ es Eindruck bei Porsche. Man beauftragte Zagato kurz darauf mit einer Machbarkeitsstudie für ein geschlossenes Coupé – ebenfalls auf 356-Basis und mit einem Leergewicht unter 700 Kilogramm. Die Entwürfe wurden im Jahr 1959 abgeschlossen, aber nie umgesetzt. Die genauen Gründe dafür sind bis heute nicht überliefert.

Revival dank Archivfund – und mit offizieller Porsche-Freigabe

Über fünf Jahrzehnte später kam das Projekt erneut ins Gespräch. Andrea Zagato, inzwischen gemeinsam mit seiner Frau Mirella an der Spitze des Familienunternehmens, begann mit der Digitalisierung des historischen Archivs. Dabei stieß das Team auf Originalzeichnungen und Fotos sowohl des Speedsters als auch des nie gebauten Coupés. Aus dem Fund entwickelte sich die Idee, im Rahmen des neuen „Sanction Lost“-Programms beide Fahrzeuge in einer streng limitierten Kleinserie neu aufzulegen. Porsche wurde offiziell kontaktiert und erteilte die Genehmigung, das Markenlogo weiterhin zu verwenden – unter der Bedingung, dass originale 356-Fahrgestelle als Basis dienen. Insgesamt entstanden jeweils neun Speedster und neun Coupés, deren Chassis sorgfältig restauriert wurden.

Die meisten Fahrzeuge wurden an Sammler in den USA ausgeliefert. Eine Ausnahme bildet die Fahrgestellnummer 8: ein Zagato-Coupé in der Farbe „Grigio Medio“ mit einer Lederausstattung in „Rosso Cartier“. Zagato verwendete dafür ein 356 B T5-Fahrgestell aus den USA und baute den Wagen bis Ende 2017 neu auf. Das Auto blieb bis vor Kurzem in der Ausstellung des Unternehmens und wurde daraufhin über den britischen Oldtimerhändler Girardo & Co. verkauft.

Der 356 Zagato steht exemplarisch für eine Ära, in der Rennsport, Handwerkskunst und Formgefühl eine enge Verbindung eingingen. Dass dieses Kapitel durch eine moderne Kleinserie mit Werkssegen wiederbelebt wurde, verleiht dem Projekt eine besondere Authentizität. Es zeigt, dass gutes Design und technisches Konzept auch Jahrzehnte später nichts von ihrer Relevanz verlieren.

Fotos: Girardo & Co.