Porsche 356 A Trainings-Chassis

Trainingsgerät für US-Mechaniker.

Heutzutage ist es selbstverständlich, dass Kfz-Mechatroniker in ihrer Ausbildung in der Berufsschule Einblicke in technische Bauteile erhalten. Auch wenn heute häufig das Austauschen von Komponenten nach Auslesen des Fehlerspeichers im Vordergrund zu stehen scheint, sind die Grundlagen zumindest gelegt. Das war jedoch nicht immer so und gilt vor allem nicht für die ganze Welt. Als die ersten Porsche in den USA ankamen, wussten die dortigen Mechaniker nicht auf Anhieb, welche Bauteile man am besten über den Innenraum erreichen konnte und wie man Motor, Getriebe und Fahrwerk am besten wartet.

Doch Porsche hatte einen sehr fähigen Mann in den USA, der sich nicht nur in Zuffenhausen um einen Importeursvertrag bemüht hatte, sondern noch diverse andere Marken auf den amerikanischen Markt brachte. Die Rede ist natürlich vom legendären Max Hoffman. Er brachte Porsche nicht nur auf die Idee des 356 Speedster als günstigem Einstiegsmodell, sondern ließ 1956 für seine Mechaniker auch ein funktionstüchtiges Fahrgestell eines 356 A aufbauen. An diesem konnten dann verschiedene Komponenten demontiert, zerlegt, wieder zusammengesetzt und angeschraubt werden, um Werkstattabläufe zu verinnerlichen. Um den Lehrwert zu steigern unterscheiden sich zudem die Fahrwerkskomponenten auf beiden Fahrzeugseiten. Während links die Axialkugellager vom Volkswagen Käfer verbaut sind, sitzen rechts verstärkte Kegelrollenlager, wie sie im Porsche zu finden waren. So wollte Hoffman zum einen auch seine VW-Mechaniker schulen und zum anderen aufzeigen, dass nicht einfach VW-Ersatzteile in die Kunden-Porsche geschraubt werden sollten, wenn es nicht ganz frühe Modelle des 356 waren.

Um das Vierzylinder-Boxertriebwerk nach einer erfolgreichen Demontage und anschließendem Zusammensetzen auch testweise starten zu können, befindet sich hinter den Vordersitzen ein rund 15 Liter großer, handgefertigter Benzintank. Natürlich befindet sich auch der originale Kabelbaum des 356 A an Bord, um auch elektrische Probleme am Objekt behandeln zu können.

Nach der Benutzung bei Hoffman Motors in New York ging das Chassis zu Porsche of America in Teaneck/New Jersey, wo es bis zur Markteinführung des 356 B als Ausbildungsobjekt diente. Anschließend ging es durch viele Hände und wurde schließlich 1976 von Ernie Groves, dem früheren Nationalsekretär des Porsche Club of America in Boston wiedergefunden – unter den Kunststoffkarosserieresten eines Devon in einem Hühnerstall. Er verständigte Bill Jones, von dem er wusste, dass er dieses Chassis haben wollte, seit er es 1959 bei Hoffman in New York gesehen hatte. Jones griff zu und verbrachte die folgenden elf Jahre mit einer umfangreichen Restaurierung, wobei er soviele Originalteile wie möglich wiederverwendete. Er verbaute zudem auch eine Hupe und Stoßstangen, um die Optik zu vervollständigen. Nun steht dieses Fahrgestell erstmals öffentlich zum Verkauf. RM Sotheby’s bietet es beim ‚The Porsche 70th Anniversary Auction 2018‘ am kommenden Samstag an. Obwohl man einen Zuschlagspreis zwischen 100.000 und 150.000 US$ erwartet, gibt es keinen Mindestpreis.

Autor: Matthias Kierse – Secret Classics

Bilder: RM Sotheby’s, Tyler Breedwell