MG Metro 6R4
Wenn es eine wirklich wilde Zeit im Motorsport gab, dann waren das zweifelsfrei die 1980er Jahre. Auf der Rundstrecke tobten turboaufgeladene Formel-1-Autos und radikal geformte Gruppe-C-Rennwagen herum, während der lose Untergrund der Rallye-Weltmeisterschaft erstmals von Allradfahrzeugen und schließlich von den wilden Ungetümen der Gruppe B umgegraben wurde. Den Anfang machte dabei Audi mit einer Anfrage in einer FIA-Sitzung, ob man ein Fahrzeug mit Allradantrieb ab 1980 an den Start bringen dürfe. Bis dahin hatte dieses Antriebskonzept ausschließlich in Geländefahrzeugen und Lastkraftwagen eine Berechtigung gehabt. Entsprechend wenig Aufmerksamkeit erhielt Audi von anderen Herstellern bei dieser Frage. Man winkte den Antrag durch und vermutete, dass die Ingolstädter wohl ernsthaft ihren Bundeswehr-Geländewagen bei einigen Rallye-Läufen einsetzen wollten. Wie falsch man damit lag, wurde erst klar, als der quattro allen etablierten Mitbewerbern nachhaltig um die Ohren fuhr und man schnellstmöglich nachlegen musste. In den folgenden Jahren erlaubte zudem das neue Gruppe-B-Reglement wilde Fahrzeugkonzepte, da nur noch 200 Exemplare des jeweiligen Basismodells als Straßenautos an Kunden verkauft werden mussten. Von den Evolutionsstufen waren es sogar lediglich 20 Stück. Dies führte zu Wagen wie dem Audi Sport quattro, dem Peugeot 205 T16, dem Ford RS200, dem Citroën BX 4TC sowie den Lancia-Modellen 037 und Delta S4.
Auch in Großbritannien blieb diese neue Entwicklung nicht unbemerkt. Bei Austin Rover Ltd wollte man an die Erfolge des Triumph TR7 V8 und TR8 anschließen, eventuell sogar die des legendären Mini Cooper erneut erreichen. Hierfür entwickelte man ein gänzlich neues Rallyefahrzeug, das auf Wunsch der Marketingabteilung optisch auf dem MG Metro basieren sollte. Unter der Leitung von John Davenport, dem damaligen Chef der Motorsportabteilung, entstand gemeinsam mit dem Williams F1 Team unter Patrick Head und John Piper ein Mittelmotorfahrzeug mit Allradantrieb. Ein erster Prototyp ging ab Dezember 1982 in den Fahrversuch und sorgte schnell für Spekulationen in der Automobilpresse. Es dauerte jedoch bis Anfang 1984, bevor Austin Rover den MG Metro 6R4 erstmals öffentlich zeigte. Das Kürzel steht für 6 Zylinder Rallye 4-Rad-Antrieb. Damit wird bereits klar, dass die Briten einen anderen Weg einschlugen als die Konkurrenten. Während diese auf Vier- oder Fünfzylindermotoren mit Turboaufladung setzten, verbaute man im 6R4 einen Sechszylinder-Saugmotor mit drei Litern Hubraum, 90° Bankwinkel und je zwei obenliegenden Nockenwellen pro Seite.
















Entsprechend der Regularien bot Austin Rover Ltd. den MG Metro 6R4 in einer auf 200 Exemplare limitierten Clubsport-Variante für jedermann an und addierte dazu 20 Fahrzeuge in voller Gruppe-B-Konfiguration. Letztere kamen in Großbritannien offiziell als Kitcars zu den Kunden, um die Typenabnahme zu umgehen. Vor Ort konnte man dann die Anbauteile und Flügel selbst in rund 20 Minuten montieren. Nachdem die vom Werk und einigen Privatfahrern eingesetzten Autos in den ersten beiden Jahren diverse technische Probleme hatten, begann man 1986 mit einem aussortierten Konzept. Aufgrund einiger tödlicher Unfälle stoppte die FIA jedoch im gleichen Jahr die Gruppe B, wodurch der 6R4 nur noch bei Rallye-Cross-Veranstaltungen genutzt werden konnte.
Bei Silverstone Auctions kommt am 28. Juli ein besonderes Exemplar des MG Metro 6R4 unter den Hammer. Es dürfte sich um das einzige Fahrzeug in Gruppe-B-Spezifikation handeln, das bis heute lediglich 7 Meilen auf dem Tacho stehen hat und somit niemals im Wettbewerb eingesetzt wurde. Die Anbauteile und Spoiler zeigen sich immer noch im unlackierten Auslieferungszustand. Der Erstbesitzer ließ den Wagen im Dezember 1986 am Werk in Abingdon abholen und zu seiner Garage in Oxfordshire bringen. Dort blieb das Auto bis 1996, als die Witwe des Erstbesitzers den MG als Exponat an das Donington Motor Museum auslieh. 2002 sah der heutige Besitzer den Wagen dort ausgestellt und arrangierte über das Museum einen Verkauf. Die technischen Bauteile wurden über die gesamte Zeit in bestmöglichem Zustand gehalten, indem die Funktionsfähigkeit regelmäßig überprüft wird. Zusammen mit einer umfangreichen Dokumentation soll dieser einmalige MG Metro 6R4 nun einen neuen Besitzer finden. Silverstone Auctions erwartet dabei einen Zuschlagspreis zwischen £ 200.000 und 240.000 (rund 225.500,- bis 270.600,- €).
Bilder: Silverstone Auctions