Mercedes-Benz SL 73 AMG
Leistungsstarke Sondermodelle von Mercedes-Benz tragen oft drei Buchstaben: AMG. Besonders in den 1990er Jahren sorgte das damals noch größtenteils unabhängige Tuningunternehmen für eine Vielzahl interessanter Modelle. Diese erhielt man dank eines engen Kooperationsvertrages bereits ganz offiziell bei den Mercedes-Benz-Händlern in aller Welt. Allerdings waren manche Varianten offizieller als andere. Für manche Sonderversionen brauchte man als Kunde einen gut informieren Händler oder gute Kontakte zu AMG. Hierzu zählten beispielsweise die großvolumigen Varianten des SL der Baureihe R129. Bereits vor der großen Modellpflege 1995 gab es Leistungssteigerungen für den 300 SL und den SL 320. Der Baureihenname wanderte bei der schwäbischen Marke bei allen Modellen ab Anfang der 1990er Jahre vor das Zahlenkürzel der Motorisierung. Beim SL geschah dies 1993.
Leistungsstarke SL im Überblick
Wirklich wild wurde es im SL ab 1991 mit dem 500 SL 6.0 AMG, bei dem der Hubraum auf sechs Liter aufgebohrt wurde. Dadurch standen bis zu 283 kW/385 PS und 566 Newtonmeter Drehmoment bereit. Zwei Jahre später wurde darauf der SL 60 AMG, bei dem die Leistung mit 280 kW/381 PS und 580 Nm angegeben wurde. Knapp darunter rangierte ab 1999 der SL 55 AMG mit dem neu entwickelten 5,5-Liter-V8-Motor, 260 kW/354 PS und 530 Nm. Am unteren Ende der Palette gab es zudem den SL 36 AMG mit 200 kW/272 PS aus einem 3,6-Liter-Reihensechszylindermotor als Unikat für den Tennisspieler Thomas Muster. Daneben gab es den SL jedoch auch mit V12-Motoren, an denen sich AMG natürlich auch austobte. Der 1998 eingeführte SL 70 AMG holte aus sieben Litern Hubraum 365 kW/496 PS sowie 720 Nm. Bereits 1995 bot die Tuningfirma aus Affalterbach auf besondere Nachfrage als Topmodell den SL 72 AMG an. Allerdings blieb es bei wenigen Fahrzeugen, vor allem für den Sultan von Brunei. Dies änderte sich, als der SL 73 AMG ab 1998 (halb-)offiziell ins Programm rückte. Mit 386 kW/525 PS und 750 Newtonmetern Drehmoment sprengte dieser Wagen alle damals gängigen Vorstellungen eines serienmäßigen Autos. Kein Wunder, wenn der leistungsstärkste normale SL als 600er nicht einmal die 400-PS-Grenze überschritt.
SL 600 wurde zum SL 73 AMG umgebaut
Im Gegensatz zur heutigen Zeit, in der alle Modellvarianten im jeweiligen Mercedes-Werk komplett entstehen, verhielt es sich beim SL von AMG. Alle 85 zwischen 1998 und 2001 entstandenen SL 73 verließen das Werk in Bremen als normale SL 600 mit AMG-Stylingpaket. Anschließend gingen sie umgehend per LKW zu AMG nach Affalterbach, wo der Umbau vollzogen wurde. Dieser kostete 99.180 DM und beinhaltete neben dem aufgebohrten und feinabgestimmten Motor diverse weitere Elemente. Entsprechend lag der Endpreis für das fertige Auto jenseits von 350.000 DM, da das Basisfahrzeug mit AMG-Stylingpaket bereits mit 240.000 DM in der Rechnung auftauchte. Zudem tauchte der SL 73 AMG nie in offiziellen Verkaufsbroschüren und Preislisten auf. So erklärt sich auch die relativ geringe Verbreitung. Der Großteil dieser Kleinserie ging an Autosammler in Japan. Von außen zeigt das Spitzenmodell seine Leistung kaum. Die AMG-Leichtmetallräder waren für alle Motorisierungen lieferbar, das Stylingpaket ebenso. Nur die zweiflutige Abgasanlage links unter der Heckschürze ist etwas Besonderes. Dass, hier 525 Pferdchen für einen Spurt auf Tempo 100 in 4,8 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von gut 320 km/h sorgen, wissen jedoch nur Eingeweihte.
7.3-Motor fand den Weg in den Pagani Zonda
Bekannt und berühmt wurde der 7,3-Liter-V12-Motor erst in einem anderen Fahrzeug. Im italienischen San Cesario sul Panaro entsteht seit 1999 der Pagani Zonda. Nachdem die ersten Varianten das Triebwerk des SL 70 AMG erhielten, folgte ab 2002 der Zonda C12 S 7.3. Auch alle späteren Varianten wie der Zonda F, der Cinque, der Tricolore und alle Sondermodelle erhielten dieses Triebwerk in Ausbaustufen mit bis zu 760 PS. Der SL ging 2001 in den Ruhestand. Auf Basis des Nachfolgemodells R230 gab es neue AMG-Versionen ganz offiziell beim Händler, Verrücktheiten wie der SL 73 AMG gehörten jedoch der Vergangenheit an. Bei RM Sotheby’s steht aktuell unser Fotoauto in einer Onlineversteigerung, die noch bis zum 26. Februar läuft. Einbauten wie ein Autotelefon von Nokia, CD-Halter in der Mittelarmlehne, ein Sechsfach-CD-Wechsler im Kofferraum oder ein Zigarettenanzünder wirken mit Blick auf heutige Neuwagen fast schon antiquiert. Mit 152.700 Kilometern Laufleistung steht der Wagen in gutem Allgemeinzustand da und soll zwischen 90.000 und 120.000 € bringen.
Bilder: RM Sotheby’s