Mercedes-Benz – Pullman Limousinen

Kenner der Marke Mercedes-Benz kennen sehr wahrscheinlich auch den Begriff ‚Pullman‘, der in der aktuellen Zeit die verlängerten Limousinen der Mercedes-Maybach S-Klasse bezeichnet. Aber woher kommt er und was steckt eigentlich dahinter? Blicken wir doch einmal in die Geschichte. Dort entdecken wir recht bald, dass dieser eigentlich deutsch klingende Begriff auf den Nachnamen eines amerikanischen Unternehmer und Ingenieur zurückgeht. George Mortimer Pullman lebte von 1831 bis 1897. Seine Firma Pullman Palace Car Company stellte luxuriöse und komfortable Schlafwagen und Salonwagen für die Eisenbahn her, die konstant weiterentwickelt wurden. Als dann die Ära der Automobile aufkam, wollten komfortbewusste Kunden natürlich ebenfalls diesen Luxus genießen. Somit dauerte es nicht lange, bis einige Konstruktionsmerkmale aus dem Waggonbau ihren Weg ins Auto fanden.

Bei Mercedes-Benz dauerte es bis in die frühen 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts ehe die Bezeichnung Pullman für besonders luxuriöse Limousinen verwendet wurde. Geschützt ist der Begriff jedoch nicht und so findet man ihn nicht nur bei verschiedenen Karosseriebauern, sondern auch bei anderen Autoherstellern wie beispielsweise Opel. Nach dem Zweiten Weltkrieg findet die Begriffsdefinition sogar ihren Weg ins deutsche Normwesen. Bis heute steht in DIN-Norm 70010 „Systematik der Straßenfahrzeuge“, abgestimmt mit der ISO-Norm 3833-1977, dass eine Pullman-Limousine über die folgenden Merkmale verfügen muss

  • geschlossener Aufbau

  • festes, starrverbundenes Dach

  • vier oder mehr Sitze in zwei oder mehr Sitzreihen

  • vier oder sechs seitliche Türen

  • sechs oder mehr seitliche Fenster
Allerdings ist diese Beschreibung nicht ganz korrekt, da es bereits vor dem Zweiten Weltkrieg auch Pullman-Fahrzeuge gab, deren Aufbau nicht komplett geschlossen war. Zum einen gab es bis in die 1930er Jahre hinein Chauffeurslimousinen, deren Cockpit nicht überdacht war, während die dahinter folgende Karosserie jedoch durchaus die Anforderungen an einen Pullman erfüllte. Zum anderen kennen Autofans bis heute die Sonderform eines Pullman Landaulets, bei dem sich das Dach über den hinteren Passagieren wahlweise zum Sonnetanken oder für Paraden öffnen lässt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es fast 20 Jahre, ehe Mercedes-Benz die Pullman-Bezeichnung für drei Unikate des 300 d erneut benutzte. Trotzdem ist dieser Name heute mehr denn je mit der Stuttgarter Automarke verknüpft, obwohl in der Zwischenzeit auch Borgward beim Hansa 2400, BMW beim 505 oder Lancia bei der Aurelia B15 auf diesen Namenszusatz zurückgegriffen hatten. Der Grund dafür ist schlicht und simpel eines der wohl am besten konstruierten Automobile aller Zeiten. 1963 debütierte die intern als W100 entwickelte Baureihe mit der simplen Verkaufsbezeichnung 600. Neben der normalen Limousine bot Mercedes-Benz den Wagen auch in einer ab Werk verlängerten Variante mit 6,24 Metern Außenlänge an, die es wahlweise mit normalem Dach oder als Landaulet gab. Beide hörten auf die Bezeichnung Pullman. Hydraulische Unterstützungen für Bremse, Lenkung, Fensterheber, Schiebedach, Kofferraumschließung und Sitzverstellung waren ebenso Neuheiten (und wurden mit 15 Patenten abgesichert), wie der pure Luxus im Fond, wo auf Wunsch Fernseher, Autotelefon und Kühlschränke auf die Passagiere warteten. Bis 1981 entstanden 429 Pullman-Limousinen mit vier oder sechs Türen sowie 59 Landaulets, von denen eines als Sonderanfertigung mit nur einem Sitz im Fond an Papst Paul VI ging. Unter den weiteren Kunden fanden sich diverse Kaiser- und Königshäuser sowie Präsidenten und VIPs aus aller Welt.

Ähnlich verhält es sich seit 1996 mit der verlängerten Variante der jeweils aktuellen S-Klasse. Auch hier nutzt Mercedes-Benz den Begriff Pullman, bietet auf Wunsch komplette Panzerungen der Karosserie an und schweigt über die Kundenliste. Trotzdem können entsprechende Fahrzeuge bei Staatsbesuchen oder auf Bildern von Paraden in diversen Ländern gesehen werden. Die aktuellste Generation, der Mercedes-Maybach S 650 Pullman, stand sogar für alle Besucher sichtbar außerhalb der Mercedes-Halle auf der letzten IAA in Frankfurt. Hier sorgt ein 630 PS starker V12-Biturbomotor für den Vortrieb.

Bilder: Mercedes-Benz, Daimler AG