Mercedes-Benz 300 SL Roadster
1.858 Exemplare des Mercedes-Benz 300 SL Roadster liefen zwischen 1957 und 1964 vom Band. Jedes einzelne davon ist ein technisches Meisterwerk und ein optischer Leckerbissen. Anhand des vermutlich drittletzten jemals gebauten Fahrzeugs wagen wir einen Rückblick auf diese Baureihe, die den Grundstein für die bis heute bekannte Roadster-Baureihe legte. Hinter der Zahlenkombination 198.042.10.003207 verbirgt sich die Fahrgestellnummer dieses Autos, die ihn nach numerischer Reihenfolge unter den finalen 50 produzierten 300 SL platziert. Allerdings belegen Auszüge aus den Produktionsbüchern von Mercedes-Benz, dass dieses Exemplar erst im Februar 1964 fertiggestellt wurde und damit eines von nur drei Fahrzeugen ist, das in diesem Jahr noch ausgeliefert wurde. Zudem verfügt es über eine interessante Historie, auf die wir später noch eingehen.
Vom Rennauto zum Roadster
Zuerst blicken wir an dieser Stelle auf die Entstehungsgeschichte des 300 SL Roadsters zurück. Alles begann 1952 mit dem W194, den Mercedes-Benz für die Sportwagen-Meisterschaft entwickelt hatte. Aufgrund eines hoch aufbauenden Rohrrahmenchassis waren konventionelle Türen nicht möglich. Erste Exemplare hatten nur nach oben aufklappende Seitenscheiben. Dies erwies sich bei Fahrerwechseln als unpraktisch, weshalb die Öffnungen nach unten erweitert wurden. Zudem gab es mindestens einen komplett offenen Roadster. Diverse Rennerfolge dieser Prototypen führten speziell in den USA zu großem Kundeninteresse, das durch den Importeur Max Hoffman weitergegeben wurde. Daraufhin entstand in Sindelfingen die Serienversion unter dem Kürzel W198, die ab 1954 als Coupé mit Flügeltüren zu kaufen war. Um Privatkunden den Ein- und Ausstieg zusätzlich zu vereinfachen, konnte das Lenkrad gekippt werden. Nach 1.400 Exemplaren erfolgte 1957 die Umstellung auf den 300 SL Roadster.
















Veränderungen im Vergleich zum Coupé
Beim Roadster ließ Mercedes-Benz von Anfang an viele Detailverbesserungen im Vergleich zum Coupé einfließen. So erlaubte ein neu gestalteter Gitterrohrrahmen den Einbau von richtigen Türen mit Kurbelfenstern. Zudem modifizierte man die hintere Schwingachse, um das Fahrverhalten deutlich zu verbessern und Übersteuern zu reduzieren. Das drei Liter große Reihensechszylinder-Triebwerk kam serienmäßig mit Sportnockenwelle und damit 25 PS Mehrleistung als im Coupé. Ab 1961 gehörten rundum Scheibenbremsen zum Lieferumfang und ein Jahr später wechselten die Schwaben von Guss- zu Aluminiummotorblöcken. Insgesamt liefen nur 218 Exemplare des 300 SL Roadster mit Aluminiummotor und Scheibenbremsen vom Band. Natürlich gehört 198.042.10.003207 zu diesem erlesenen Kreis, der sich damit zudem wieder schließt. Dieses Fahrzeug erhielt eine ungewöhnlich reichhaltige Ausstattung, die neben einem in Kontrastfarbe (schwarz) lackierten Hardtop interessante Details enthielt. Die einteiligen Scheinwerfer waren ab Werk mit Steinschlaggittern geschützt.




































Vom Iran in die USA und zu RM Sotheby’s
Aus den Produktionsunterlagen geht auch hevor, dass passend zur Karosserielackierung in „Graublau (DB 166)“ eine Lederausstattung in rot bestellt wurde. Wer genau der Besteller war, ist hingegen unbekannt. Allerdings lieferte Mercedes-Benz diesen 300 SL Roadster in den Iran. Möglicherweise gehörte das Auto dort zur Sammlung des Schah, der zumindest gemeinsam mit diesem Sportwagen auf einem europäischen Flughafen fotografiert wurde. Später gelangte der 300 SL in die USA, wo er Ende 1971 von einem Händler an einen Enthusiasten in Bellingham, Washington, verkauft wurde. Dieser behielt ihn bis 2013, fuhr ihn jedoch nur selten. Nach diesen 42 Jahren wechselte das Auto mit rund 80.300 Kilometern Laufleistung nach Seattle. Bereits im März 2014 wechselte der Besitzer erneut. Im Folgejahr begann eine umfangreiche, zwei Jahre dauernde Restaurierung beim Legendary Classic Center in Costa Mesa, Kalifornien. RM Sotheby’s versteigert den 300 SL im Januar 2022 in Arizona.
Bilder: RM Sotheby’s, Karissa Hosek