Maserati MC20
Aus dem schönen Modena in Italien rollen seit 1914 rassige Renn- und Sportwagen. Die jüngere Geschichte von Maserati ist allerdings komplizierter, als sie auf den ersten Blick wirkt. Ab 1997 gehörte man eng zu Ferrari und erhielt bei der Entwicklung neuer Modelle konstant Unterstützung. 2005 löste die Konzernmutter Fiat diese enge Verbandelung nach und nach auf, wodurch Maserati wieder auf sich gestellt war. Technisch arbeitet man nun enger mit Alfa Romeo zusammen. Die Arbeiten an einem Nachfolger des GranTurismo und GranCabrio sowie die Serienentwicklung des seit 2014 angekündigten Alfieri stagnieren jedoch aus gleichem Grund, da die Expertise des Sportwagenbauers aus Maranello fehlt. Ebenso musste ein Supersportwagenprojekt eingestampft werden, das auf dem Carbon-Monocoque des LaFerrari basiert hätte. Gestern Abend debütierte mit dem neuen MC20 allerdings der Beweis dafür, dass Maserati auch allein in der Lage ist, ein solches Auto auf die Räder zu stellen. Namentlich schließt dieser neue Supersportwagen gezielt an den MC12 von 2004 an. Technologisch soll er die Marke auf das nächste Level bringen.
Erste Version kommt mit 630 PS
Anfänglich gibt es den MC20 mit einem Biturbo-V6-Motor mit drei Litern Hubraum. Dieses ‚Nettuno‘ getaufte Triebwerk hat entgegen vorheriger Befürchtungen keine Gemeinsamkeiten mit dem V6-Motor aus der Alfa Romeo Giulia. Stattdessen entwickelte Maserati dieses Aggregat komplett selbst und ließ dabei Technologie aus dem Motorsport einfließen. Durch eine passive Vorkammer-Doppelzündung erhöhte man die Leistung auf 463 kW/630 PS und 730 Newtonmeter Drehmoment. Die Kraft gelangt über ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe sowie ein mechanisches Sperrdifferenzial auf die Hinterräder und beschleunigt den MC20 in weniger als 2,9 Sekunden auf Tempo 100 und in weniger als 8,8 Sekunden auf 200. Als Höchstgeschwindigkeit nennt Maserati mehr als 325 km/h. Durch das ultraleichte und besonders feste Carbon-Monocoque und die ebenfalls aus Kohlefaser produzierten Karosserieteile liegt das Leergewicht je nach Ausstattung zwischen 1,4 und 1,5 Tonnen.
Maseratis Chefdesigner Klaus Busse erstellte für den MC20 eine gefällige Karosserieform ohne Schnörkel und ohne die zum Teil sehr typischen Spoiler und Flügel. Stattdessen sorgen spezielle Aerodynamikelemente am Unterboden mit dem Diffusor für genügend Anpressdruck. Gemeinsam mit Dallara entstand das Monocoque, das gezielt auch auf den Einsatz von Elektromotoren sowie auf eine kommende offene Variante ausgelegt wurde. Im Windkanal von Dallara verbrachten die Ingenieure rund 2.000 Arbeitsstunden, um die finale Form inklusive aller aerodynamischen Finessen festzulegen. Dabei gelang es auch, klassische Details wie die Form des Kühlergrills oder die flachen Rückleuchten zu integrieren und den MC20 damit in die Modellhistorie einzugliedern. Erstmalig kommen Schmetterlingstüren zum Einsatz, die nach oben und leicht zur Seite öffnen. Ein besonderes Detail ist die Rückscheibe, in die Luftschlitze in der groben Silhouette des Maserati-Dreizacks integriert sind. Anfänglich stehen die sechs Lackfarben ‚Bianco Audace‘ (weiß), ‚Giallo Genio‘ (gelb), ‚Rosso Vincente‘ (rot), ‚Blu Infinito‘ (blau), ‚Grigio Mistero‘ (grau) und ‚Nero Enigma‘ (schwarz) zur Auswahl.
Im Gegensatz zum MC12 unlimitiert
Innen kommen Leder und Alcantara zum Einsatz, wobei letzteres auf den Sitmittelbahnen und an den Türverkleidungen per Lasereinschnitten einen Blick auf den dahinter liegenden blauen Stoff erlaubt. Anstelle von unübersichtlichen Knöpfen erhielt der MC20 zusätzlich zum 10 Zoll großen Display hinter dem Lenkrad ein weiteres, 10,3 Zoll großes Touchscreen-Display zentral am Armaturenbrett sowie lediglich zwei klassische Druckknöpfe und einen Druck-Drehregler auf dem Mitteltunnel. Dieser Druck-Drehregler ist für die Verstellung der Fahrmodi zwischen ‚Wet‘, ‚GT‘, ‚Sport‘, ‚Corsa‘ und ‚ESC off‘ zuständig, verfügt jedoch zusätzlich über eine Taste für die adaptiven Dämpfer. So kann der Wagen zwar auf den besonders sportlichen Corsa-Modus eingestellt, gleichzeitig jedoch das Fahrwerk zurück in eine weichere Einstellung gebracht werden. Lenkrad, Mitteltunnel, Türen und Schaltwippen zeigen Sichtcarbon. Zudem ist der MC20 das erste Fahrzeug mit den für 2021 neu gestalteten Maserati Logos und Schriftzügen. Im Vergleich zu bisher erhielten diese leichte Modifikationen an Buchstaben und Dreizack und zeigen sich im Falle der Logos nun ohne das bisherige Rot ausschließlich in weiß und dunkelblau. Preislich soll sich der Wagen dem Vernehmen nach im Bereich zwischen 200.000 und 220.000 € einsortieren. Genauere Infos folgen in den nächsten Monaten. Bestellungen können bereits bei den zuständigen Maserati-Händlern abgegeben werden, erste Fahrzeuge sollen Ende des Jahres vom Band laufen. Zur angekündigten Elektroversion oder dem Spider gibt es vorerst noch keine weiteren Informationen. Während der MC12 von 2004 auf erst 25 und schließlich 50 Exemplare limitiert war, gibt es beim MC20 keinerlei Limitierung. Er ist also aus dem Blickwinkel von Leistung und Aufbau durchaus ein würdiger Nachfolger, bleibt dabei aber keine Rarität.
Bilder: Maserati