Lamborghini Miura SVJ

Unter den wunderschönene Sportwagen der vergangenen Jahrzehnte gibt es einen, der immer wieder genannt wird: der Lamborghini Miura. Von Marcello Gandini während seiner Zeit bei Bertone gezeichnet, gilt dieser Zweisitzer als einer der ersten Mittelmotorsportwagen. Hinter den Passagieren saß quer zur Fahrtrichtung der ursprünglich für den 350 GT entwickelte V12-Motor. Im Laufe von rund zehn Produktionsjahren entstanden lediglich knapp über 750 Exemplare. Neben den weiterentwickelten Varianten S und SV waren darunter auch Einzelstücke wie der Roadster oder der von Cheftestfahrer Bob Wallace entwickelte Jota. Letzterer war ein besonders sportlicher Prototyp mit vernieteter Aluminiumkarosserie und Plexiglasscheiben sowie rund 440 PS starkem Motor.

Vom Miura über den Jota zum SVJ

Einige Lamborghini-Kunden hörten von der Existenz dieses wilden Miura. Sie fragten im Werk an, ob ein ähnliches Fahrzeug käuflich zu erwerben sei. Damit widersprachen sie jedoch den Ansichten von Firmenchef Ferruccio Lamborghini, der nicht viel von Motorsport hielt. Das Einzelstück von Bob Wallace sollte jedoch die Möglichkeiten aufzeigen, die mit einem seriennahen Fahrzeug in der Sportwagenmeisterschaft nach FIA-Anhang J (daher der Name Jota) vorhanden waren. Schließlich verkaufte man den Miura Jota und stimmte zu, für vier gute Kunden vorhandene Miura SV zum SVJ umzubauen. Zudem gab es in den Folgejahren einige externe Karosseriebauer, die entsprechende Umbauten anboten und auch Lamborghini bot entsprechende Teile an. Bob Wallace verfeinerte die werksseitigen Miura SVJ mit Erkenntnissen, die er bei Erprobungsfahrten mit dem Jota gewonnen hatte.

Mehrleistung durch Motortuning

Er modifizierte das Fahrwerk mit kürzeren Federn und härteren Stabilisatoren, ließ eine Frontspoilerlippe verbauen und sorgte für Entlüftungsöffnungen hinter den Rädern. Wie beim Jota saßen auch beim SVJ fest verbaute Scheinwerfer hinter Klarglasabdeckungen. Lediglich vier Kunden erhielten die Chance, ab Werk einen Miura SVJ zu fahren. Einer von ihnen war der Schah von Persien, ein weiterer war Hotelier auf Haiti. Paul Ferrandi, ein Immobilienentwickler in Paris und auf Korsika, erhielt das dritte Fahrzeug. Da diese Variante nie offiziell angeboten wurde und damit auch nicht in Datenblättern auftauchte, ist nicht viel über die originale Spezifikation bekannt. Bestätigt ist einzig, dass die V12-Triebwerke besonders aufwändig zusammengebaut und anschließend auf dem Prüfstand eingestellt wurden. So erreichten sie im Vergleich zum normalen SV-Motor zwischen 20 und 30 PS mehr. Hierfür kamen unter anderem auch eine feingewuchtete Kurbelwelle, polierte Pleuel, neu geformte und vergrößerte Einlasskanäle und eine Sportauspuffanlage mit weniger Gegendruck zum Einsatz.

Viertes Auto ging über Paris nach Korsika

Alle vier Miura SVJ basierten auf normalen Miura SV, die Bertone aufbaute und zur Komplettierung an Lamborghini schickte. Aus diesem Grund haben diese Fahrzeuge auch keine aufeinander folgenden Fahrgestellnummern. Beim Schah von Persien war es die #4934, das zweite erhielt die #4860, das dritte die #4990 und der von uns gezeigte finale Wagen die #5090. Ein internes Memo vom Lamborghini-Verkaufsleiter Ubaldo Sgarzi an die relevanten Abteilungen besagte am 5. Juli 1972, dass der Wagen bis zum 20. Juli fertiggestellt werden müsse. Am 25. August übernahm Paul Ferrandi den SVJ in Paris und fuhr zu seinem Haus auf Korsika. Außen in „Rosso Granada“ lackiert – wie der SVJ vom Schah – zeigte dieser Wagen auch innen Leder in rot. Als er 1982 das Auto an seinen Landsmann Alain Aouizerat standen lediglich rund 13.000 Kilometer auf dem Tacho. Er ließ den SVJ bei Chapron silbern umlackieren, behielt aber das originale Interieur inklusive Stoppuhren auf dem Mitteltunnel bei.

Miura SVJ bei Kidston SA

Nur rund 3.000 Kilometer und zwei Jahre später verkaufte Aouizerat den Lamborghini an Michel Barthet, der ihn bis 2006 behielt. Mit knapp 17.000 Kilometern Laufleistung ging der SVJ wieder zurück nach Italien, genauer nach Bergamo in die Garage von Luciano Colosio. Kidston SA aus Genf sorgte 2010 im Rahmen eines Weiterverkaufs für eine vorsichtige Restaurierung nebst Umlackierung auf das originale Rosso Granada. Nun steht dieser Lamborghini Miura SVJ erneut bei Kidston SA zum Verkauf. Heute stehen rund 19.500 Kilometer auf dem Tacho hinter dem dreispeichigen Sportlenkrad. Zum Preis macht der Händler nur auf ernstgemeinte Nachfragen hin nähere Angaben.

Bilder: Kidston SA